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Der Pakt der Liebenden

Der Pakt der Liebenden

Titel: Der Pakt der Liebenden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Connolly
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angesehen, und in den darauffolgenden Monaten war sie zweimal aufgewacht und hatte festgestellt, dass er unter der Tür zu ihrem Zimmer stand. Als sie ihn gefragt hatte, was los sei, hatte er ihr erklärt, dass sie im Schlaf geschrien habe, worauf sie sich gefragt hatte, ob er gehört habe, was sie von sich gegeben hatte.
    Ihr Vater arbeitete als Fahrer bei einem Möbelhaus namens Trejo & Sons, Inc., Mexikanern, die es geschafft hatten. Ihr Vater war der einzige Angestellt bei den Trejos, der kein Mexikaner war. Sie wusste nicht, warum das so war. Als sie ihren Vater fragte, gab er zu, dass er es auch nicht wusste. Vielleicht kam es daher, dass er gut Lastwagen fahren konnte, aber ihrer Meinung nach hatte es eher etwas damit zu tun, dass die Trejos ihre Möbel, manche davon teuer, manche nicht, an eine Vielzahl unterschiedlicher Kunden verkaufte, manche davon Mexikaner, andere nicht. Ihr Vater strahlte eine gewisse Autorität aus, und er konnte gut reden. Bei den reicheren Kunden kam er besser an als die Trejos.
    Jedes Möbelstück in ihrem Haus war zu einem Vorzugspreis bei seinen Arbeitgebern gekauft worden, für gewöhnlich, weil es beschädigt, zerrissen oder so hässlich war, dass man jede Hoffnung aufgegeben hatte, es verkaufen zu können. Ihr Vater hatte die Beine des Küchentisches zurechtgesägt und abgeschmirgelt, damit sie gleich lang waren, aber dadurch war der Tisch zu niedrig geworden, so dass die Stühle nicht daruntergeschoben werden konnten, wenn sie mit dem Essen fertig waren. Die Sessel im Wohnzimmer waren bequem, passten aber nicht zueinander, und die Teppiche und Läufer waren billig, aber strapazierfähig. Nur der Fernseher, der in einer Ecke des Zimmers stand, taugte etwas, und ihr Vater kaufte regelmäßig einen neuen, wenn ein besseres Modell auf den Markt kam. Er sah sich historische Dokumentarfilme und Spielshows an. Sport schaute er nur selten. Er wollte etwas erfahren, dazulernen, und seine Tochter, die schweigend neben ihm saß, lernte mit ihm.
    Als sie schließlich wegging, fragte sie sich, ob er es überhaupt wahrnehmen würde. Sie nahm an, dass er dankbar sein könnte, wenn sie nicht mehr da war. Erst später kam ihr der Gedanke, dass er manchmal fast so gewirkt hatte, als hätte er Angst vor ihr.
    In einem Café, in dem die Boheme verkehrte, soweit es in dieser Stadt überhaupt so etwas gab, fand sie einen Job als Bedienung. Er war nicht gut bezahlt, aber ihre Miete war auch nicht allzu hoch, und dort lief wenigstens gute Musik, und die anderen Mitarbeiter waren nicht allesamt Arschlöcher. Am Wochenende verdiente sie in einer Bar etwas dazu, was zwar nicht so angenehm war, aber immerhin hatte sie bereits einen Typ kennengelernt, der sie anscheinend mochte. Er war mit ein paar Freunden gekommen, um sich ein Eishockeyspiel anzuschauen, aber er war anders als sie und hatte ein bisschen mit ihr geflirtet. Er hatte ein hübsches Lächeln, und er fluchte nicht so wie seine Freunde, was sie bei einem Mann bewunderte. Seitdem war er ein paar Mal dagewesen, und sie spürte, dass er dabei war, seinen ganzen Mut aufzubieten und sie zu bitten, mit ihm auszugehen. Doch sie wusste nicht genau, ob sie nach dem, was vorgefallen war, schon dazu bereit war, und auch was ihn anging, war sie sich nicht sicher. Aber irgendetwas war da, irgendetwas, das sie interessierte. Wenn er sie darum bat, würde sie ja sagen, aber sie würde etwas Abstand halten und dabei versuchen, mehr über ihn zu erfahren. Sie wollte nicht, dass es am Ende wieder so ausging wie mit Bobby.
    In der vierten Nacht in der neuen Stadt wachte sie aus einem Traum auf, in dem ein Mann und eine Frau die Straße entlangliefen und auf ihre Wohnung zukamen. Er war so lebhaft gewesen, dass sie zum Fenster ging, hinausschaute und damit rechnete, die beiden Gestalten unter der nächsten Straßenlaterne stehen zu sehen, doch in der Stadt war alles ruhig und die Straßen waren leer. In ihrem Traum hatte sie beinahe die Gesichter sehen können. Sie hatte diesen Traum schon seit vielen Jahren, aber erst seit kurzer Zeit wurden die Züge der beiden deutlicher, wurden bei jedem Besuch schärfer. Noch konnte sie sie nicht erkennen, aber sie wusste, dass die Zeit kommen würde, da sie auch dazu in der Lage sein würde.
    Dann würde es zu einer Abrechnung kommen. Zumindest dessen war sie sich sicher.

Dritter Teil
    Weh, weh, so lös den klagend letzten Kuss!
    Zwei Seelen saugt er an und haucht sie weg.
    Dein Geist nehm jenen Weg, ich den zum

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