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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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sachlich hinzu: »Sie sind erschossen worden. In den russischen Kasernen weiter nordöstlich, in Mesched.«
    »Wie heißt der Kaschgai, der Ihnen von dem deutschen Fallschirmkommando erzählt hat?«, fragte Oster auf Russisch.
    »Ich weiß nicht.« Der Gefangene schrie auf, als einer der Ukrainer ihm das heiße Eisen kurz an die linke Fußsohle drückte. »Doch, schon gut, ich weiß es. Er heißt Ebtehaj.
    Misbah Ebtehaj.«
    Schoellhorn fluchte laut. »Ebtehaj ist auch ein Ringkämpfer!«, sagte er. »Er sollte sich um die Gruppe Süd kümmern.«
    »Was ist mit unserem Ringer?«, fragte Oster. »Herrn Mehdizadeh. Vielleicht steckt er da ja auch mit drin. Vielleicht hat er ja unserem Freund vom SMERSH hier einen Tipp gegeben. Vielleicht kommt er ja gleich mit der Roten Armee wieder.«
    »Nein.« Schoellhorn schüttelte den Kopf. »Er hätte uns schon so oft verraten können. Warum hat er’s dann noch nicht getan?«
    »Wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf«, sagte Oster vorsichtig, »ist das alles doch ziemlich anders, als Sie es vorhin dargestellt haben. Von wegen, selbst ein Blinder würde einen NKWD-Agenten auf den ersten Blick erkennen.«
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    »Wollen Sie damit sagen, ich sei auch ein Verräter?«, sagte Schoellhorn.
    »Ich weiß nicht, was ich sagen will. Herrgott, was für ein Schlamassel.« Er nahm seine Mauser aus dem Halfter unter seiner Jacke und machte sich daran, einen Schalldämpfer auf den Lauf zu schrauben. »Ich wollte, dieser verfluchte Schellenberg wäre hier und würde das selbst miterleben. Es wäre das Letzte, was er erleben würde, das schwöre ich Ihnen.«
    Oster postierte sich vor dem Gefangenen, die nunmehr schallgedämpfte Pistole noch immer auf den Boden gerichtet, parallel zu seinem Hosenbein.
    »Ich habe Ihnen doch alles gesagt, was ich weiß«, sagte der Pole schluckend.
    Oster lächelte betrübt und schoss dem Mann dreimal in Kopf und Gesicht.
    Schkwarzew nickte anerkennend. Er hatte sich die ganze Zeit gefragt, von welchem Schlag dieser deutsche Hauptsturmführer war, ob er wirklich Mumm in den Knochen hatte, und jetzt wusste er es. Einen Mann bei einem Feuergefecht mit dem Karabiner oder dem MG zu töten, war eine Sache, ihn jedoch kaltblütig zu erschießen, während er einem in die Augen sah, war etwas ganz anderes. Der Deutsche war in Ordnung, das war jetzt klar, und während Oster die Mauser sicherte und den Schalldämpfer abschraubte, zündete Schkwarzew eine Zigarette an und reichte sie ihm.
    »Danke«, sagte Oster, steckte sich die Zigarette zwischen die Lippen und inhalierte tief, während er die Pistole wieder wegsteckte.
    »Sind Sie zur Gruppe Süd durchgekommen?«, fragte er Schnabel.
    »Nein, Herr Hauptsturmführer, ich kann sie anscheinend gar nicht erreichen. Aber ich habe einen Funkspruch aus Berlin bekommen. Unser Unternehmen ist abgesagt.«
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    »Was?« Oster fiel die Kinnlade herab, dann verzerrte Wut sein Gesicht. »Fordern Sie Bestätigung.«
    »Habe ich schon.«
    Schkwarzew seufzte. »Das war’s dann also«, sagte er. »Es ist abgeblasen.«
    »Von wegen«, sagte Oster. »Ich bin nicht den ganzen weiten Weg hierher gekommen, um nichts zu tun. Wenn ich schon in einem sowjetischen Arbeitslager verrecken muss, dann wenigstens aus gutem Grund.« Er zog abermals tief an seiner Zigarette und klopfte dann die Asche auf den Kopf des Toten ab. »Wie steht der Rest der Gruppe dazu?«
    Schkwarzew brauchte seine Männer nicht einmal anzusehen.
    »Genauso wie Sie. Gibt nichts, was wir nicht tun würden, um Stalin zu töten. Gar nichts.«
    »Aber ohne diese Bomber?«, fragte Schoellhorn. »Und ohne die Gruppe Süd? Was können Sie da denn machen?«
    »Vielleicht ist das alles ja gar nicht nötig«, sagte Oster.
    »Wie meinen Sie das?«, fragte Schoellhorn.
    »Vielleicht gefällt mir ja Ihr Plan besser.«
    »Mein Plan?«
    »Wir sind zu viele und nicht genug«, sagte Oster. »Das ist die Krux an Schellenbergs Plan. Zu viele, um bis nächsten Dienstag unbemerkt zu bleiben. Und nicht genug, um mit dreitausend verfluchten Russen fertig zu werden. Aber zwei, drei Männer mit einem Wasserkarren können die Sache erledigen. In einem Wasserkarren kann man alles verstecken. Maschinenpistolen.
    Eine Bombe.« Oster sah Schkwarzew an. »Was bräuchten wir, um eine ordentliche Bombe herzustellen, Schkwarzew?«
    »Das ist ein Wort.« Der Ukrainer zündete sich eine Zigarette an und dachte laut vor sich hin. »Irgendeine Art Stickstoffdünger, der viel Salpetersäure enthält«, sagte

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