Der Osmanische Staat 1300-1922
Zeitraum zwischen 1970 und 1985. Grundsätzlich wichtig sind
auch Anmerkungen von A. SINGER in ihrem Buch zu den Bauern in Palästina [732].
H. ISLAMOGLU-INAN [631] studierte das Netzwerk städtischer und ländlicher
Märkte im Nordanatolien des 16. Jahrhunderts und kam zu dem Ergebnis, daß
die Integration der Bauern in den Markt in einem großen Ausmaß durch die
Besteuerung erfolgte. Eine (teilweise in deutscher Sprache zugängliche) Analyse
der anatolischen Landwirtschaft in diesem Jahrhundert durch dieselbe Autorin
kommt zu dem Schluß, daß sich die bäuerliche Ökonomie dynamisch entwickelte,
wie die Steigerungen der Bevölkerungszahlen und Landwirtschaftserträge zeigen
[625].
Ernährung
Der Zusammenhang zwischen Bevölkerungsdruck und Landwirtschaft (im
Anschluß an E. BOSERUP, The Conditions of Agricultural Growth. The Economies of Agrarfan Change under Population Pressure, Chicago 1965) wurde
von seiten der Osmanistik häufig diskutiert. ISLAMO LU-IMAN erklärte die Intensivierung der Reisfelder von Niksar mit dem Ansteigen der Bevölkerung. In
ihrer Arbeit über das ländliche Syrien hat VENZKE gezeigt, daß außerhalb der
Dorfgemarkung liegende Felder (mezra`as) als Sicherheitsventil bei zurückgehenden Erträgen und steigender ländlicher Bevölkerung dienen [632]. Den
Aufstieg des Mais von der abgabenfreien Gartenfrucht zur Feldfrucht im
18. Jahrhundert hat STOIANOVIcH in einem beispielhaften Artikel plausibel gemacht [664]. Man wünscht sich weitere Arbeiten über die Karrieren einzelner
Produkte, auch wenn sie, wie im Falle der Kartoffel, weniger erfolgreich als beim
Mais verliefen.
Das erste Auftreten von Ackerhöfen (fiftlik) scheint mit der Gewährung von
unkultiviertem Land als Privateigentum im Großraum Istanbul während der
Celäli-Unruhen um 1600 [zu diesen W. J. GRISWOLD, Art. Djaläli in EI2 Suppl.]
zusammenzuhängen. In Mazedonien erscheinen sie ebenfalls im 17. Jahrhundert.
Unabhängig von ihrem Ursprung scheint festzustehen, daß die ~iftliks Westanatoliens und des Balkans in erster Linien die Vermarktung von Agrargütern,
zeitweise auch für den Export, betrieben (675: MCGOWAN).
Agrarkredit
Über die Anfänge eines modernen, genossenschaftlichen Agrar-Kredits unter
Midhat Pascha bis zur Gründung der Landwirtschaftsbank (Ziraat Bankas:) im
Jahr 1888 sind mehrere Artikel und Monographien erschienen [661: HAZAR; 663:
GÜRAN]. Die osmanische Landwirtschaft boomte in einigen exportorientierten
Sektoren. Tabak übertraf den Ausfuhrwert von Getreide. Diese Konjunktur ist
nicht nur auf die internationale Nachfrage zurückzuführen, sondern auf eine
staatliche Agrarförderung (Kredite, Ausbildung, Mechanisierung) sowohl in
hamidischer als auch in jungtürkischer Zeit [665: DURAN].
f) Handwerk und Manufakturen, Bergbau, Bauwesen
Die Organisation osmanischer Gewerbetreibender in „Gilden" (esnäf) hat lange
vor dem Auftreten moderner Historiker und Ethnographen osmanische Beobachter fasziniert, allen voran Evliya (;:elebi. Durch HAMMERS englische Teilübersetzung wurde der Text über die Istanbuler Zünfte wenigstens in Umrissen
der westlichen Foschung bekannt [134: DANKOFF u. KREISER; viel Material enthält
568: OSMÄN NüR1]. Neben Detailstudien gibt es ein zusammenfassendes Buch
[634: BAER]. Das Manufakturwesen im 18. Jahrhundert wurde von M. GEN [in
635: QUATAERT (Hg.)] am Beispiel von drei Betrieben der Textilbranche behandelt.
Das Vorführen des Scheiterns dieser Unternehmen gehört zu den lehrreichsten
Kapiteln der wirtschaftsgeschichtlichen Forschungsliteratur. Der Autor verbindet
seine Fallstudien mit einer Skizzierung der osmanischen „Wirtschaftsdoktrin", die er unter den folgenden drei Prinzipien zusammenfaßt: 1) „provisionism", 2)
„traditionalism" und 3) „fiscalism". Unter „provisionism" versteht GENi~ den
Grundsatz der kontinuierlichen Bereitstellung von Gütern und Diensten für den
Binnenmarkt. Exporte wurden nicht ermutigt, sondern etwa durch hohe Ausfuhrzölle verhindert, Importe dagegen erleichtert. So kann er zeigen, daß der
Traditionalismus im 18. Jahrhundert wirksam genug war, um wesentliche Änderungen zu verhindern. Der immer stärker ausgebaute Fiskalismus ist der
Hauptverantwortliche dafür, daß alle wirtschaftlichen Aktivitäten nur noch aus
der Sicht der Vermehrung von Steuern gesehen wurden.
Bergbau
Das frühe Vordringen der Osmanen nach Serbien und Bosnien wird mit der
Anziehungskraft der Silber- und
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