Der Pakt der Liebenden
Gleichzeitig wurde ihm klar, dass er nur seine eigenen Fußabdrücke finden würde, wenn er zur Hintertür zurückginge. »Herrgott«, flüsterte Mickey. »Herrgott, Herrgott …«
Doch das Mädchen zog sich bereits in den Nebel unter den Bäumen zurück, die rechte Hand zu einem spöttischen Abschiedsgruß erhoben. Mickey nutzte die Gelegenheit und stürmte zum Auto. Er riss die Tür auf, knallte sie hinter sich wieder zu und drückte auf die innere Verriegelung. Trotz seiner Angst musste er nicht lange herumfummeln, als er das Auto anließ und auf die Auffahrt stieß, ohne nach links und rechts zu blicken. Er raste auf die Straße zu, bog rechts ab und fuhr über die Brücke in Richtung Scarborough, während das Licht seiner Scheinwerfer durch den Nebel schnitt. Häuser tauchten auf und dann, nach einiger Zeit, die beruhigenden Lichter anderer Fahrzeuge auf der Route 1. Erst als er rechts eine Tankstelle sah, fuhr er langsamer. Er bog auf das Gelände ein, trat auf die Bremse, lehnte sich zurück und versuchte seinen Atem in den Griff zu bekommen.
Die Ampel an der Kreuzung sprang um. Dadurch fiel sein Blick auf das Beifahrerfenster, und das, was er zunächst für willkürliche Muster in der Feuchtigkeit gehalten hatte, nahm jetzt eindeutige Formen an.
Jemand hatte auf sein Fenster geschrieben:
HALTE DICH VON MEINEM DADDY FERN
Mickey starrte noch ein paar Sekunden auf die Worte, dann drückte er auf den Fensterheber, senkte die Scheibe und zerstörte die Mitteilung. Als er sich davon überzeugt hatte, dass sie weg war, fuhr er zu seinem Motel und ging sofort an die Bar. Erst nach einem doppelten Wodka fühlte er sich dazu imstande, seine Notizen auf den neuesten Stand zu bringen, und erst nach einem weiteren Doppelten hörte seine Hand auf zu zittern.
In dieser Nacht schlief Mickey Wallace nicht gut.
15
Ich fand Wallaces Karte erst am nächsten Nachmittag, als ich die Hintertür aufmachte, um den Müll rauszubringen. Sie lag auf der Treppe und war an den Zement gefroren. Ich schaute sie an, ging dann in mein Büro und wählte seine Handynummer.
Er meldete sich beim zweiten Klingeln. »Mickey Wallace.«
»Charlie Parker hier.«
Ein, zwei Sekunden lang antwortete er nicht, und als er es tat, klang er nervös, aber wie ein echter Profi fing er sich rasch. »Mr. Parker, ich wollte Sie gerade anrufen. Haben Sie über mein Angebot nachgedacht?«
»Ich habe drüber nachgedacht«, sagte ich. »Ich würde mich gern mit Ihnen treffen.«
»Großartig.« Seine Stimme wurde vor Überraschung eine Oktave höher, dann nahm sie wieder ihr übliches Timbre an. »Wo und wann?«
»Warum kommen Sie nicht in, sagen wir mal, einer Stunde raus zu meinem Haus? Wissen Sie, wo das ist?«
Er schwieg einen Moment. »Nein, weiß ich nicht. Können Sie mir den Weg erklären?«
Meine Wegbeschreibung war kompliziert und umständlich. Ich fragte mich, ob er sich überhaupt die Mühe machte und sie aufschrieb.
»Haben Sie das?«, fragte ich. Ich hörte, wie er etwas trank.
»Wollen Sie sie mir noch mal vorlesen?«
Wallace hätte sich fast verschluckt. Als er nicht mehr hustete, sagte er: »Das ist nicht nötig.«
»Tja, wenn Sie meinen.«
»Danke, Mr. Parker. Ich bin in Kürze bei Ihnen.«
Ich legte auf, ging dann die Auffahrt hinab und fand die Reifenspuren unter den Bäumen. Wenn es Wallace war, der dort geparkt hatte, hatte er es beim Wegfahren eilig gehabt. Er hatte Eis und Schnee so aufgewühlt, dass darunter die blanke Erde zum Vorschein kam. Ich ging wieder ins Haus, setzte mich hin und las den Press-Harald und die New York Times, bis ich hörte, wie ein Auto auf die Auffahrt stieß und Wallaces blauer Taurus in Sicht kam. Er parkte nicht an der gleichen Stelle wie am Vorabend, sondern fuhr bis zum Haus. Ich sah, wie er ausstieg, die Aktentasche vom Beifahrersitz nahm und in seinen Jackentaschen nach einem Reservestift suchte. Als er sich davon überzeugt hatte, dass alles in Ordnung war, schloss er das Auto ab.
Auf meiner Auffahrt. In Maine. Im Winter.
Ich wartete nicht, bis er klopfte. Stattdessen öffnete ich die Tür und schlug ihm einmal in den Bauch. Er sank auf die Knie, krümmte sich vornüber und würgte.
»Aufstehen.«
Er blieb unten und rang um Atem. Ich dachte schon, er würde auf meine Veranda kotzen.
»Schlagen Sie mich nicht noch mal«, sagte er. Es war eine Bitte, keine Warnung, und ich fühlte mich beschissen.
»Mach ich nicht.«
Ich half ihm auf die Beine. Er lehnte sich mit dem Hintern ans
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