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Der Orden

Der Orden

Titel: Der Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
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sahen kompliziert aus, als wären sie mit vielen medizinischen Geräten bestückt. Gestalten ruhten in den Sesseln. Betreuerinnen gingen lautlos hin und her; vielleicht waren sie Pflegerinnen, aber sie trugen die schmucklosen Kitteluniformen des Ordens. Die meisten »Patientinnen« hatten Decken über den Beinen oder über dem ganzen Körper, und neben zweien von ihnen stand ein Tropf. Die Gesichter der Frauen in den Sesseln wirkten eingefallen und alt. Aber ich sah Wölbungen über mehreren Bäuchen, Wölbungen, die größte Ähnlichkeit mit einer Schwangerschaft aufwiesen.
    In einem der Sessel, weit entfernt von der Tür, saß eine Frau aufrecht da. Sie sah jünger aus, und ihr Haar war blond, nicht grau. Etwas an der Form ihres Gesichts erinnerte mich an Lucia. Aber sie war so weit weg, dass ich sie nicht deutlich sehen konnte, und eine Betreuerin kam zu ihr und drückte ihr etwas an den Hals, und die Frau sank in die Stille zurück.
    »Hundert Jahre alt, und immer noch fruchtbar…«, sagte Rosa leise.
    Es war genau so, wie Peter und ich es uns aus Lucias und Daniels verworrenen Berichten zusammengereimt hatten. Aber trotzdem, als ich hier stand, konfrontiert mit der beinahe absurden Realität, konnte ich es einfach nicht glauben.
    Sie drückte meine Hand so fest, dass es wehtat. Sie führte mich weiter; ihre Finger waren stark und trocken.
    Wir näherten uns einem weiteren in den Stein gehauenen Eingang. Vergleichsweise helles Licht fiel heraus, und ich hörte ein Geräusch – hohes, unablässiges Gebrabbel, wie Möwen auf einem Felsen.
    In dem Raum waren Babys. Sie waren alle noch ganz klein, höchstens ein paar Monate alt. Die Wände waren in leuchtenden Primärfarben gestrichen, und der Steinboden war mit weichen Gummimatten bedeckt, auf denen die Babys lagen – alle blass, mit strähnigen Haaren und blanken grauen Augen –, so viele, dass ich sie nicht einmal zählen konnte. Die Luft in dem Raum war warm, stickig und feucht, erfüllt von süßen Säuglingsgerüchen nach Milch und Babykacke. Während ich hineinschaute, drängten sich wie immer die Frauen des Ordens um mich, warm und selbst seltsam süß riechend; etwas in mir wollte sich freikämpfen, als ertränke ich.
    »Von unseren ältesten Bewohnerinnen«, sagte Rosa trocken, »zu unseren jüngsten.«
    »Es stimmt alles, nicht wahr, Rosa?«, fragte ich sie mit kalter Furcht. »Genau wie Lucia gesagt hat. Ihr verwandelt junge Mädchen in alte Hexen und erhaltet sie am Leben, damit sie jedes Jahr Scharen von Kindern herauspumpen, bis sie hundert sind…«
    Sie ignorierte mich einfach. »Du hast nie Kinder gehabt, George. Nun ja, ich auch nicht. Wir haben unsere Neffen in Miami Beach, glaube ich. Ich habe sie noch nicht einmal gesehen.« Ihre Hand schloss sich fester um meine, und ihre Stimme war eindringlich, bezwingend. Es war fast so, als führte ich Selbstgespräche. »Du wolltest doch nie kinderlos bleiben, nicht wahr? Aber du hast nicht die richtige Frau gefunden – nicht einmal das Mädchen, das du geheiratet hast –, es ist dir nicht gelungen, dir die richtige Umgebung zu schaffen, einen Platz zu finden, wo du dich wohl gefühlt hättest. Und so sind die Jahre vergangen… Keine Kinder. Was empfindest du dabei? Unser kleines Leben ist kurz und vergeblich. Nichts, was wir erbauen, ist von Dauer – nicht auf lange Sicht –, weder steinerne Tempel noch Statuen, nicht einmal Weltreiche. Aber unsere Gene bestehen fort – unsere Gene sind bereits eine Milliarde Jahre alt –, und sie werden ewig leben, wenn wir sie weitergeben.«
    »Für dich ist es zu spät«, sagte ich brutal.
    Sie zuckte zusammen. Aber sie sagte: »Nein, du irrst dich. Es ist nie zu spät, für keinen von uns – nicht hier.
    Schau dir diese Kinder an, George. Keines von ihnen ist meines. Aber sie sind alle… Verwandte. Nichten, Neffen. Und das ist der Grund, weshalb ich immer hier bleiben werde. Weil dies meine Familie ist. Meine Art, den Tod zu besiegen.« Ihr Gesicht schien im Halbdunkel vor mir zu schweben, eindringlich, wie ein verzerrtes Spiegelbild meines eigenen in rauchgrauem Glas. »Und es kann auch deine sein.«
    Zuerst verstand ich sie nicht. »Durch Nichten und Neffen?«
    Sie lächelte. »Für dich vielleicht nicht nur dadurch. Jedes Kind braucht einen Vater, George – selbst hier. Aber der Vater der eigenen Nichten soll stark, klug und tüchtig sein: Man will das beste Blut, das man finden kann. Am besten, die Väter kommen aus der Familie, solange sie genetisch

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