Der Pakt der Liebenden
sicher, dass er daran vorbeigehen würde, ohne es zu bemerken. Selbst wenn Parker unverhofft nach Hause kommen sollte, war Mickey davon überzeugt, dass er daran vorbeifahren würde. Aber der Nebel war auch kalt, nass und so dicht, dass Mickey das Gefühl hatte, er könnte einen Klumpen davon in die Hand nehmen wie Zuckerwatte, wenn er es versuchte.
In seiner Jackentasche hatte er einen Satz Dietriche.
Er stieg auf die vordere Veranda des Hauses und versuchte eher hoffnungs- als erwartungsvoll die Tür zu öffnen. Sie war abgeschlossen. Er dachte einen Moment lang nach, dann versetzte er der Tür einen heftigen Stoß mit der Schulter, dass sie im Rahmen klapperte. Keine Alarmanlage ging los. Gut, dachte Mickey. Eine weitere glückliche Fügung, ebenso wie die abwesenden Nachbarn und die Tatsache, dass Parker keinen Hund mehr hatte. Er hatte ihn mit einem der Barkeeper darüber reden gehört, kurz bevor er von Parker vor die Tür gesetzt worden war.
Er ging nach links und spähte durchs Fenster. In der Küche, im hinteren Teil des Hauses, brannte ein Nachtlicht, dessen schwacher Schein ins Wohnzimmer fiel. Es schien ganz gemütlich eingerichtet zu sein, und eine Menge Bücher waren zu sehen. Rechts von der Haustür war ein kleines Büro mit einem Schreibtisch und einem Computer, neben dem ordentliche Papierstapel lagen, desgleichen am Boden. Mickey wusste, dass Parker kürzlich in New York gewesen war. Er wollte unbedingt einen Blick auf diese Papiere werfen.
Er ging zur Rückseite des Hauses und stellte sich in den hellen Streifen, den das Nachtlicht warf. Der Nebel kam ihm hier noch dichter vor, und als er nach hinten blickte, bildete er eine nahezu undurchdringliche weiße Wand, die die Bäume und die dahinter liegende Marsch verbarg. Mickey erschauderte. Er versuchte es an der Hintertür, nichts. Wieder drückte er das Gesicht ans Glas.
Irgendetwas bewegte sich im Haus.
Einen Moment lang dachte er, es wäre nur ein Lichtreflex oder ein Auto auf der Straße, das in dem Zimmer hinter der Küche Schatten verursachte, aber er hörte kein Auto. Er zwinkerte und versuchte sich zu erinnern, was er gesehen hatte. Er war sich nicht sicher, meinte aber, dass es eine Frau gewesen sein könnte, eine Frau in einem Kleid, das bis unter die Knie reichte. Es war kein Kleid, das man um diese Jahreszeit trug. Es war ein Sommerkleid.
Er überlegte, ob er gehen sollte, doch dann wurde ihm klar, dass sich möglicherweise gerade eine Gelegenheit ergeben hatte, wie er ins Haus kam, ohne gegen das Gesetz verstoßen zu müssen. Wenn jemand drin war, könnte er sich vielleicht als Freund des Detektivs vorstellen. Womöglich konnte er eine Tasse Kaffee bekommen oder einen Drink, und wenn Mickey erst einmal saß, ließ er sich nicht so leicht verscheuchen. Kakerlaken wurde man leichter los als Mickey Wallace, wenn er jemanden ausfragen wollte.
»Hallo?«, rief er. »Ist jemand daheim?« Er klopfte an die Tür. »Hallo? Ich bin ein Freund von Mr. Parker. Können Sie –«
Das Licht in der Küche ging aus. Es kam so unverhofft, dass Mickey erschrocken zurücktorkelte und helle Flecken vor den Augen hatten, bis sie sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten. Er fasste sich wieder und holte Luft. Vielleicht sollte er doch lieber gehen. Er wollte nicht, dass es die Frau da drin mit der Angst zu tun bekam und die Cops rief. Trotzdem näherte er sich ein weiteres Mal vorsichtig der Tür. Er hatte die Taschenlampe in der rechten Hand und klopfte damit an die Tür, während er sich zu der Glasscheibe vorbeugte und mit der linken Hand seine Augen abschirmte.
Die Frau stand im Durchgang zwischen Küche und Wohnzimmer. Sie schaute zu ihm und hatte die Hände in die Hüfte gestützt. Er sah die Umrisse ihrer Beine durch den dünnen Stoff, aber ihr Gesicht lag im Schatten.
»Tut mir leid«, rief er. »Ich wollte Sie nicht erschrecken. Mein Name ist Michael Wallace. Ich bin Schriftsteller. Hier ist meine Karte. Ich schiebe sie unter der Tür durch, damit Sie sehen, dass ich es wirklich bin.«
Er kniete sich hin und schob die Karte hinein. Als er aufstand, war die Frau weg.
»Ma’am?«
Etwas Weißes tauchte zu seinen Füßen auf. Seine Karte war zurückgeschoben worden.
Herrgott, dachte Mickey. Sie ist an der Tür. Sie versteckt sich hinter der Tür.
»Ich will bloß mit Ihnen reden«, sagte er.
geh weg
Einen Moment lang war sich Mickey nicht sicher, ob er recht gehört hatte. Die Worte waren ziemlich deutlich gewesen, aber allem Anschein
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