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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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französisch gerungen, aber sie haben so gut wie nichts gesagt.«
    Bis zu Berijas Ankunft in Teheran war Melamed der gefürchtetste NKWD-Offizier im Iran gewesen. »Französisch ringen« nannten er und seine Schergen scherzhaft die Prozedur, einen Mann durch Schläge und Folter zu brechen. »Ich kann Ihnen sagen, das sind ganz schön zähe Kerle.«
    »Muss ich Sie daran erinnern, dass Genosse Stalin hier in der Stadt ist?«, herrschte ihn Berija an. »Und dass jede Stunde, die diese Verräter und Faschisten noch in Freiheit sind, eine Gefahr für sein Leben bedeuten kann?« Berija zielte mit einem weißen, fleischigen Finger mitten in Melameds schlecht rasiertes Gesicht. »Sie sind doch selbst Ukrainer, Melamed?«
    »Ja, Genosse, aus Kiew.«
    »Wusste ich’s doch.« Berija lehnte sich zurück, verschränkte die Arme und lächelte gehässig. »Wissen Sie, wenn keiner von den Kerlen redet, könnte man auf die Idee gekommen, Sie seien aufgrund Ihrer Herkunft zu milde mit ihnen gewesen.«
    »Ganz im Gegenteil, Genosse Berija, das kann ich Ihnen versichern«, sagte Melamed. »Gerade als Ukrainer schäme ich mich für diese Verräter. Keinem liegt mehr daran als mir, dass sie reden oder ihre Strafe erhalten. Das schwöre ich Ihnen.«
    »Und ich schwöre Ihnen auch etwas, Melamed«, sagte Berija höhnisch. »Wenn einer von den Schweinehunden, die noch frei herumlaufen, auch nur auf fünfzig Meter an unsere Botschaft herankommt, lasse ich Sie erschießen. Das gilt auch für Sie, Wertinskij. Und für Sie ebenfalls, Krulew, Sie Kreatur. Weiß 443

    der Himmel, was Sie die letzten vier Wochen hier gemacht haben. Ich bin außer mir. Rasend vor Wut. Bei der Vorstellung, dass wir zugelassen haben, dass der große Stalin in eine Stadt kommt, in der ihn Terroristen ermorden wollen. Wenn es nach mir gegangen wäre, wäre er gar nicht hier, aber der Genosse Stalin ist nun mal aus anderem Holz geschnitzt. Er hat sich geweigert, in Russland zu bleiben. Also sage ich Ihnen zum letzten Mal: Wir müssen diese Männer finden, und zwar schnell.« Berija nahm seinen Kneifer ab. Er war vierundvierzig und wohl der intelligenteste unter Stalins Schergen, aber deswegen in praktischen Dingen keineswegs zimperlicher als die anderen. Selbst nach den Maßstäben des NKWD war seine Brutalität außergewöhnlich.
    »Wo sind diese Kerle überhaupt?«, fragte er. »Die, die Sie verhört haben.«
    »Etwa zehn sind unten im Keller, Genosse Berija«, erklärte Melamed. »Der Rest ist in den Kasernen der Roten Armee im Nordosten, in Mesched.«
    »Die Deutschen sind am Leben zu lassen, verstanden?«, sagte Berija. »Aber für die Ukrainer in Mesched will ich die Höchststrafe. Noch heute exekutiert, Krulew. Ist das klar?«
    »Ohne sie zu verhören?«, fragte Krulew. »Und wenn die unten im Keller nicht reden? Was dann? Wir könnten es dann bereuen, dass wir die Gefangenen in Mesched nicht noch ein bisschen am Leben gelassen haben.«
    »Tun Sie, was ich sage, und erschießen Sie sie heute noch.
    Seien Sie versichert, die dort unten werden reden.« Berija erhob sich. »Ich habe noch nie einen Mann getroffen, der nicht geredet hätte, wenn er nur richtig befragt wurde. Ich kümmere mich selbst darum.«
    Berija, Abakumow, Melamed und Wertinskij gingen ins Untergeschoss des Hauses in der Syroos Street, wo nichts darauf hindeutete, dass man hier in Teheran war und nicht etwa im 444

    Lubjanka-Gefängnis in Moskau. Wände und Fußboden waren aus Beton, Gänge und Zellen hell erleuchtet, um die Gefangenen am Schlafen zu hindern. Auch der Geruch war typisch sowjetisch: eine Mischung aus billigen Zigaretten, Schweiß, tierischen Fetten, Urin und menschlicher Angst.
    Berija war zwar untersetzt, aber erstaunlich leichtfüßig. Mit seinem Kneifer, den blank geputzten Schuhen, dem gut geschnittenen westlichen Anzug und der Seidenkrawatte hatte er die energische Aura eines erfolgreichen Geschäftsmannes, der im Notfall jederzeit bereit war, an der Werkbank einzuspringen.
    Er warf Arkadiew sein Jackett zu, legte den Schlips ab und krempelte die Ärmel hoch, während er federnden Schritts die NKWD-Folterkammer betrat. »Wo stecken denn alle, verdammt nochmal?«, rief er. »Kein Wunder, dass die Kerle nichts sagen.
    Sie haben ja keinen zum Reden. Wertinskij, was zum Teufel ist hier los?«
    »Ich nehme an, die Männer sind müde«, sagte Wertinskij. »Sie haben diese Gefangenen den ganzen Tag bearbeitet.«
    »Müde?«, brüllte Berija. »Mal sehen, wie müde sie nach einem

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