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Der Pakt der Liebenden

Der Pakt der Liebenden

Titel: Der Pakt der Liebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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Jackie zu gehen, sollte sie davonlaufen und keinen Blick zurückwerfen, aber das wäre den beiden gegenüber nicht fair gewesen. Nach Aussage von Dave, der sie von früheren Besuchen im Bear ein bisschen kannte, war sie eine nette Frau, die ein paar Mal eine schlechte Wahl getroffen hatte, was Männer anging. Im Vergleich mit der Mehrzahl ihrer ehemaligen Liebhaber war Jackie praktisch eine Art Cary Grant. Er war treu, herzensgut und würde im Gegensatz zu ihren Verflossenen niemals Gewalt anwenden. Klar, er wohnte bei seiner Mutter und hatte eine Vorliebe für selbstgebastelte Munition, und diese Munition war nicht so brisant wie seine Mutter, aber damit konnte sich Lisa auseinandersetzen, wenn und falls es nötig werden sollte.
    Ich goss mir den letzten Kaffee aus der Kanne ein und ging nach hinten ins Büro. Dann schaltete ich den Computer ein und suchte nach allem, was ich über Michael Wallace in Erfahrung bringen konnte. Ich besuchte seine Website, las dann ein paar seiner Zeitungsartikel, von denen der letzte 2005 erschienen war, und Kritiken über seine ersten beiden Bücher. Nach einer Stunde hatte ich seine Privatadresse, seinen beruflichen Werdegang, Einzelheiten über seine Scheidung im Jahr 2002 und eine Trunkenheitsfahrt im Jahr 2006 erfahren. Ich musste mit Aimee Price über Wallace reden. Ich war mir nicht sicher, was ich rein rechtlich unternehmen konnte und ob überhaupt, um Wallace daran zu hindern, über mich zu schreiben, aber ich wusste, dass ich meinen Namen nicht auf dem Cover eines Buches haben wollte. Wenn Aimee mir nicht helfen konnte, musste ich mir Wallace vorknöpfen, und irgendetwas sagte mir, dass er auf Druck nicht gut reagieren würde. Das war bei Reportern nur selten der Fall.
    Gary kam herein, als ich gerade fertig war.
    »Alles okay?«, fragte er.
    »Yeah, mir geht’s bestens.«
    »Tja, wir sind da draußen fertig.«
    »Danke. Geh heim, schlaf ein bisschen. Ich schließe ab.«
    »Na dann, gute Nacht.« Er blieb unter der Tür stehen.
    »Was ist los?«
    »Was soll ich machen, wenn der Typ noch mal kommt, der Schriftsteller?«
    »Vergifte seinen Drink. Aber pass auf, wo du die Leiche ablädst.«
    Gary wirkte verdutzt, als wäre er unsicher, ob ich es ernst meinte oder nicht. Ich kannte den Blick. Die meisten Leute, die im Bear arbeiteten, wussten etwas über meine Vergangenheit, vor allem die Einheimischen, die schon ein paar Jahre da waren. Wer konnte wissen, was für Geschichten sie Gary erzählten, wenn ich nicht da war?
    »Sag mir einfach Bescheid, wenn du ihn siehst«, sagte ich. »Vielleicht kannst du ja die Kunde verbreiten, dass ich dankbar wäre, wenn keiner mit ihm über mich spricht.«
    »Klar doch«, sagte Gary, der sichtlich strahlte und ging. Ich hörte ihn mit Sergei reden, einem der Köche, dann wurde eine Tür hinter ihnen geschlossen, und alles war ruhig.
    Der Kaffee war kalt geworden. Ich kippte ihn in eine Spüle, druckte alles aus, was ich über Wallace erfahren hatte, und fuhr heim.
    Mickey Wallace saß in seinem Motelzimmer draußen bei der Maine Mall und machte sich Notizen über seine Begegnung mit Parker. Es war ein Trick, den er als Reporter gelernt hatte. Schreib alles auf, solange es noch frisch ist, weil einen das Gedächtnis schon nach ein paar Stunden im Stich lassen kann. Man konnte sich vormachen, dass man sich nur an das Wichtige erinnerte, aber das war nicht der Fall. Man erinnerte sich nur an das, was man nicht vergessen hatte, ob wichtig oder nicht. Mickey hatte sich angewöhnt, sein Material in Langschrift in einer Reihe von Notiz­büchern festzuhalten und dann in seinen Computer einzugeben, aber auch danach waren die Notizbücher seine wichtigsten Unterlagen, und er nahm sie sich immer wieder vor, wenn er ein Buch schrieb.
    Er war von Parkers Reaktion auf seinen ersten Vorstoß weder enttäuscht noch überrascht. Genau genommen war er von Anfang an der Meinung gewesen, dass es etwas schwierig werden könnte, den Mann dazu zu bringen, sich an dem Projekt zu beteiligen, aber fragen konnte ja nichts schaden. Weit mehr überraschte ihn, dass bislang noch niemand ein Buch über Parker geschrieben hatte, wenn man bedachte, was er schon alles gemacht hatte und an welchen Fällen er beteiligt gewesen war, aber das war nur eine von ­vielen Merkwürdigkeiten in Bezug auf Charlie Parker. Irgendwie hatte er es trotz seiner Geschichte und seiner Taten geschafft, knapp außerhalb der Bildfläche zu bleiben. Selbst in den Berichten über die

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