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Der Paladin

Der Paladin

Titel: Der Paladin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.J. Cherryh
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Menge junger Männer abgewiesen, Männer, die klug und ernsthaft waren und fähige Schüler abgegeben hätten – und jetzt soll ich ein Mädchen annehmen? Bin ich denn ein Waffenmeister für Mädchen? Bei den himmlischen Göttern. Komm herein. Du brauchst keine Angst zu haben. Ich werde dich nicht anrühren. Ich habe mich noch nie an Kindern vergangen.«
    Sie rührte sich nicht.
    »Verdammt.« Er stieg die Treppe hinunter, und sie wich zurück, hob im Gehen den Korb auf. »Dummes Ding. Ein Schwert, um Himmels willen. Weißt du, daß dich das mindestens deine rechte Hand kosten würde, wenn die Obrigkeit dahinterkäme?«
    »Hier gibt es kein Gesetz.«
    »Hier bin ich das Gesetz«, sagte er. Und als sie noch weiter vor ihm zurückwich, drohte er ihr mit dem Finger. »Wenn du gehst, dann verschwinde von hier und halt dich nicht auf der Straße auf. Wenn ich feststelle, daß du dich weiter hier herumtreibst, dann wirst du das Gesetz der Berge noch kennenlernen.«
    »Ich will, daß Ihr mich unterrichtet.«
    »Ich hab's dir gesagt: Ich habe schon bessere Jungen als dich abgewiesen. Verschwinde!«
    »Erst wenn ich erreicht habe, weswegen ich gekommen bin.«
    »Verdammt«, murmelte er bei der Vorstellung, daß sie hier herumlungern könnte – der Himmel mochte wissen, mit welcher Absicht. »Wenn du irgend etwas stiehlst oder dich an meinem Pferd zu schaffen machst, werd ich dir zeigen, wozu ich fähig bin.«
    Dann, als er sich zu seiner Beschämung in Erinnerung rief, daß sie nicht der Junge war, der sie zu sein schien, und daß ein einsames Mädchen allen Grund hatte, sich des Nachts vor verschlossenen Türen und einem fremden Mann zu fürchten, sagte er: »Hör zu, wenn du nicht hereinkommen willst, dann bringe ich dir eine Schüssel Reis und eine Schale Tee auf die Veranda. Soviel Gastfreundschaft gewähre ich dir. Du kannst hier draußen schlafen, und niemand wird dir etwas tun. Aber bei Tagesanbruch verschwindest du und machst dich auf den Weg.«
    »Das Essen nehme ich an.«
     
    Er brachte Tee und Reis auf die Veranda hinaus und stellte alles an der einen Seite der Treppe ab. Sein eigenes Abendessen nahm er zur anderen Seite mit und setzte sich, als das Mädchen die Treppe heraufkam und die Schüssel und die Stäbchen nahm. Sie setzte sich ebenfalls und aß – scheinbar ohne einmal Atem zu schöpfen. Er hatte die zweieinhalbfache Menge gekocht wie üblich und ihr eine gehäufte Schüssel gegeben, die er nun mit verblüffender Geschwindigkeit sich leeren sah. Sie saßen im Zwielicht mit untergeschlagenen Beinen auf der Veranda. Er aß, ohne auf gute Manieren zu achten, und beobachtete sie von der Seite. In ihrem zerlumpten Mantel saß sie da wie ein unförmiger Klotz, den bloßen Kopf tief über das Essen geneigt – das dichte schwarze Haar wie bei einem Bauernjungen zu einem Knoten gebunden, die Hände so mager, daß die Sehnen herausstanden und Schatten warfen, wenn sich die Finger bewegten, die Augen durch die dunklen Ringe noch dunkler, als sie ihn über den Schüsselrand hinweg ansah.
    »Ich hätte für uns kochen können«, sagte sie mit vollem Mund. »Ihr könntet hier oben gut etwas Hilfe gebrauchen, wißt Ihr. Der Reis ist zerkocht.«
    »Deinem Appetit hat es nicht geschadet.«
    »Aber er könnte besser sein. Morgen werde ich Euch zeigen, wie's zu machen ist.«
    »Und ich sage dir, daß es zwecklos ist. Du schläfst heute nacht auf der Veranda. Am Morgen werde ich dich zum Dorf hinunterbringen. Ich werde dafür sorgen, daß dich jemand aufnimmt.«
    Sie schüttelte den Kopf; eine langsame, entschlossene Bewegung.
    Er blickte sie finster an und dachte an seine Einsamkeit und seinen Seelenfrieden; und an die Nächte. Manchmal verfluchte er die Einsamkeit; aber er hatte feste Angewohnheiten: er stand jeden Morgen auf und versorgte das Pferd und den Garten; oder er jagte und besserte aus, was die Witterung beschädigt hatte, ohne sich um die Welt zu scheren. Er weigerte sich, Bedauern zu empfinden über den Hof von Chiyaden oder die feinen Kleider und die vielgerühmten Männer, die im Augenblick der Gefahr nichts weiter getan hatten, als sich in Sicherheit zu bringen.
    Bis dieses närrische Mädchen gekommen war, von Gerechtigkeit geredet und ihn in seiner Ruhe gestört hatte, um ihm nun mit ihren leidenschaftlichen dunklen Augen andere Annehmlichkeiten menschlicher Gesellschaft in Erinnerung zu rufen, denen er vor neun Jahren abgeschworen hatte, der ungewaschene dürre Streuner, der sie war. Er versprach ihr

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