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Der Pakt der Wächter: Roman

Der Pakt der Wächter: Roman

Titel: Der Pakt der Wächter: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tom Egeland
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und die Kirche in grelles Scheinwerferlicht tauchen. Diese Bedrohung vor Augen, versprechen uns unsere Helfer hoch und heilig zu schweigen.
    Jeden Morgen verlassen wir unser Hotel in der vorfreudigen Erwartung, an diesem Tag auf etwas zu stoßen. Und jeden Abend kehren wir erschöpft und enttäuscht zurück.
    Die Kirche wurde mehrmals umgebaut und renoviert. Die originale Holzverschalung wurde entfernt. Die Reformatoren haben kurzen Prozess mit allem gemacht, was sie an katholische Ketzerei erinnerte. Heiligenbilder, Altartafeln, Schränke, Textilien und heilige Gefäße wurden entfernt, verbrannt oder in den Fluss geworfen.
    Es gibt zwar immer noch jede Menge Runeninschriften, doch keine davon ist verschlüsselt. Sie stammen vermutlich von Bauarbeitern, die meisten romantische Liebeserklärungen. Nichts deutet darauf hin, dass die nordischen Wächter hier irgendwelche Spuren hinterlassen haben.
    Gegen Ende des vierten Tages teilt uns der Pfarrer mit, dass demnächst Kollegen von uns hier eintreffen werden.
    Kollegen von uns?
    Ich werfe Øyvind einen verstohlenen Blick zu. Von uns hat keiner irgendjemanden gebeten zu kommen.
    Der Pfarrer sieht uns an, dass etwas nicht stimmt. »Sie haben gesagt, sie brächten die Ausrüstung, die Sie angefordert haben, und wollten nur sichergehen, dass Sie sich nicht verpassen.«
    Hassan …
    Wie hat er herausfinden können, wo ich bin? Bolla steht nach wie vor in dem Parkhaus. Und mein Handy habe ich zu Hause liegen lassen.
    Ich erzähle dem Pfarrer in kurzen Worten vom Schicksal seines Kollegen in Reykholt und rate ihm, auf der Stelle die Polizei zu informieren. Wir verabschieden uns Hals über Kopf. Von einer Tankstelle aus rufe ich Ragnhild in Oslo an und bitte sie, die Polizei in Lom zu alarmieren, falls der Pfarrer meine Warnung nicht ernst genommen hat. Aus Skjolden rufe ich ihn an, um mich zu erkundigen, wie es ihm geht. Seine Stimme zittert. Ein Polizist aus Lom ist seit einiger Zeit vor Ort. Jetzt warten sie auf Verstärkung aus Ringebu. »Was haben Sie getan?«, fragt er. Die Frage kann ich ihm nicht beantworten.
    Wir fahren in unserem Leihwagen über Sogndal und Voss zurück nach Bergen. Dort trennen wir uns.

7
     
    Manchmal ist die Lösung eines Problems so offensichtlich, dass man sie nicht sieht.
    Stell ein Buch, das du verstecken willst, in ein Bücherregal. Willst du eine wertvolle Briefmarke schmuggeln, kleb sie auf einen Umschlag und verschick sie mit der Post.
    »Bjørn? Ich bin’s!«
    Øyvind schreit so laut, als wollte er die Distanz zwischen Oslo und Bergen unter Verzicht auf das Telefon kompensieren.
    Draußen hat die Kälte ihren blaugrauen Flor über den Oslofjord und meine Augen gebreitet. Ich bin gestern aus Lom zurückgekommen. Meine Laune ist auf dem Nullpunkt. Es geht mir gegen den Strich zu scheitern. Ich fühle mich wie ein Versager. Ein persönlicher Fehlschlag löst ein inneres Unwetter in mir aus.
    Ich klemme den Hörer zwischen Ohr und Schulter und höre dem aufgeregten, kurzatmigen Bergenser am anderen Ende der Leitung zu.
    »Bist du am Apparat? Bjørn? Hallo?«
    »Ich sitze und denke nach …«
    »Hör zu, Bjørn! Wir haben die falsche Kirche untersucht!«
    Unten über den Fjord durch den Nebel gleitet eine schwimmende Diskokugel, die mich vage an Las Vegas denken lässt.
    »Es gab noch eine zweite Stabkirche in Lom!« Øyvind legt eine Pause ein und wartet auf meine Reaktion.
    Die kühle Luft vibriert. Das rhythmische Stampfen der Bootskolben lässt die Gläser im Haus in einem Augenblick vollkommenen Einklangs erzittern und klirren. Dann verebbt der Lärm, und die Fähre nach Dänemark gleitet aus meinem Blickfeld.
    »Es gab eine zweite Stabkirche? Øyvind …«
    Das Kielwasser der Fähre schäumt weiß.
    Eine zweite Stabkirche …
    Der Legende nach hat Olav Haraldsson bei der Christianisierung im Gudbrandsdalen 1021 Thorgeir Gamle auf Garmo in Lom überredet, sich taufen zu lassen und zum Lobpreis des Herrn eine Kirche zu errichten. Thorgeir folgte der Aufforderung seines christlichen Königs. Er ließ eine Kirche auf seinem Grund bauen, die hundertachtzig Jahre dort stehen sollte. Die von Thorgeir Gamle gebaute Kirche war die Vorgängerin der Stabkirche von Garmo, die 1880 abgerissen wurde. Abgerissen … Deshalb hatten weder Øyvind noch ich an sie gedacht.
    »Die Sandvig’sche Sammlung!«, rufe ich.
    »Genau!«
    Vierzig Jahre nach dem Abriss auf dem Grundstück von Thorgeir Gamle in Lom wurde die Stabkirche von Garmo im Freilichtmuseum

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