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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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zu beurteilen, ist allein meine Sache«, sagte Donovan.
    »Natürlich. Aber am Samstag fliegt der Präsident nach Teheran, um Stalin zu treffen. Meinen Sie nicht, statt mich hier auszuforschen, ob ich je mit dem deutschen Propagandaminister bekannt war, sollten Sie lieber herausfinden, wer von der amerikanischen Delegation einen Mordanschlag auf Marschall Stalin plant?«
    »Genau das tun wir ja«, sagte Rauff und hielt die Klartextnachricht hoch. »Immerhin wurde das hier bei Ihnen gefunden.«
    » Ich habe es Inspektor Luger gegeben.«
    »Er hätte es sowieso gefunden, wenn er Sie durchsucht hätte.
    Und vergessen wir doch nicht, dass Sie in Tunis das deutsche Funkgerät benutzt haben.«
    »Ich habe mich schon gefragt, was Sie hier machen, Rauff.
    Verstehe ich es recht, dass Ihre hochintelligente Theorie besagt, ich hätte, seit wir in Hampton Roads abgelegt haben, die ganze Zeit etwas von Spionen erzählt, weil ich selbst einer bin? Tja, 437

    konsequent sind Sie immerhin, das muss ich Ihnen lassen. Ihre Dummheit scheint chronisch.«
    Ich fischte das Streichholzheftchen des Hamilton aus meiner leeren Zigarettenschachtel, die ich im Jackettfutter versteckt hatte.
    »Derjenige, der Prinzessin Elena erschossen hat, hat auch Thornton Cole drüben in Washington umgebracht. Dieses Streichholzheftchen hier habe ich auch in dem Papierkorb gefunden, wo die Klartextbotschaft der Abwehr lag.«
    »Das heißt unter dem nichtexistenten Funkgerät, richtig?«, sagte Rauff.
    »Es ist ein bisschen kompliziert, Agent Rauff, deshalb werde ich langsam und in einfachen Worten sprechen, damit selbst Sie mich verstehen. Cole wurde ermordet, weil er auf einen deutschen Spionagering gestoßen war. Die Schmidts wurden ermordet, um die Fiktion aufrechtzuerhalten, dass Cole auf der Suche nach homosexuellem Sex war – ein Umstand, den ein Außenministerium, das nach dem Sumner-Welles-Skandal ohnehin schon um das Vertrauen des Präsidenten fürchten musste, nur allzu gern unter den Teppich gekehrt hätte.
    Der Mann, der die Schmidts getötet hat – nennen wir ihn Brutus –, hat auch seine Kontaktperson hier in Kairo ermordet und es mir in die Schuhe zu schieben versucht. Ich vermute, er wollte damit den Weg für ein Attentat auf Stalin in Teheran freiräumen.«
    Ich schlug mit der flachen Hand so fest auf den Tisch, dass Donovan zusammenschrak. Ich hob die Stimme. »Sie müssen auf mich hören. Jemand, ein Amerikaner, hat vor, Stalin umzubringen.«
    Mike Reilly richtete sich auf seinem Stuhl auf. »Oh, ein Anschlagsplan existiert ganz ohne Zweifel«, sagte er gelassen.
    »Die Russen wissen sogar genauestens darüber Bescheid. Aber daran ist kein Amerikaner beteiligt, Professor. Das ist reine 438

    Phantasie. Es gab den Plan, die großen Drei zu töten. Soweit haben Sie Recht. Zwei Kommandos von deutschen Fallschirmagenten wurden am Montag in den Bergen bei Teheran abgesetzt. Die meisten sind bereits verhaftet. Und die restlichen werden jetzt gerade geschnappt, während wir hier sitzen und reden.«
    Ich sank entgeistert gegen meine Stuhllehne. »Ein Fallschirmkommando?«
    »Ja. SS-Leute. Dieselbe Truppe, die auch Mussolini in Italien aus dem Hotel Campo Imperatore befreit hat.«
    »Skorzeny«, sagte ich mechanisch.
    »Ob er beteiligt ist, ist noch unklar«, sagte Reilly.
    »Nach unseren letzten Erkenntnissen ist er in Paris«, sagte Donovan. »Aber das könnte natürlich eine Finte sein.«
    »Hundert Mann wurden im Iran abgesetzt«, fuhr Reilly fort.
    »Sie sollten das örtliche Radar ausschalten, damit dann eine Staffel Langstreckenbomber an Churchills Geburtstag von der Krim aus einen Luftangriff auf die britische Botschaft hätte fliegen können. Sobald die Bomber ihr Teufelswerk verrichtet gehabt hätten, hätten die beiden SS-Gruppen ein vereintes Kommando bilden sollen, um eventuelle Überlebende zu töten.
    Das ist Ihr Unternehmen Wurf, Professor. Eine eigenmächtige SS-Mission.«
    »Eigenmächtig? Was zum Teufel heißt das?«
    »Anscheinend war das Unternehmen nicht offiziell abgesegnet.«
    »Woher wissen wir das?«
    »Wir wissen es, weil die deutsche Regierung selbst es den Sowjets verraten hat«, sagte Donovan.
    Ich stand auf und fasste mir in die Haare. Ich kam mir vor wie Alice im Wunderland. Reillys abstruse Geschichte ergab keinerlei Sinn.
    439

    »Und warum zum Teufel sollte sie so etwas tun?«, fragte ich.
    Donovan zuckte die Achseln. »Wie ich Ihnen letzten Sonntag schon sagte, Professor Mayer, ist das Letzte, was die

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