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Der Pakt der Wächter: Roman

Der Pakt der Wächter: Roman

Titel: Der Pakt der Wächter: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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brauchen.«
    Wir suchen weiter. Aber sosehr wir die Formulierungen auch drehen und wenden, entdecken wir keine weiteren versteckten Mitteilungen. Gegen Mitternacht schläft Terje auf dem Sofa ein. Ich bleibe wach, kaue auf dem Bleistift und mache zusammenhanglose Notizen in meinen Spiralblock. Welche Kraft hat ein Kreuz? Eine symbolische, natürlich. Eine religiöse Kraft. Besteht ein Zusammenhang zwischen den Symbolen Anch, Ty, dem Kreuz und dem Ort, an dem die Sonne aufgeht?
    1030 … 1130 … 1180 … 1230 … 1280 …
    Wie hängen die Jahreszahlen zusammen?
    So mahlen meine Gedanken unermüdlich weiter.
     
    Einige Stunden später schrecke ich aus dem Schlaf hoch.
    Draußen bläst ein kräftiger Nordwind und zerrt an den Fenstern. Im Traum oder im Halbschlaf, ich weiß es nicht so genau, ist mir eine Idee gekommen.
    Ich schlurfe in Wollsocken zum Regal, in dem ein Atlas von 1952 steht. Mit dem gehe ich zurück zum Tisch vor dem Fenster und schlage eine Karte von Südnorwegen auf. In meinem Kopf mahlt ein Gedanke. Aus dem Sofa ist das leise Schnarchen von Terje zu hören.
    Wo die Sonne aufgeht.
    Im Osten.
    Die Kraft des Kreuzes.
    Urnes, Flesberg, Lom.
    Ich markiere jeden der Orte mit einem Punkt.
    Der vierte Punkt müsste im Osten liegen – wo die Sonne aufgeht. Ich schaue auf die Karte und stoße ungewollt einen Pfeifton aus.
    Die Kraft des Kreuzes.
    Such, wo die Sonne aufgeht.
    Ringebu!
    Ich bleibe sitzen und schnappe nach Luft. Im Laufe eines Jahrhunderts haben die Wächter vier Stabkirchen gebaut.
    Urnes. Flesberg. Lom (Garmo). Ringebu.
    Verbindet man die Punkte mit zwei Linien, ergibt sich ein Kreuz.
    Das christliche Kreuz. Crux ordinaria.
    Die Kraft des Kreuzes.

     

10
     
    Früh am nächsten Morgen nehme ich die Nesoddenfähre nach Aker Brygge.
    Vorher habe ich den Gemeindepfarrer von der Stabkirche in Ringebu angerufen und geweckt. Nachdem er sich den Schlaf aus den Augen gerieben, die Verärgerung aus der Stimme geräuspert und endlich begriffen hat, dass ich in seiner Kirche eine archäologische Sensation vermute, verwandelt er sich augenblicklich zu meinem ergebenen Diener.
    Ich fahre mit einem Taxi von Aker Brygge nach Blindern, um eine Tasche mit der nötigen Ausrüstung zu holen. Mit der Gewissenhaftigkeit eines paranoiden Menschen dirigiere ich den Taxifahrer auf dem Weg von der Universität bis zum Parkhaus über alle Umwege und Seitenstraßen, die ich kenne. Auf Dauer wird es ein zu teures Vergnügen, alle Fahrten mit dem Leihwagen zu machen.
    Ich überprüfe sämtliche Ein- und Ausgänge des Parkhauses. Sie haben die Überwachung eingestellt. Was an sich schon wieder verdächtig ist.
    Ich fahre mit dem Fahrstuhl auf das Parkdeck P2. Bevor ich mich nach draußen wage, stelle ich meine Tasche zwischen die Türen des Aufzugs, um mir die Möglichkeit eines schnellen Rückzugs zu sichern. Ich schaue mich um. Niemand zu sehen. Weder hinter den Säulen noch in irgendeinem Auto scheint jemand auf mich zu warten.
    Das Parkdeck ist leer.
    Sehr verdächtig.
    Ich schnappe mir meine Tasche, husche geduckt an der Wand entlang und komme mir wie eine Figur aus einer Comicserie vor. Vorsichtig nähere ich mich Bolla.
    Ich sehe niemanden.
    Ich habe eine Taschenlampe und Arbeitshandschuhe mitgebracht und suche den Wagen methodisch und Millimeter für Millimeter ab; hinter den Stoßstangen, unter den Kotflügeln und unter der Karosserie.
    Der eine GPS-Sender klebt unter dem linken vorderen Kotflügel. Er hat ungefähr die Größe einer Streichholzschachtel und sitzt so fest, dass ich richtig Kraft anwenden muss, um ihn loszubekommen. Sie haben das blinkende rote Lämpchen mit schwarzem Klebeband abgeklebt.
    Die halten sich offensichtlich für unglaublich gerissen.
    Aber sie haben die Rechnung ohne mich gemacht.
    Der zweite Sender klemmt an einem Schlauch im Motorblock.
    Selbstzufrieden klebe ich die zwei GPS-Sender unter einen silbergrauen Mercedes und einen blauen Peugeot, die neben Bolla parken.
    Danach muss ich erst mal ein Vermögen bezahlen, damit die Schranke sich hebt und ich mich Richtung Norden auf den Weg nach Ringebu in Oppland machen kann.

11
     
    Die große schwarze Stabkirche mit dem roten Turm steht hoch über Ringebu an einem Hang, ganz in der Nähe einer heidnischen Kultstätte und eines Thingplatzes.
    Als ich Bolla parke, kommt mir schon der Pfarrer entgegen, als hätte er die ganze Zeit auf mich gewartet. Wir begrüßen uns mit einem Handschlag, und ich entschuldige mich bei ihm, weil ich ihn

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