Der Pakt
selten.«
»Vielleicht scheint es aber auch nur so«, sagte er, »weil Sie es so hingestellt haben, als gäbe es da eine wahre Agentenplage.«
»Na ja, wir sind schließlich in Ägypten. Wenn es irgendwo einen Agentenplage gibt, dann doch wohl hier. Genau wie die Plagen von Läusen, Fliegen, Furunkeln und Secret-Service-Agenten.«
Die Ader an Rauffs schweißnassem Hals begann zu pulsen. Es war heiß im Raum, und er hatte das Jackett abgelegt, deshalb konnte ich nicht sehen, ob ihm ein Knopf fehlte.
434
Donovan nahm die Klartextbotschaft in die Hand. Er musterte sie, wie er wohl auch die Rechnung seines Fleischers gemustert hätte.
»Und Sie sagen, das hier sei ein Indiz für einen geplanten Mordanschlag auf die Großen Drei«, sagte er.
»Nicht auf alle drei. Nur auf Stalin.« Ich nahm Donovan das Blatt aus den dicken Fingern und übersetzte. »Ich glaube, Stalin ist Wotan«, erklärte ich. »Der aus der Oper von Richard Wagner, Sie verstehen? Ich dachte nur, die britische Polizei würde der Sache eher Beachtung schenken, wenn ich sage, es geht um alle drei Staatsoberhäupter und nicht nur um Marschall Stalin. Komischerweise scheinen die meisten Leute, mit denen ich rede, nicht viel für Onkel Joe übrig zu haben. Sie auch nicht, wenn ich mich recht erinnere.«
Donovan lächelte gelassen. Seine blauen Augen ließen die meinen nicht los.
»Wirklich ein Jammer, dass Sie dieses deutsche Funkgerät nicht gefunden haben«, sagte er. »So ein Gerät hätte ihre Geschichte bestens gestützt.«
»Das hat sich der Mörder meiner Freundin wohl auch gesagt, Sir.«
»Ja, reden wir einen Moment über diese Dame. Wie kommt es eigentlich, dass Sie mit einer Frau befreundet waren, von der Sie sagen, sie sei eine deutsche Agentin gewesen?«
»Sie war hübsch. Sie war intelligent. Sie war reich. Ich bin wohl einfach von der naiven Sorte.«
»Wie lange kannten Sie sie schon?«
»Wir waren alte Freunde. Ich habe sie in Berlin kennen gelernt, vor dem Krieg.«
»Haben Sie mit ihr geschlafen?«
»Das ist allein meine Sache.«
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»Sie haben einen ganz schönen Schlag bei den Frauen, was, Willard?«, sagte Rauff. »Für einen Professor.«
»Nanu, Agent Rauff, Sie klingen ja richtig neidisch.«
»Die Frage erscheint mir berechtigt«, sagte Donovan.
»Es klang aber nicht wie eine Frage. Hören Sie, meine Herren, ich bin Junggeselle, also wüsste ich nicht, was die Tatsache, mit wem ich schlafe, irgendwen angeht, außer mir und den Gynäkologen der betreffenden Dame.« Ich lächelte Rauff an.
»Das ist ein Frauenarzt, Agent Rauff.«
»Die Briten sagen, sie war eine polnische Prinzessin«, sagte Reilly.
»Das stimmt.«
»Stimmt es auch, dass Sie beide, als Sie in Berlin gelebt haben, mit Joseph Goebbels befreundet waren?«
»Wer sagt das?«
»Einer ihrer polnischen Bekannten. Ein Hauptmann Skomorowksi. Stimmt es?«
Ich nickte. Einleuchtend, dass Elena ihm das erzählt hatte.
Welch besseres Mittel gäbe es, jemanden davon überzeugen, dass man nie und nimmer eine Spionin sein konnte, als bezauberndhoffnungslose Geschwätzigkeit?
»Ich war nie mit Goebbels befreundet. Nur locker bekannt.«
ich deutete mit dem Kinn auf Rauff. »So wie mit Ihrem Kollegen hier.« Ich trank noch einen Schluck Wasser.
»Außerdem war das 1938. Da hatten die Vereinigten Staaten noch einen Botschafter in Berlin. Hugh Wilson. Wir haben uns öfters auf Goebbels’ Partys getroffen. Ich bin, glaube ich, sogar noch vor ihm aus Deutschland weggegangen.«
»Haben Sie das angegeben, als Sie zum OSS gekommen sind?«, fragte Donovan.
»Ich meine, es Allen Dulles gesagt zu haben.«
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»Da er in der Schweiz ist, lässt sich das wohl nicht so leicht überprüfen«, sagte Donovan.
»Stimmt. Aber warum sollten Sie es überprüfen wollen? Mit meiner kurzen Bekanntschaft mit Goebbels bin ich im OSS doch kein Einzelfall. In den alten COI-Zeiten hatten wir jede Menge Krauts, die für uns arbeiteten. Und das ist immer noch so. Jeder auf dem Campus weiß doch von FDRs Doktor-S-Projekt. Und dann ist da Putzi Hanfstaengl, Hitlers Ex-Auslandspressechef.
Haben Sie ihn nicht selbst zum COI geholt, General? Klar, das war, ehe das FBI befand, dass er lieber in Bush Hill unter Hausarrest bleiben und deutsche Nachrichtensendungen abhören sollte. Und nicht zu vergessen, George Earles diverse Treffen mit Herrn von Papen in Ankara. Nein, General, ich glaube nicht, dass die Tatsache, dass ich Goebbels getroffen habe, irgendjemanden beunruhigen muss.«
»Das
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