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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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Flechtwerktor, das nachts normalerweise von einem Posten bewacht wird. Das ist für Sie der beste Zugang. Sie bekommen noch einen Plan der britischen Botschaft, aber jenseits der Mauer finden Sie jede Menge Bäume und Büsche, die Ihnen reichlich Deckung bieten. An der Ostseite der Botschaft befindet sich eine lange Veranda mit einer Balustrade. Die Großen Drei werden sich höchstwahrscheinlich direkt hinter den hohen Fenstern aufhalten. Nach Westen hin liegen Stallungen und Nebengebäude, die jedoch keine Pferde beherbergen, sondern Soldaten zum Schutz der Botschaft. Es sind, wie gesagt, hauptsächlich Inder. Genauer gesagt, Sikhs. Die sind bestimmt nicht feige. Aber wenn ich es richtig verstehe, mögen sie Bomben nicht besonders, jedenfalls hat mir das ein Freund aus dem britischen Büro für Öffentlichkeitsarbeit hier in Teheran erzählt. Vor ein paar Monaten ist hier in der Stadt eine Bombe explodiert. Offenbar haben die Sikhs daraufhin das Weite gesucht. Sobald unsere Bomber ihre Fracht abwerfen, werden die Soldaten vermutlich die Beine in die Hand nehmen.«
    »Und die russische Botschaft?«, fragte Oster.
    »Wimmelt von Iwans. Auf jedem Baum einer. Selbst die Kellner sind vom NKWD. Flutlicht, Hunde, MG-Nester. Im Gebäude gab es gerade gründliche Umbaumaßnahmen. Ein neuer Luftschutzbunker anscheinend.« Schoellhorn zündete sich eine Zigarette an.
    »Nein, es ist schon gut, dass Ihr Ziel die britische Botschaft ist.
    So wie es aussieht, bezweifle ich, dass Churchill überhaupt auf die Idee kommt, man könnte ihm nach dem Leben trachten.
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    Etwas allerdings hat die britische Botschaft, was sie zum sichersten Ort von ganz Teheran macht.«
    »Ach? Und was ist das?«
    »Das Wasser. Die Briten leiten Wasser von einer sauberen Quelle in den nördlichen Bergen hierher. Sie verkaufen es sogar an die Russen. Ich habe mich schon gefragt, ob Sie das nicht in Ihren Plan integrieren sollten. Es ist nämlich so, dass jeden Morgen ein russischer und ein amerikanischer Wasserkarren hier auftauchen, um Wasser abzuholen. Aber auf der anderen Seite wollen Sie ja wohl nicht im Inneren der Botschaft sein, wenn die Luftwaffe ihre Bomben abwirft.«
    »Gutes Argument«, sagte Oster grinsend. »Außerdem, wenn wir es schaffen, die Großen Drei zu töten, werden wir sowieso kein Wasser trinken, sondern Champagner. Stimmt’s, Mehdizadeh?«
    Der Ringer sagte mit einer servilen, kleinen Verbeugung:
    »Bedauerlicherweise ist Alkohol Moslems nicht gestattet.«
    Oster lächelte höflich und blickte über die kräftige Schulter des Ringers hinweg auf die schneegekrönten Berge hinter der Stadt. Es würde nicht leicht sein, nach einem Attentat aus Teheran hinauszukommen, dachte er, und plötzlich fühlte sich Oster sehr weit weg von zu Hause.
    Sie kehrten in den Basar zurück, wo sich Medihzadeh inmitten der Moscheen, Menschenmassen und Läden ein wenig zu entspannen schien. Die Vielfalt der Dinge, die hier feilgeboten wurden, verblüffte Oster: Kupferwaren, Buchbinderdienste, Fahnen, Kurzwaren, Sättel, Zinn, Messer, Gedrechseltes, Teppiche. Ein-, zweimal blieb er stehen, um etwas zu betrachten, weil er sich sagte, dass es verdächtig wirken würde, wenn er sich für gar nichts interessierte. Sie hatten sogar noch einen Moment Zeit für einen Kaffee im Café Firdusi. Als sie schließlich in die Teppichknüpferei zurückkehrten, war Oster Persien und den Persern schon etwas gewogener. Dieses Gefühl 401

    war allerdings nicht von langer Dauer. Als die drei Männer die Teppichknüpferei betraten, kam einer der Kaschgai auf Mehdizadeh zu und sagte etwas, was den Ringer sehr besorgt zu stimmen schien.
    »Was ist?«, fragte Oster Schoellhorn.
    »Anscheinend haben wir einen Spitzel erwischt«, sagte der Deutsche.
    Auf dem Boden ganz hinten in der Teppichknüpferei saß, mit Bündeln von Teppichfäden an einen alten Knüpfrahmen gefesselt, ein sichtlich verängstigter Mann in westlicher Kleidung.
    »Wer ist das?«, fragte Oster.
    Die Untersturmführer Schnabel und Schkwarzew, die bei dem Gefangenen standen, drehten sich um.
    »Er sagt, er ist Pole, Herr Hauptsturmführer«, sagte Schnabel.
    »Und er sei hergekommen, weil er einen Teppich sucht. Er hatte genug Geld bei sich, um einen zu kaufen. Aber auch das hier.«
    Schnabel zeigte Oster eine halbautomatische Pistole.
    »Das ist eine Tokarew TT«, sagte Schkwarzew und pflückte sich eine Zigarette aus dem unrasierten Gesicht. »Russisches Fabrikat. Aber jetzt kommt’s.« Er nahm Schnabel

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