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Der Pakt der Liebenden

Der Pakt der Liebenden

Titel: Der Pakt der Liebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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Hustenanfall, und ich musste ihm noch etwas Wasser eingießen.
    »Dein alter Herr hat nicht ›rumgevögelt‹«, sagte er, als er sich erholt hatte. »Das war nicht seine Art.«
    Er holte ein paar Mal tief Luft, und ich bemerkte ein Funkeln in seinen Augen. Es war nicht angenehm, so als würde ich ihn dabei ertappen, wie er ein junges Mädchen beäugte, das die Straße auf und ab ging, und sich sexuellen Fantasien hingab.
    »Aber er war auch nur ein Mensch«, fuhr er fort. »Wir machen alle Fehler. Wer weiß? Hat jemand irgendwas zu dir gesagt?«
    Er schaute mich forschend an und hatte immer noch das Funkeln in den Augen.
    »Nein«, erwiderte ich. »Niemand hat was gesagt.«
    Er blieb noch eine Weile auf Blickkontakt mit mir, dann nickte er. »Du bist ein braver Sohn. Hilf mir auf, ja? Ich glaube, ich geh ein bisschen fernsehen. Ich habe noch eine Stunde Zeit, bis mich die verdammten Drogen wieder schlafen lassen.«
    Ich half ihm beim Aufstehen und brachte ihn ins Wohnzimmer, wo er sich mit der Fernbedienung auf dem Sofa niederließ und eine Spielshow einschaltete. Amanda kam von oben herunter, als sie den Ton hörte.
    »Seid ihr zwei fertig?«, fragte sie.
    »Ich glaube schon«, sagte ich. »Ich gehe jetzt. Danke, dass Sie die Zeit erübrigt haben, Eddie.«
    Der alte Mann hob zum Abschied die Fernbedienung, wandte sich aber nicht vom Bildschirm ab. Amanda wollte mich gerade zur Tür begleiten, als Eddie wieder das Wort ergriff. »Charlie?«
    Ich ging zu ihm. Seine Augen waren auf den Fernseher gerichtet.
    »Apropos Jimmy.«
    Ich wartete.
    »Wir sind freundlich miteinander umgegangen, aber weißt du, richtige Freunde waren wir nie.« Er tippte mit der Fernbedienung auf die Armstütze des Sofas. »Einem Mann, der sein Leben lang eine Lüge lebt, kann man nicht trauen. Das ist alles, was ich dir noch sagen wollte.«
    Er drückte auf einen Knopf und schaltete auf einen anderen Sender um, wo eine Nachmittagssoap lief. Ich ging wieder zu Amanda, die gewartet hatte.
    »Tja, konnte er dir weiterhelfen?«
    »Ja«, sagte ich. »Ihr beide.«
    Sie lächelte und küsste mich auf die Wange. »Hoffentlich findest du das, was du suchst, Charlie.«
    »Du hast meine Nummer«, sagte ich. »Sag mir Bescheid, wie es mit deinem Vater weitergeht.«
    »Wird gemacht«, sagte sie. »Dann nahm sie ein Blatt Papier vom Telefontisch und kritzelte eine Nummer darauf. »Meine Handy­nummer«, sagte sie. »Nur für den Fall.«
    »Wenn ich gewusst hätte, dass man so leicht an deine Nummer kommt, hätte ich dich schon vor langer Zeit gefragt.«
    »Du hattest meine Nummer«, sagte sie. »Du hast sie nur nie gewählt.«
    Damit schloss sie die Tür, und ich ging den Hügel hinab zum Muddy Brook Café, wo Walter wartete, um mich zum Flughafen zu bringen.

12
    Ich war frustriert, weil ich New York verlassen musste, ohne erfahren zu haben, wo sich Jimmy Gallagher an dem Tag, an dem mein Vater zum Mörder wurde, aufgehalten hatte, aber mir blieb nichts anderes übrig. Ich stand in Dave Evans Schuld, und er hatte mir klargemacht, dass er mich den Großteil der kommenden Woche über im Bear brauchte. Außerdem hatte ich nur Eddies Wort, dass sich Jimmy und mein Vater an diesem Tag getroffen hatten. Möglicherweise hatte er sich geirrt, und ich wollte mich erst rückversichern, bevor ich Jimmy ins Gesicht sagte, dass er ein Lügner war.
    Ich holte mein Auto am Portland Jetport ab und fuhr zu meinem Haus, um mich zu duschen und umzuziehen. Einen Moment lang ertappte ich mich dabei, wie ich aufs Haus der Johnsons zugehen wollte, um Walter abzuholen, aber dann fiel mir ein, wo Walter war, und das versetzte mich in eine düstere Stimmung, die, wie ich wusste, den ganzen Abend über nicht vergehen würde.
    Ich stand den Großteil des Abends mit Gary hinter der Bar. Es herrschte ständig Betrieb, aber trotzdem hatten wir Zeit, mit Gästen zu reden und sogar ein bisschen Papierkram im Büro zu erle­digen. Es gab nur einen aufregenden Moment, als ein Anabolikafreak, der sich bis auf Muskelshirt und eine fleckige Turnhose ausgezogen hatte, eine Frau namens Hillary Herman anmachte, die blond war, eins fünfundfünfzig maß und aussah, als könnte sie ein leichter Windhauch wegblasen wie ein Blatt. Als Hillary ihm und seinen Avancen den Rücken kehrte, war er so dämlich und legte ihr die Hand auf die Schulter, um sie auf sich aufmerksam zu machen, worauf Hillary, die Judo-Expertin bei der Polizei von Portland war, herumfuhr und den Arm ihres Möchtegern-Freiers so

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