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Der Pakt

Der Pakt

Titel: Der Pakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philip Kerr
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die Fahrertür seines Audi weit offen stand, würden die beiden Gestapo-Leute im Opel zunächst annehmen, dass er nur pinkeln war, aber wenn er nicht zurückkam, würden die Neugier doch siegen. Dann mussten sie aussteigen.
    Zehn Minuten lang rührte sich im Opel gar nichts. Dann ging die Fahrertür auf, und ein Mann mit einem schwarzen Ledermantel und einem dunkelgrünen Tirolerhut stieg aus und holte ein Fernglas aus dem Kofferraum. Schellenberg trat aus dem Wald und ging rasch auf den Opel zu.
    »Sagen Sie Ihrem Freund, er soll mit erhobenen Händen aussteigen.«
    »Jürgen«, sagte der Mann mit dem Fernglas. »Komm bitte her.
    Er ist hier und hat eine Maschinenpistole. Also pass bitte auf.«
    Der zweite Gestapo-Mann stieg langsam aus, die Hände brav erhoben. Er war größer als sein Kollege, mit einer Boxernase und einem Blumenkohlohr. Er trug einen dunklen Nadelstreifenanzug und robuste Birkenstockschuhe. Beide waren nicht älter als dreißig und hatten das zynische Grinsen von Männern, die es gewohnt waren, gefürchtet zu werden, und wussten, dass ihnen nichts passieren konnte. Schellenberg wedelte mit der Waffe in Richtung Wald.
    »Bewegung«, sagte er. Er trieb die beiden in drei, vier Metern Abstand vor sich her.
    Auf einer kleinen Lichtung, etwa vierzig Meter von der Straße entfernt, befahl er ihnen, stehen zu bleiben.
    »Sie machen einen schweren Fehler«, sagte der kleinere Mann, der immer noch das Fernglas in der Hand hielt. »Wir sind von der Gestapo.«
    »Das weiß ich«, sagte Schellenberg. »Hinknien, meine Herren.
    Die Hände bitte hinterm Kopf.«
    Als sie knieten, befahl er ihnen, ihre Waffen so weit wie möglich wegzuwerfen und sich dann auszuweisen. Widerstre-87

    bend warfen die Männer je eine Mauser Automatik von sich und zeigten ihm die kleine Metallmarke, die alle Gestapoleute immer bei sich zu tragen hatten.
    »Warum verfolgen Sie mich?«
    »Wir verfolgen Sie nicht«, sagte der Mann mit dem Blumenkohlohr, die Marke noch immer in der ausgestreckten Hand wie ein eben erhaltenes Almosen. »Das ist ein Missverständnis. Wir haben Sie für jemand anderen gehalten, das ist alles.«
    »Sie folgen mir schon den ganzen Tag«, sagte Schellenberg.
    »Sie waren heute Vormittag vor meinem Büro in der Berkaer Straße und heute Nachmittag vor dem Ka-De-We.«
    Keiner der beiden antwortete.
    »Von welcher Gestapo-Abteilung sind Sie?«
    »Abteilung A«, sagte der mit dem Fernglas, das jetzt vor ihm auf dem Boden lag.
    »Weiter«, blaffte Schellenberg. »Stehlen Sie mir nicht die Zeit. Abteilung A was? «
    »Abteilung A3.«
    Schellenberg runzelte die Stirn. »Aber das ist doch die Abteilung, die für heimtückische Angriffe gegen die Regierung zuständig ist. Warum in aller Welt observieren Sie mich? «
    »Das muss, wie gesagt, ein Missverständnis sein. Wir haben den Falschen observiert. Das kommt vor.«
    »Nicht bewegen, bis ich’s sage«, sagte Schellenberg. »Ich bin also nicht der, für den Sie mich gehalten haben?«
    »Wir waren hinter einem Saboteur her.«
    »Hat er auch einen Namen, dieser Saboteur?«
    »Das darf ich nicht verraten.«
    »Woher wissen Sie, dass ich kein Komplize Ihres Saboteurs bin? Wenn ich es wäre, könnte ich Sie doch erschießen.
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    Vielleicht erschieße ich Sie sowieso.«
    »Sie erschießen uns nicht.«
    »Seien Sie sich da nicht so sicher. Ich kann es nicht leiden, verfolgt zu werden.«
    »Wir sind in Deutschland. Wir haben Krieg. Da werden dauernd Leute verfolgt. Das ist normal.«
    »Vielleicht erschieße ich Sie ja alle beide, einfach nur, um Sie los zu sein.«
    »Das glaube ich nicht. Dafür sind Sie nicht der Typ.«
    »Wenn ich dafür nicht der Typ bin, warum verfolgen Sie mich dann?«
    »Wir haben nicht Sie verfolgt, sondern Ihren Wagen«, sagte der andere.
    »Meinen Wagen?« Schellenberg lächelte. »Aber dann müssen Sie doch wissen, wer ich bin. Sie hatten doch jede Menge Zeit, einen Blick ins Kfz-Register zu werfen. Daraus geht doch eindeutig hervor, wer und was ich bin.« Er schüttelte den Kopf.
    »Ich glaube, ich werde Sie doch erschießen, einfach nur, weil Sie so miserabel lügen.«
    »Sie werden uns nicht erschießen.«
    »Warum nicht? Glauben Sie, irgendjemand wird so einen hässlichen Vogel wie Sie vermissen?«
    »Wir stehen auf derselben Seite, deshalb«, sagte der mit dem Blumenkohlohr.
    »Aber Sie haben mir immer noch nicht gesagt, woher Sie das wissen. Ich trage keine Uniform, und ich ziele mit einer Waffe auf Sie. Ich weiß, dass Sie von der Gestapo

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