Der Orden
bekommen wir alle Ärger. Früher wurde Wasser durch Rohre hineingeleitet – große Rohre im Boden –, unser eigenes Wasser aus der Quelle oben auf dem Hügel.« Er klopfte auf das Mosaik. »Und unter dem Fußboden ist ein Hohlraum. Dort hat man Feuer gemacht, um den Boden zu erwärmen.«
Regina dachte darüber nach. »Hat dadurch alles Feuer gefangen?«
Er lachte. »Ja, so ist es. Sie hatten Glück, dass sie die Villa retten konnten.« Er fuhr mit dem Finger die Linien von Bellerophons Gesicht nach. »Weißt du, wer dieses Bild gemacht hat?«
»Nein…«
»Dein Urgroßvater. Nicht mein Vater – von der Seite deines Vaters.« Regina verstand vage, was er überhaupt meinte. »Er hat Mosaike angefertigt. Nicht nur für sich, sondern für wohlhabende Leute in der ganzen Diözese Britannien und manchmal sogar auf dem Festland, für ihre Badehäuser, Wohnräume und Vestibula. Sein Vater und davor dessen Vater hatten diese Arbeit auch schon immer gemacht. Es liegt in der Familie, weißt du. So sind sie reich geworden und konnten sich diese großartige Villa leisten. Sie gehörten zur Durnovaria-Schule, und… nun, das ist nicht so wichtig.«
»Warum haben sie alles zuwachsen lassen?« Regina schaute zu den verbrannten Wänden hinüber. »Wenn dieses Badehaus vor so vielen Jahren abgebrannt ist, weshalb haben sie es dann nicht wieder aufgebaut?«
»Sie konnten es sich nicht leisten.« Er stützte das Kinn in die Hand und hockte sich bequem hin. »Ich habe es dir ja gesagt, Regina. Wir leben in schwierigen Zeiten. Es ist lange her, dass jemand in Durnovaria oder in der näheren Umgebung ein Mosaik kaufen wollte. In den guten Zeiten hat die Familie deines Vaters hier und in der Stadt Land erworben, und seitdem lebt sie von der Pacht. Aber richtig reich ist sie nicht mehr.«
»Meine Mutter sagt aber das Gegenteil.«
Er lächelte. »Nun, was immer deine Mutter sagt, ich fürchte…«
Ein schriller Schrei ertönte, wie das Geheul eines Tieres.
»Mutter!«, rief Regina.
Aetius reagierte sofort. Er hob sie hoch, lief über den verstreuten Schutt zur Tür und drückte Regina dem Sklavenmädchen in die Arme. »Behalte sie hier.« Dann entfernte er sich mit großen Schritten. Er legte die Hand an den Gürtel, als suchte er eine Waffe.
Regina versuchte sich aus Cartumanduas Griff zu befreien. Carta selbst zitterte heftig, und es fiel Regina nicht schwer, sich ihr zu entwinden und wegzulaufen.
Das schreckliche Geschrei hörte nicht auf. Regina lief von einem Zimmer zum anderen, vorbei an Gruppen aufgeregter Diener und Sklaven. Ihr fiel ein, dass ihr Vater mit seinem Pächter und seinen Zahlen im Wohnzimmer gewesen war. Vielleicht war er noch immer dort. Sie lief in diese Richtung, so schnell sie nur konnte. Carta versuchte vergeblich, sie einzuholen.
So kam es, dass Aetius zwar als Erster bei seiner Tochter war, Regina aber ihren Vater fand.
Marcus war tatsächlich noch im Wohnzimmer. Er lag auf seinem Sofa, umgeben von seinen Tafeln und Schriftrollen. Aber jetzt hatte er die Hände um den Unterleib gekrampft. Eine rote Flüssigkeit strömte in unglaublichen Mengen aus ihm heraus, über das Sofa und den gefliesten Boden. Blut. Es sah aus wie verschütteter Wein.
Regina betrat den Raum, konnte aber nicht zu ihrem Vater gelangen, denn dazu hätte sie in den sich ausbreitenden See aus Blut treten müssen.
Marcus schien sie zu sehen. »O Regina, meine kleine Regina, es tut mir so Leid… Sie war es, verstehst du?«
»Mutter?«
»Nein, nein. Sie. Sie hat mich in Versuchung geführt, und ich war schwach, und jetzt ergeht es mir wie Atys.« Er hob die Hände von seinem Unterleib. Seine hochgerutschte Tunika gab den Blick auf seine nackten Beine und ein fleischiges, blutiges Fiasko darüber frei, das nicht wirklich aussah. Er lächelte, aber sein Gesicht war sehr bleich. »Ich habe es selbst getan.«
»Du Narr.« Aetius stand jetzt in der anderen Tür. Er hatte seinen starken Arm um Julia gelegt, die ihr Gesicht an der Schulter ihres Vaters barg. »Was hast du getan?«
Marcus’ Stimme war leise. »Ich habe Buße getan. Und ich werde auferstehen, so wie Atys…« Er brach abrupt ab, als hätte er Flüssigkeit in der Kehle.
»Mutter!« Regina lief los. Sie platschte durchs Blut, planschte buchstäblich hinein, und jetzt roch sie auch seinen Eisengestank, aber sie musste zu ihrer Mutter. Sie lief weiter, quer durch den Raum, vorbei am Sofa mit dem grässlichen, hilflos zappelnden Ding, das ihr Vater war.
Aber Julia
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