Der Osmanische Staat 1300-1922
osmanischem Vasall und König über (Ober-)Ungarn
wurde zum casus belli zwischen Österreich und den Türken. Der Kaiser hatte zum
selben Zeitpunkt, als sich das osmanische Heer in Marsch setzte (31.3. 1683) ein
Bündnis mit Polen geschlossen, das die Einschließung Wiens durch das türkische
Heer in der Schlacht am Kahlenberg (12. 9.) beendete. Der 1684 auf Betreiben des
Papstes geschlossenen „Heiligen Liga" aus Habsburg, Polen und Venedig trat
Rußland 1685 bei. Hauptereignisse dieser Zeit sind die Eroberungen von Buda
(1686), die sogenannte „zweite Schlacht von Mohäcs" (osmanische Niederlage von
Harsäny) und die Einnahme von Belgrad (1688). Dem venezianischen Generalkapitän Morosini gelang innerhalb von vier Jahren die Eroberung der ganzen
Morea und Athens (1684 -1688). Die geplante Wiederbesetzung von Euböa und
Kreta blieb ihm allerdings versagt. Obwohl Wien danach dem Frieden zuneigte,
konnte es kein Separatabkommen schließen. 1690 führte eine Gegenoffensive
unter dem Großwesir Köprülü Fäzil Mustafä Pascha, dem fähigen jüngeren
Bruder Fäzil Ahmeds, zur Rückgewinnung von Serbien mit Belgrad. Dieser
letzte bedeutende Köprülü fiel wenig später in der Schlacht von Slankamen
(1691, ca. 40 km nordwestlich von Belgrad). Für das Rußland Peter d. Gr. war
das wichtigste Ergebnis die prestigereiche Kapitulation der osmanischen Festung
Azov (1696). Nach ihrer Niederlage gegen die Kaiserlichen unter dem Prinzen
Eugen bei Senta (1697, ca. 150 km nördlich von Belgrad an der Theiß) nahmen die
Osmanen Friedensverhandlungen auf. Sie wurden nach unwillig angenommener
englischer und holländischer Vermittlung mit dem Vertrag von Karlowitz (1699)
abgeschlossen.
Karlowitz 1699
Der Frieden von Karlowitz bedeutete das Ende des islamischen Konzepts vom
dem „Gebiet des Krieges" (dar al-harb), als einer Welthälfte, mit der keine
bindenden, d. h. zeitlich unbefristeten Abkommen zu schließen sind. Dennoch
konnten sich die Osmanen zwar territorial beschädigt (Abtretung des gesamten
historischen Ungarns bis auf den Banat von Temeschwar), aber mit intakten Stolz
aus der Affäre ziehen. Ein Schwarzmeer-Abkommen mit Rußland erlaubte dessen
Schiffen die freie Durchfahrt durch die Meerengen und regelte den Zugang
russischer Pilger nach Jerusalem.
Mustafä 11.,
Ahmcd 111.
I)ie erste Hälfte des 18. Jahrhunderts war von einer verhältnismäßigen
wirtschaftlichen Prosperität gekennzeichnet, obwohl die Kriege mit den
Hauptgegnern nicht endeten. 1703 hatte eine Militärrevolte wegen ausbleibender Soldzahlungen zur Abdankung Mustafä II. (1695-1703) geführt.
Mustafä war ein fähiger Herrscher, gleichzeitig der erste Sultan seit einem Jahrhundert, der bei seinem Thronantritt weder Kind noch schwachsinnig noch vom
Leben in der Isolation des Prinzenkäfigs gebrochen war (H. G. MAIER). Unter
Mustafäs Bruder Ahmed III. (1703-1730) kehrte man zur alten Regelung der
Antrittszahlungen an das Heer zurück. Die Flucht Karls XII. von Schweden in
die Türkei nach der Niederlage von Poltawa (1709) war ursächlich für die Kriegserklärung an Rußland von 1710. Nach der viertägigen Schlacht am Pruth
(1711) konnten die Osmanen im Friedensvertrag von 1713 die verloren gegangene
Festung Hotin (am Dnjestr) und für einige Jahre auch Azov wieder in Besitz
nehmen. Wenig später (Ende 1714) nahmen die Osmanen die verweigerte Auslieferung von montenegrinischen Rebellen zum Vorwand, um Venedig den Krieg
zu erklären. Von den Erfolgen des osmanischen Heers auf der Morea alarmiert,
richtete Österreich ein Ultimatum an die Pforte. Im neuen Türkenkrieg siegte
Prinz Eugen v. Savoyen bei Peterwardein (1716) und nahm Belgrad (1717).
Frieden von
Passarowitz
Mit der Unterzeichnung des Vertrags von Passarowitz (Pozarevac/Serbien) im
Jahr 1718 erhielt Österreich Belgrad, das Banat, einen Teil der Kleinen Walachei
und Bosniens. Venedig verlor die Morea, seine Häfen auf Kreta, behielt aber
Korfu, die Ionischen Inseln und Dalmatien. Damals wurde die Einrichtung
eines osmanischen Handelsagenten (jehbender) in Wien vorgesehen. Der Vertreter Istanbuls beanspruchte jedoch diplomatische Vollmachten und wurde
nicht akkreditiert.
Iran
Nach dem Zusammenbruch des Safawiden-Reichs (1722) nutzten Rußland und
der Osmanen-Staat das afghanische Interregnum in Iran (1722-1729), um sich an
ihrem Nachbarland zu bereichern. Auf Vermittlung des französischen Gesandten
bei der Pforte schlossen sie ein
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