Der Osmanische Staat 1300-1922
Kapitel „Arbeiterbewegungen" (1 i Hareketleri) der Enzyklopädie TCTA [446]. Fast gleichzeitig mit MÜLLER-WIENERS schon genanntem
programmatischen Artikel zur Industriearchäologie entstand eine Monographie
zum Fes-häne, einer großen Produktionsstätte für die Bedürfnisse des Militärs
[666: KÜ ÜKERMAN].
Volkswirtschaftliche
Doktrinen
SAYAR interessiert sich in seinem Buch zur Geschichte der ökonomischen
Theorien für den Ideentransfer (nach C. D. W. GOODWIN) und die von T. W.
HUTCHINSON gestellten Fragen nach dem Fortschreiten ökonomischen Wissens
von einer „normativen", vor-modernen Periode bis in die siebziger Jahre des
19. Jahrhunderts. In diese Zeit fällt die Nichtwahrnehmung der Modernisierung in Südosteuropa und Ägypten zusammen mit einem wachsenden
Wissenstransfer durch Kaufleute, Gesandte, Reformmemoranden [653]. SAYAR
sieht den frühesten Beleg für das Eindringen westlicher ökonomischer Doktrinen in das osmanische Denken in der Gründung der Zeitungen Smyrneen
bzw. des Spectateur Oriental, in denen wirtschaftliche Themen überwogen.
I)er bekannte Turkophile DAVID URQUHARDT („Turkey and its Resources. Its
Municipal Organization and Free Trade", London 1833) vertrete den Optimismus eines ADAM SMITH, ohne daß sich sein direkter Einfluß auf türkische
Bürokraten belegen läßt. Ein weiterer von SAYAR herangezogener Text ist die
Übertragung von JEAN BAPTISTE SAYS „Catechisme d'Economie Politique"
unter dem Titel „Ilm-i tedbir-i menzil" (1852). SAYS Wirkung war stärker als
die eines DAVID RICARDO. Demzufolge wurde das klassische ökonomische
Denken auf dem Wege der Auseinandersetzung Mit SMITH, RICARDO und SAY
in die Türkei vermittelt.
i) Frauen- und Geschlechterforschung; Kindheit; Sklaven
Über die Rolle von Frauen im sozialen und kulturellen Leben des Osmanenstaats
sind in den vergangen Jahrzehnten Dutzende von Monographien und Sammelbänden erschienen. I)as schon angesprochene Buch von PEIRCE [53] enthält
neben seinem Hauptthema, den Frauen des großherrlichen Harems, viel allgemeines Material, mit dem die Autorin ihre These „soziale Segregation ungleich Einflußlosigkeit" stützt. Bahnbrechend waren JENNINGS Artikel zu osmanischen Frauen als Prozeßbeteiligten in Anatolien [171]. FAROQHI hat sich an vielen Stellen ihres ausgedehnten opus zur Frauenkultur geäußert [564]. Die
Ergebnisse von BAHAR und DUBEN [178] zur spätosmanischen Familie wurden
schon referiert, ebenso wie für einige Titel zu Frauenorganisationen und zur
Frauenpresse [185: (AKIR; 190: HAERKÖTrER]. In einigen Fällen kann man den
Titeln nicht entnehmen, daß sie ausführlich von der wirtschaftlichen Betätigung
von Frauen handeln. Das gilt z. B. für das Buch über den Aleppiner Handel von
MASTERS [573] und die Querschnitte durch die Gesellschaft von Saloniki von
ANASTASSIADOU [580]. Größerer Nachholbedarf besteht bei der Erforschung der
Kindheitsgeschichte. Angesichts einer recht guten Quellenlage für das frühe
20. Jahrhundert hat sich C. OKAY dieser Periode zugewandt [671 ].
Sklaverei
Verbessert hat sich die Forschungslage für die Institution der Sklaverei.
Auch hier hat O. L. BARKAN in seinem Artikel über die Leibeigenschaft
Pionierarbeit geleistet. (Türkiye'de „Servaj" Var Mi Idi?, in: Türk Tarih
Kurumu Belleten 20, 1956, 237-246). Die känün-näme enthalten Vorschriften
über den Umgang mit Sklaven im 15. und 16. Jahrhundert. Über die letzten
Jahrzehnte des Sklavenhandels (1840-1890) hat Tot.EDANO [673] gearbeitet. Er
formuliert eines seiner Ergebnisse im Irrealist „Wenn im Osmanischen ein
Begriff für das, was man unter Sklaverei in europäischen Sprachen verstand,
unter Ausschluß des kul-harem-Typus bestanden und für diese Institution ein
anderer Begriff bereit gelegen hätte, dann wäre die osmanische Elite eher bereit
gewesen, die Sklaverei moralisch zu verdammen und sie eher aufzugeben."
Auch PARLATIR [674] erklärt in einer literaturgeschichtlichen Studie die
verspätete Abschaffung des Sklavensystems (ab 1854) mit dem Zögern der
osmanischen Elite, sich von den uneigentlichen" Formen von Sklaverei (kulharem) zu trennen, obschon diese nur einen verschwindenden Teil der Haus-
und Agrarsklaven ausmachten. Die Mehrheit der Sklaven war weiblich,
afrikanischen Ursprungs und diente in Haushalten. TOLEDANO hat auch das
von den Veränderungen des Reformjahrhunderts auffallend unberührte Eunuchentum skizziert [6721. Noch in den 1890er
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