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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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mein Beruf.«
    » Mais oui, von Bourjois.« Sie entfernte das Schutzsiegel und den muschelförmigen Stöpsel und tupfte sich ein wenig Parfüm aufs Handgelenk. »Riecht gut. Gefällt mir.« Ihr Lächeln wurde jetzt etwas wärmer. »Du bist gut im Schenken, Walter. So aufmerksam. Reinhard war nie gut im Schenken. Nicht mal zum Geburtstag oder zum Hochzeitstag.«
    »Er war ein viel beschäftigter Mann.«
    »Nein, das war nicht der Grund. Er war ein Schürzenjäger, Walter, das war’s. Er und sein schrecklicher Freund.«
    »Eichmann.«
    79

    Sie nickte. »Oh, ich kenne die ganzen Geschichten. Was sie in den Nachtclubs alles angestellt haben. Vor allem in Paris.«
    »Paris ist jetzt ganz anders«, sagte Schellenberg. »Aber mir ist eigentlich nie etwas zu Ohren gekommen.«
    »Für einen Nachrichtendienstchef bist du ein lausiger Lügner.
    Hoffentlich lügst du Hitler gegenüber besser. Du musst doch die Geschichte vom Erschießungskommando im Moulin Rouge kennen.«
    Jeder im Reichssicherheitshauptamt kannte die Geschichte, wie Heydrich und Eichmann in dem berühmten Pariser Nachtclub zehn nackte Mädchen in einer Reihe aufgestellt hatten und wie sich die Mädchen dann hatten bücken müssen, damit die beiden mit Champagnerkorken auf ihre nackten Hinterteile feuern konnten. Er zuckte die Achseln. »Solche Geschichten haben es an sich, übertrieben zu sein. Vor allem, wenn jemand nicht mehr lebt.«
    Lina sah Schellenberg von der Seite an. »Manchmal frage ich mich, was du treibst, wenn du in Paris bist.«
    »Nichts so Vulgäres, das versichere ich dir.«
    Sie nahm seine Hand und küsste sie zärtlich.
    Lina von Osten war dreiunddreißig. Sie hatte Heydrich 1931
    geheiratet; da war sie gerade achtzehn und noch begeisterte Nationalsozialistin gewesen. Es ging das Gerücht, sie habe ihren frisch gebackenen Ehemann überredet, zur SS zu gehen.
    Schellenberg hielt das für sehr wahrscheinlich, denn Lina war eine ebenso starke wie hübsche Frau. Keine große Schönheit, aber gut gebaut und gesund aussehend, wie eine dieser Musterarierinnen aus der NS-Frauenschaft, die man in den Propagandafilmen Gymnastik machen sah.
    Sie zog die Jacke aus und enthüllte eine Art Trachtenmieder, das ihre Brüste noch mehr zur Geltung brachte, löste dann das goldene Haar, bis es ihr weich um die Schultern fiel. Sie erhob sich, und ihr übliches Spiel begann: Für jede Frage nach den 80

Aktivitäten von Amt VI, die er ihr wahrheitsgemäß beantwortete, legte sie ein Kleidungsstück ab. Als er ihr von Cicero, den Dokumenten aus Sir Hughes Safe und seinem Plan zur Ermordung der Großen Drei in Teheran erzählt hatte, saß sie bereits nackt auf seinem Schoss.
    »Was sagt Himmler dazu?«, fragte sie.
    »Ich weiß nicht. Ich habe ihm noch nichts gesagt. Ich bin noch dabei, den Plan auszuarbeiten.«
    »Das könnte uns vor der Katastrophe bewahren, Walter.«
    »Es ist immerhin eine Möglichkeit.«
    »Eine sehr plausible Möglichkeit.« Lina küsste ihn freudig.
    »Du bist so klug, Walter.«
    »Das wird sich zeigen.«
    »Nein, du bist klug. Ob ihr Roosevelt tötet oder nicht, spielt wahrscheinlich keine große Rolle. Er ist ja sowieso ein kranker Mann und der Vizepräsident würde an seine Stelle treten. Aber Churchill ist die Personifizierung der britischen Kriegsanstrengungen, und sein Tod wäre ein echter Schlag für die Engländer. Aber andererseits sind die Briten nicht so wichtig, oder? Nicht im Vergleich zu den Amerikanern und den Russen. Nein, am schlimmsten würde es die Russen treffen.
    Wenn Churchill die britischen Kriegsanstrengungen verkörpert, dann verkörpert Stalin das gesamte Sowjetsystem. Alle drei zu töten, wäre phantastisch. Es würde die Alliierten ins totale Chaos stürzen. Aber allein schon Stalins Tod wäre das Ende des Krieges in Europa. Es würde eine neue Revolution in Russland geben. Vielleicht könntet ihr ja sogar euren Russengeneral dazu bringen, sie anzuführen.«
    »Wlassow?«
    »Wlassow, ja. Ich glaube, die Russen fürchten Stalin mehr als Hitler. Das treibt sie dazu zu kämpfen. Das lässt sie diese enormen Verluste hinnehmen und trotzdem immer weiterkämp-81

    fen. Flugzeuge und Panzer, davon können sie nur eine begrenzte Menge herstellen, aber ihr Vorrat an Menschen ist fast unbegrenzt. So rechnen die Russen. Sie glauben, dass sie siegen werden, weil am Ende, wenn alle Deutschen tot sind, immer noch genug Russen übrig bleiben. Aber wenn ihr Stalin tötet, ist alles anders. Er hat doch alle erschießen lassen,

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