Der Osmanische Staat 1300-1922
Herrschaft Süleymän I. (1520-1566) wurden
nicht weniger als 13 größere Kampagnen durchgeführt, unter Muräd IV., als das
territoriale Vermächtnis der Vorfahren v.a. im Osten bedroht war, kam das Heer
und mit ihm die Landbevölkerung nicht mehr zur Ruhe. Im Jahr 1633/4 wurden
fünf große Feldzüge unternommen bzw. geplant: Bemerkenswert ist, daß der erste
Bagdad-Feldzug von einem Großwesir geleitetet wurde, was bald zur Regel
werden sollte. Nachteilig waren die unterschiedlichen Kommandostrukturen
der einzelnen Truppenteile. Alle wichtigen Heeresteile wiesen eine äußerst
flache Rangordnung auf. Die Kriegführung der Osmanen hatte den unterschiedlichen Voraussetzungen bei ihren östlichen und westlichen Gegnern
Rechnung zu tragen. Während im Osten eine Überwinterung des Heeres unvermeidlich war, konnte sich das Balkanheer nach einer Sommer-Herbstkampagne
zurückziehen. Zu den Mitteln, um die Moral und Kampfkraft der Truppen zu
erhalten, gehörten religiös-martialische Rezitationen, Sonderrationen von Reis
(pilav) vor der Schlacht und die Präsenz des Sultans selbst. Die Osmanen kannten
ärztliche Fürsorge durch Feldschere, Ausgleichszahlungen bei Verwundungen
(merham behä) und Renten für Hinterbliebene. Der wichtigste Antrieb dürfte
aber die Aussicht gewesen sein, bei Bewährung in das Register der timar-Inhaber
eingetragen zu werden.
Allianzen
Militärische Strategien wurden durch politische Allianzen abgesichert. Beispiele im Osten sind die Koordination mit den Feinden Irans wie etwa 1585/6
mit dem Scheibaniden Abdulläh Khan. Die Allianz Muräd IV. mit dem MoghulSchah Jahän trug zum endgültigen osmanischen Sieg in Bagdad bei (1638).
Wien 1683
Die Größe der osmanische Belagerungsarmee vor Wien 1683 wird auf 250 000
Mann geschätzt, unter ihnen 90 000 Kombattanten. Nur ungefähr 15 000-20 000
Soldaten sollen für den Grabenkampf und den Sturmangriff auf eine Festung
geeignet und entsprechend ausgebildet gewesen sein. Die Gesamtstärke der
regulären Truppe der Verteidiger betrug ca. 11 000 Mann, zu denen etwa 5 000
Mann Bürgerwehr und Freiwillige kamen. Die Stadt war ausreichend mit Verpflegung, Munition und Waffen versorgt. Die Festungsartillerie war stärker als die
des Gegners, der die Wälle nicht entscheidend gefährden konnte. Bei der end gültigen Besetzung von Kreta (bis 1669) führten die Türken hingegen einen
erfolgreichen Minenkampf gegen die venezianischen Festungen.
Der Krieg zu See
Die Seekriege der Emirate Saruhan, Mente~e und Aydin im 14. Jahrhundert
bildeten das Vorbild für osmanische Unternehmungen im Mittelmeer. Die erste
größere Marinebasis entstand in Gallipoli/Gelibolu (1390). Hier gebaute Schiffe
wurden bei der Belagerung Konstantinopels verwendet. Unter Mehmed II.
entstand das Arsenal im Goldenen Horn, gleichzeitig ließ er auch den byzantinischen Galeerenhafen im Kontoskalion als Kadirga Limaur ausbauen (1462/3).
Einen bedeutenden Aufschwung nahm die Kriegsflotte unter Bäyezid II., als
Korsaren wie der Renegat Kemäl Re'is (1495) in die Dienste des Sultans traten.
Derselbe Sultan ließ westlich von Galata den Bau des neuen Arsenals vorantreiben,
das sich zu einem für seine Zeit beachtlichen Industriekomplex entwickelte. Das
Arsenal von Suez rüstete Schiffe für die osmanischen Expeditionen in den Indischen Ozean aus. Unter Süleymän I. standen Persönlichkeiten wie Hayreddin,
Turgut, Piyäle und Kih~ All Pascha an der Spitze der Seestreitkräfte. Ab Hayreddin hatten die Großadmirale (kaptan-i derya) Wesirsrang und waren Inhaber
des Beylerbeyilik „Inseln des Mittelmeers" (Cezäyir-i Bahr-i Seid).
Flottenstärke
Im Lepanto-Jahr 1571 umfaßte die Kriegsflotte 500-600 Galeeren mit mehr als
150000 Mann Besatzung. Die Rekrutierung von Seesoldaten und Ruderern (ab
1500 ging niemand mehr freiwillig auf die Galeeren) bildete für alle Kriegsparteien
ein ernsthaftes Problem, während der Bau von Schiffen verhältnismäßig problemlos zu organisieren war. Das Istanbuler Arsenal beschäftigte Mitte des
16. Jahrhunderts ca. 1800 Mann. Mitte des 17. Jahrhunderts vollzog sich der
Übergang von den traditionellen Galeeren auf größere Segelschiffe. So wurden
für den kretischen Krieg im Jahr 1647 Galeonen (kalyon) mit mehreren Decks
gebaut, die den stärker bewaffneten Segelschiffen der Gegner standhalten sollten.
Marinereform
Die erste energische Flottenreform organisierte Cezäyirli Hasan Pascha (1770-
1789). Unter ihm
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