Der Pakt der Wächter: Roman
sind draußen.
2
Die westliche Einfahrt steigt von der Avenue aus leicht zum Wachhäuschen an und ist von niedrigen Mauern gesäumt, hinter denen Mimosenbäume stehen, deren Äste sich an den schmiedeeisernen Gittern emporrecken. In rasendem Tempo fahren wir auf die Hauptstraße. Beatriz achtet nicht auf die anderen Autos. Wie ein Pfeil schießt sie auf die Avenue. Ein koksgrauer Mercedes macht eine Vollbremsung und bleibt quer auf der Straße stehen. Der Fahrer drückt wütend auf die Hupe.
Beatriz drückt das Gaspedal durch, und der Lieferwagen beschleunigt auf einhundertzwanzig Stundenkilometer.
Zum Glück sind zu dieser Tageszeit kaum Autos auf der Straße. Auf dem Mittelstreifen der Avenue stehen gewaltige Bäume. Am Zaun des Miércolespalastes blinken rote und orangefarbene Warnlampen.
An der nächsten Kreuzung schleudern wir nach rechts in die Seitenstraße. Dort wartet ein identischer Lieferwagen mit Coca-Cola-Schriftzug. Dahinter stehen ein Sattelzug, ein Lexus, ein Ford Transit und zwei Hummer.
Beatriz macht eine Vollbremsung, während der andere Lieferwagen losfährt und unseren Kurs fortsetzt. Voll konzentriert fährt Beatriz über die steile Aluminiumrampe in den Auflieger des Sattelzuges. Das Tor des Miércolespalastes hat das Coca-Cola-Logo zerrissen. Während sich die Heckklappe hinter dem Lieferwagen schließt, rennen Beatriz, der Konservator und ich zum Lexus. Der Sattelzug setzt sich mit einem Ruck in Bewegung. Schwarzer Dieselqualm kommt aus dem Auspuff. Wir – der Sattelzug, der Lexus, der Transit und die beiden Hummer mit den Sturmtruppen des SIS – fahren einmal um das Viertel herum, ehe wir wieder auf die Hauptstraße einbiegen.
Nach ein paar hundert Metern werden wir von der Polizei und den Verfolgern aus dem Miércolespalast eingeholt. Wie eine römische Legion donnern sie über die Avenue: ein schwarzer Ford Excursion, zwei Landrover und acht Polizeiwagen mit Blaulicht und Sirenen. Wir lassen sie passieren. Gleichzeitig erhält Beatriz einen Anruf. Sie hört schweigend zu. Als sie auflegt, sagt sie: »Das Flugzeug, das ich gechartert habe, ist von der Polizei umstellt worden.«
»O verdammt«, sage ich.
»Im Gegenteil«, sagt Beatriz. »Genau damit hatte ich gerechnet.«
Während Estebans Truppen dem zweiten Coca-Cola-Lieferwagen folgen und seine korrupten Polizeikräfte das Charterflugzeug auf dem Flughafen umstellen, biegt unsere kleine Kolonne nach links ab. In einem Kreisverkehr drehen wir um und fahren in Richtung Hafen.
3
Zehn Minuten später biegen wir in das Hafenareal ein, das auf einer Landzunge an einer Flussmündung liegt.
Der Fahrer des Lexus erhält einen Anruf auf dem Walkie-Talkie. Der Fahrer des Coca-Cola-Wagens berichtet ihm, dass er jetzt gleich von der Polizei und den Wachleuten des Miércolespalastes eingeholt wird. Sie sind inzwischen weit außerhalb der Stadt.
»Im Auto werden sie aber nichts anderes finden als vierzehn Säcke Yam und zwei Fässer selbst gebrannten Rum«, erklärt Beatriz. »Und fünfzig Lagen Coladosen.«
Wir passieren Schuppen, Lagerhallen, Baracken, Öltanker, Kräne, ein Containerlager und Berge von Exportwaren.
»Also«, sagt Beatriz, »da wären wir.«
Desidéria
1
Vor uns liegt die Desidéria . Das schöne Schiff ist mit so vielen straffen Seilen und Trossen am Kai vertäut, dass man meinen könnte, es würde gegen seinen Willen festgehalten.
Das Deck ist hell erleuchtet. Oben auf der Brücke sehe ich die Gesichter der Offiziere blass hinter den Fenstern.
Der Sattelzug hält neben dem Schiff an der Kaimauer. Der Lexus und der Transit halten daneben, während die Hummer bis hinter das nächste Lagerhaus weiterfahren und erst dort, außerhalb unserer Sichtweite, anhalten.
Wir steigen aus. Hinter uns liegt die Stadt. Noch immer sind die Sirenen zu hören. Der Hafen riecht nach Öl, Salzwasser und exotischen Gewürzen. Ein Pelikan, der aussieht, als hätte er ein Kalb verschluckt, schwankt über die Kaimauer.
Beatriz fährt den Lieferwagen aus dem Auflieger und lässt ihn bis zum Landgang rollen. Die Hafenarbeiter sind dabei, das Schiff zu beladen. Beatriz möchte aber, dass wir die beiden Kisten mit dem Sarg und den Dokumenten eigenhändig an Bord des Schiffes bringen und in dem klimatisierten Container im Lastenraum verstauen.
Der Konservator öffnet die Hecktür des Lieferwagens. Plötzlich dreht er sich um. Ich folge seinem Blick.
2
Drei schwarze Autos rollen ohne Licht über den Kai auf uns
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