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Der Osmanische Staat 1300-1922

Der Osmanische Staat 1300-1922

Titel: Der Osmanische Staat 1300-1922 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Kreiser
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ausschließlich über das Institut der „Knabenlese" (deviirme), d. h. der Aushebung
junger Christen in den Balkanländern, rekrutiert. Die Turkisierung und Islamisierung der Knaben (guläm) erfolgte in einer Art Adaptionssystem auf dem
Lande. Einige erhielten die Möglichkeit, im inneren Palastdienst (enderün)
ausgebildet zu werden. Später wechselten sie in Einheiten des äußeren (birün)
Palastdienstes über. Manchmal übernahmen sie unmittelbar Positionen in der
Provinzverwaltung. Die letzte Erwähnung der dev;irme in den Quellen stammt
aus dem Jahr 1705. Bis ins 18. Jahrhundert wurde aktiven Janitscharen die Eheschließung verweigert. Obwohl sich in den osmanischen Archiven zahlreiche
Dokumente über die Soldzahlungen an die meist „Sklaven der Pforte"
(kapikulu) genannten Janitscharen erhalten haben (meväcib defterleri), kennen
wir ihre Gesamtstärke nicht genau. Eine Größenordnung - unter Ausschluß der
Festungsbesatzungen - geben die im Bagdad-Feldzug (1638) genannten 25156
Mann. Zum Janitscharen-Korps zählten auch sechs berittene Regimenter, die man
ebenfalls sipähi nannte. Janitscharen übernahmen auch nichtmilitärische Aufgaben im Dienste des Sultans, so etwa im Finanzwesen. Hinzu kamen Kanoniere (topVu), Zeugmeister (cebeci), Mineure, Sappeure, Zeltaufsteller und andere
Spezialeinheiten. Von der Zeit Süleymän I. bis zu ihrer Unterdrückung (1826)
bildeten Janitscharen die Besatzung der Festungen an den Grenzen und im Binnenland.
    Weitere Truppen
    Neben Timarioten und Janitscharen als den beiden Säulen des osmanischen
Heerwesens kannte die Armee auch ad hoc Söldner (Fußsoldaten: sekbän, levent;
Reiter: sarica) und Soldaten aus den säliyäne-Provinzen (aus denen Steuern
pauschal abgeführt wurden). Hinsichtlich der Disziplin waren diese irregulären
Soldaten zwar weniger erwünscht, hatten aber aus fiskalischer Sicht Vorzüge, weil
sie das Budget in Friedenszeiten nicht belasteten. In frühosmanischer Zeit wurde
das Bild von türkmenischen Stämmen bestimmt, die auch die sogenannte akzn(z-
Reiterei stellten, die aus der Beute entlohnt wurden. Die ersten Sultane verfügten
auch über christliche Fußtruppen (yaya und müsellem), die auf rotierender Basis
rekrutiert wurden. Ihre traditionelle Aufgabe bestand in dem Transport von
Kanonen. Die Tataren, die dem Krim-Chan unterstanden, konnten im
17. Jahrhundert mit mehreren zehntausend leichten Reitern eingreifen. Kurden
hatten v.a. Getreide und andere Vorräte zu liefern und dienten als Scouts «arhaa).
Ein zeitgenössischer Autor (Ali ~'avu~) schätzte 1630 das Potential der Kurden auf
60000 Pferde in den verschiedenen ostanatolischen Stammesterritorien
(hükümets), auch wenn sie tatsächlich nur wenige hundert Mann bereitstellten.

    Kosten der
Kriegführung
    Zu den Aufwendungen für den militärischen Bereich liegen für die Jahre 1547/8
und 1669/70 Zahlen vor. Im ersten Zeitraum, in den kein Feldzug fiel, flossen 68%
der Staatsausgaben in die Streitkräfte. Im Jahr der Eroberung von Kandia auf Kreta
(1669) waren es „nur" 62.5%. Der Unterhalt der stehenden Truppe (kapikulu)
belastete die osmanischen Finanzen unterschiedslos in Krieg- und Friedenszeiten.
Bei der Thronbesteigung eines Herrschers forderte die Truppe über ihren Quartalssold hinaus beachtliche Antrittszahlungen. Verhältnismäßig hoch waren im
Vergleich zu den Soldzahlungen für die Infanterie die Kosten des berittenen alti
bölük-Korps („Sechs Schwadrone"). Nach 1606 neigte sich das Kriegsglück,
nachdem bis dahin die Kosten der Feldzüge durch den Zuwachs an Steuerquellen in den eroberten Provinzen mehr als gedeckt wurden. Nach Angaben
des venezianischen Bailo (Gesandten) Alvise Contarini überstiegen die Ausgaben
des „Äußeren Schatzes" 1636-41 die Einnahmen fast um das Doppelte! Ein
Ausgleich aus Ressourcen des „Inneren Schatzes", der als eine Art Notfond
diente, gelang nur teilweise. Zugleich sank der Wert der Silberwährung im Verhältnis zu Gold ständig. Jedenfalls war das osmanische Heer im 17. Jahrhundert -
mit Ausnahme des französischen, das 1635 gegen Spanien 155 000 Mann aufbot -
die größte europäische Streitmacht mit ca. 120000 Soldaten. Als Finanzierungsquelle diente u. a. ein großer Teil der Kopfsteuer für Nichtmuslime (cizye),
wobei man die Register der Steuerpflichtigen unter den Angehörigen der Regimenter meistbietend versteigerte.
    Die wachsenden Kosten der Kriege mit den Safawiden mündeten in

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