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Der Orden

Der Orden

Titel: Der Orden Kostenlos Bücher Online Lesen
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seine Sichtscheibe und sperrte das Geschrei der Babys aus, und durch die beschlagene Scheibe sah er erneut Flammen auflodern.
     
    Der Captain saß auf der Kante von Abils Lazarettliege. »Denh ist jetzt kommissarischer Corporal«, sagte Dower sanft.
    Abil seufzte. »Ich habe nichts anderes verdient, Sir.«
    Dower schüttelte den Kopf. »Ihre verdammte Neugier. Sie haben natürlich einen Fehler gemacht, wenn auch immerhin keinen tödlichen. Aber Sie sind nicht ausreichend vorbereitet worden. In gewissem Sinn liegt die Schuld bei mir. Vor jedem Abstieg streite ich mich mit den Kommissaren. Sie würden euch einfachen Soldaten am liebsten überhaupt nichts sagen, glaube ich. Sie sind nämlich der Meinung, dass niemand außer ihnen etwas zu wissen braucht.«
    »Was ist mit mir passiert, Sir?«
    »Pheromone.«
    »Sir?«
    »Es gibt viele Kommunikationsformen, Matrose. Zum Beispiel Duft. Sie und ich haben keinen guten Geruchssinn, wissen Sie, verglichen mit unserem Tastsinn, unserem Sehsinn und unserem Gehör. Wir können nur einige wenige Geruchseigenschaften unterscheiden: süß, eklig, sauer, muffig, trocken… Aber diese Koaleszenten-Drohnen sitzen seit fünfzehntausend Jahren in ihrer Grube. Die menschliche Gattung ist selbst nur vier- oder fünfmal so alt. Es gab also reichlich Zeit für evolutionäre Divergenzen.«
    »Und als ich meine Sichtscheibe geöffnet habe…«
    »Wurden Sie von Botschaften überwältigt, die Sie nicht enträtseln konnten.« Dower beugte sich näher zu ihm. »Wie war das?«
    Abil dachte zurück. »Ich wollte dort bleiben, Sir. Um mit ihnen zusammen zu sein. Um wie sie zu sein.« Es lief ihm kalt über den Rücken. »Ich habe Sie enttäuscht.«
    »Kein Grund, sich zu schämen, Matrose. Ich glaube aber nicht, dass Sie zum Corporal taugen; Soldaten befehligen ist nichts für Sie.« Dowers Metallaugen glitzerten. »Sie haben sich nicht von Furcht verleiten lassen, sondern von Ihrer Neugier – vielleicht auch von Ihrer Fantasie. Sie mussten wissen, wie es da drin war, habe ich Recht? Und dafür haben Sie Ihr Leben und das Ihrer Soldaten aufs Spiel gesetzt.«
    Abil versuchte, sich aufzusetzen. »Sir, ich…«
    »Immer mit der Ruhe.« Dower drückte ihn sanft auf die Liege zurück. »Wie gesagt, Sie brauchen sich nicht zu schämen. Ich habe Sie beobachtet. Das gehört zu den Aufgaben des Oberbefehlshabers, Matrose. Man muss seine Untergebenen immer wieder testen und beurteilen. Die Expansion kann nämlich nur dann blühen und gedeihen, wenn wir unsere Ressourcen so gut wie möglich nutzen. Und ich glaube nicht, dass der beste Verwendungszweck für Sie darin besteht, Sie als Führer eines Soldatentrupps in eine Höhle zu schicken.« Dower überlegte einen Moment. »Haben Sie schon mal daran gedacht, bei der Kommission für Historische Wahrheit zu arbeiten?«
    Ein Bild kühler Intellektueller mit strengen schwarzen Gewändern erstand vor Abils geistigem Auge. »Bei der Kommission, Sir? Ich?«
    Dower lachte. »Denken Sie mal drüber nach… Ah. Wir verlassen gleich die Umlaufbahn.«
    Abil spürte das subtile Trägheitsmoment, als wäre er in einem riesigen Fahrstuhl, der von dem Eisplaneten aufstieg.
    Dower schnippte mit den Fingern, und ein virtuelles Bild des Zielobjekts materialisierte zwischen ihren Gesichtern. Der Planet drehte sich langsam, in simuliertes Licht getaucht. Er sah wie ein Spielzeug aus, funkelnd weiß, hier und dort von schwarzen Felsgraten durchwirkt, störrischen Bergketten, die dem Eis widerstanden. Sternenschiffe umkreisten ihn wie Fliegen.
    Dower berührte eine Schaltfläche mit einer kleinen Vertiefung.
    Das Bild dehnte sich aus und zeigte eine weite Ebene mit einem Wall. Abil erkannte, dass er auf das Labyrinth hinunterschaute, dem sie gerade einen Besuch abgestattet hatten. Um den Gipfel herum waren Spalten in den Boden gehauen worden. Drohnen wurden von den Säuberungstrupps aus dem Labyrinth getrieben. In mehreren Schlangen rückten sie zu den Bäuchen von Frachtern vor, die aus dem All auf das Eis heruntergekommen waren, um sie in sich aufzunehmen. Die Drohnen wirkten verwirrt; sie liefen hin und her. Da und dort lösten sich ein paar aus den Schlangen und stürzten sich sogar auf die Soldaten. Lautlos aufblitzende Waffen mähten sie nieder.
    Für jede lebende Drohne, die an die Oberfläche kam, wurden ein Dutzend Kadaver herausgeschleppt, stellte Abil fest.
    Dower sah seine Miene. »Allein in diesem Schwarm gab es wahrscheinlich eine Milliarde Drohnen. Eine Milliarde.

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