Der Pakt der Schwerter: Historischer Roman (German Edition)
als Nächster hinein und ich hinter ihm, wobei ich mich duckte, um mir nicht den Kopf an dem niedrigen Querbalken zu stoßen. Das Innere war nur von zwei Kerzen erleuchtet, die an den Seiten eines abgeschrägten Schreibtischs standen. An der einen Seite des Raums war ein offener Kamin, aber es war noch kein Feuer darin angemacht, und deshalb lag eine feuchte Kälte in der Luft. Neben dem Kamin führte eine Tür in den nächsten Raum, aus dem prompt ein Mädchen auftauchte. Ihre Haare waren blond und ungebunden. Sie schien nicht älter als elf oder zwölf Jahre zu sein. Sie hatte die Augen weit aufgerissen, als sie uns alle dort stehen sah, und ich fragte mich, wie wir auf sie wirken mussten: sieben fremde Männer, von denen sechs Kettenhemden und Beinlinge trugen, von den Narben der Schlacht gezeichnet. Falls sie ausschließlich in dem Konvent aufgewachsen war, hatte sie vielleicht noch nie so viele Männer zusammen an einem Ort gesehen.
Die Nonne sagte etwas zu ihr; das Mädchen nickte und zog sich durch die Tür zurück, ohne den Blick von uns abzuwenden.
»Geht wieder hinaus«, sagte Ælfwold knapp zu mir. »Ich möchte allein mit der Äbtissin reden.«
»Die Äbtissin?«, fragte ich erstaunt. Ich dachte, wir wären gekommen, um Eadgyth zu sehen.
»Wer sonst?«, erwiderte er ziemlich ungeduldig. »Ich kann meine Botschaft nicht ohne ihre Erlaubnis abliefern. Jetzt geht.«
Ich rührte mich nicht von der Stelle. »Wir warten hier«, beharrte ich.
»Das hier ist nicht Eure Sache …«
Er drehte sich um, als die Tür wieder aufging und eine Frau in einer braunen Kutte den Raum betrat, auf deren beiden Ärmeln mit weißem Faden ein einfaches Kreuz gestickt war. Wie die Nonne, die uns vom Tor hierhergebracht hatte, war sie in fortgeschrittenem Alter, aber in ihren Augen, die die Farbe von poliertem Kupfer hatten, stand Weisheit, und in der Art, wie sie auf uns zuging, lag eine Würde, als wenn jeder Schritt einem himmlischen Zweck folgte.
Sie gab unserer Nonne ein kurzes Handzeichen, worauf diese ernst nickte, sich entfernte und uns alleine im Kerzenlicht stehen ließ.
»Fæder Ælfwold «, sagte sie.
»Abodesse Cynehild.« Der Kaplan kniete sich vor sie hin, nahm ihre Hand und küsste den silbernen Ring, der sie schmückte.
»Ihr kommt diesmal mit einem vollen Conroi, wie es scheint«, sagte sie, plötzlich Französisch sprechend, als sie uns sechs anschaute. »Wie sich die Zeiten ändern.« Aber falls sie einen Scherz machen wollte, war das nicht an ihrem Gesicht abzulesen, das so ausdruckslos blieb wie zuvor.
Ælfwold erhob sich. »Der Geleitschutz, den mir mein Herr mitgegeben hat«, erklärte er gleichfalls auf Französisch.
»Guillaume Malet«, sagte sie, und ich glaubte, einen Anflug von Verachtung in ihrer Stimme zu hören, war mir aber nicht sicher.
Falls es so war, schien der Kaplan es nicht zu bemerken. »So ist es, Mylady.«
Die Äbtissin sah einen Augenblick lang nachdenklich aus, dann schaute sie uns andere an, als wolle sie uns kontrollieren. »Ihr seht erstaunt aus«, sagte sie zu mir. »Warum?«
Ich hatte mir nicht klargemacht, dass es so offensichtlich war. »Ihr sprecht gut Französisch«, sagte ich, nicht aus Höflichkeit, sondern weil es die Wahrheit war. Sie sprach es tatsächlich bemerkenswert gut, wie jemand, der aus unserem Land stammte oder viele Jahre in Gesellschaft von Franzosen verbracht hatte.
»Und das überrascht Euch?«, fragte sie.
»Nur weil ich nicht daran gewöhnt bin, es von englischen Lippen zu hören«, antwortete ich, indem ich meine Worte sorgfältig wählte.
»Trotzdem spricht Ælfwold hier es genauso gut wie ich.«
»Sein Herr ist Normanne«, sagte ich achselzuckend.
»Wenn man diesen Maßstab anlegt«, sagte sie mit einem überlegenen Lächeln, »sollte dann nicht ganz England Französisch sprechen, da wir alle Untertanen unseres Lehnsherrn König Guillaume sind?«
Ich spürte, wie mir das Blut in die Wangen stieg. Es schien mir, dass ich auf die Probe gestellt wurde, auch wenn ich den Grund nicht erkennen konnte. »Ja, Mylady«, erwiderte ich, weil ich nicht wusste, was ich sonst sagen sollte.
Sie runzelte die Stirn und hielt den Blick auf mich gerichtet.
»Mylady«, sagte Ælfwold, und ausnahmsweise war ich ihm für seine Unterbrechung dankbar. »Ich bin hier …«
»… um mit Lady Eadgyth zu sprechen«, beendete sie den Satz für ihn und wandte endlich den Blick von mir ab. »Ja, das hatte ich mir gedacht.«
»Um ihr eine Botschaft von meinem
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