Der Pakt
natürlich alles ein bisschen akademisch. Letztlich steht und fallt die Sache damit, dass es Ihrem Bodentrupp gelingt, das feindliche Radar auszuschalten. Wenn der Feind es schafft, Jäger in der Luft zu haben, ehe wir über dem Ziel sind, wären unsere Condors für sie eine leichte Beute.«
Schellenberg nickte. »Meine Herren, ich kann Sie wohl gar nicht eindringlich genug darauf hinweisen, welche Risiken mit diesem Unternehmen verbunden sind«, sagte er. »Meiner Meinung nach werden sie, sobald wir ihr Radar außer Gefecht gesetzt haben, ohnehin Jäger losschicken, einfach nur zur Sicherheit. Es besteht durchaus die Gefahr, dass keine unserer 84
Flugzeugbesatzungen heil nach Deutschland zurückkehrt. Aber ich kann die Chancen, dass sie es schaffen, erhöhen.«
»Ehe Sie das tun«, unterbrach ihn General Student, »wüsste ich gern, was aus dem Nachrichtenkommando geworden ist, das im März über dem Iran abgesetzt wurde. Als erste Stufe des Unternehmens Franz.«
Die sechs Mann, allesamt einstige Angehörige der Todesschwadronen in der Ukraine, waren nach dem Absprung über dem Iran von Frank Mayr in Empfang genommen worden, einem SS-Mann, der dort seit 1940 bei den Kashgai lebte. Einer der sechs war sofort an Typhus gestorben, aber die anderen hatten insofern Erfolg gehabt, als es ihnen gelungen war, Funkverbindung zum Havelinstitut – der SS-Funkzentrale am Wannsee – herzustellen.
»Als Unternehmen Franz hinter Skorzenys Mussolini-Befreiung zurücktreten musste«, erklärte Schellenberg, »brachte das für die Männer ein paar Probleme mit sich. Sie gelangten nach Teheran und lebten dort fast fünf Monate bei einer Gruppe von Pistazienzüchtern und iranischen Ringkämpfern, bis sie dann von den Amerikanern aufgegriffen wurden. Gegenwärtig befinden sie sich in einem Gefangenenlager bei Sultanabad.«
»Ich frage ja nur«, sagte General Student, »weil Sie sehr zuversichtlich scheinen, was die Ausschaltung des Feindradars in Teheran anbelangt. Sollen Ihre Männer das selbst machen oder haben Sie dafür noch mehr Ringkämpfer in petto?«
Schellenberg sah ein paar andere Offiziere lächeln und rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl hin und her.
»Im Iran stehen Ringer in hohem Ansehen«, sagte er. »Etwa so wie Stierkämpfer in Spanien. Weil sie körperlich so stark und gut trainiert sind, werden sie oft als Polizisten, Leibwächter oder auch Attentäter rekrutiert.«
»Klingt wie die SS«, bemerkte Student.
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Schellenberg wandte sich wieder an Generalleutnant Schmid und fragte ihn, ob die Luftwaffe bereit sei, den Plan zur Tötung der Großen Drei umzusetzen, vorausgesetzt, Hitler billige ihn.
Schmid sah in die Runde. Als keine Einwände kamen, nickte er langsam.
»Der Führer weiß, dass die Luftwaffe alles für den Sieg tun wird«, sagte er.
Nach der Besprechung nahm Schellenberg ein Taxi zurück zum Wittenbergplatz und ging zu seinem Auto vor dem Ka-De-We. Vor dem Krieg hatte das Kaufhaus vierzig Sorten Brot und jeweils 180 Sorten Käse und Fisch geführt. Jetzt, im Herbst 1943, war die Auswahl doch um einiges begrenzter. Als er auf seinen Wagen zuging, blickte er sich um, in der Hoffnung, dass der schwarze Opel verschwunden wäre. Er stand aber immer noch da. Die Lage war offenbar wirklich ernst. Nur weil er sie für ein paar Stündchen abgehängt hatte, ließ die Gestapo nicht locker. Sobald er losfuhr, folgte ihm der Opel, und Schellenberg beschloss, noch an diesem Nachmittag herauszufinden, was sie im Auge hatten: seine vermeintlich jüdische Abstammung, sein Verhältnis mit Lina Heydrich – oder etwas ganz anderes.
Er beschleunigte und fuhr wieder in südwestlicher Richtung, bis an den Rand des Grunewalds. Hier, auf einer leeren, breiten Feuerwehrstraße hielt er an. Er griff sich die Schmeisser MP40, versteckte sie unterm Mantel und rannte in den Wald. Den Motor ließ er laufen und die Fahrertür offen. Er lief etwa dreißig Meter senkrecht und dann etwa hundert Meter parallel zur Straße, in die Richtung zurück, aus der er gekommen war. Als er vorsichtig zum Waldrand an der Straße schlich, sah er, dass er sich keine zwanzig Meter hinter dem Opel befand, der in diskretem Abstand zu seinem Wagen gehalten hatte. Hinter eine mächtige Eiche geduckt, klappte Schellenberg die Schulterstütze der MP40 aus und betätigte langsam und leise den Spannhebel, um das 32-Schuss-Magazin in Bereitschaft zu versetzen. Sie würden sich bestimmt nicht zweimal an einem Tag abhängen 86
lassen wollen. Da
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