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Der parfümierte Todeshauch

Der parfümierte Todeshauch

Titel: Der parfümierte Todeshauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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mich, durchwühlten wohl meine Taschen.
Gesprächsfetzen drangen an mein Ohr:
    «Ganz schön dreist, der Junge!»...
    «Werd ihm noch eins überbraten!»...
    «Bring ihn, um Himmels willen, aber nicht gleich
um!»...
    Man hob mich hoch. Ich schlug mit dem Kopf auf,
oder aber ich kriegte, wie angekündigt, noch einen Schlag verpaßt, einen
erstklassigen, der Vollständigkeit halber, damit eine Seite meines Hinterkopfs
nicht neidisch auf die andere sein konnte.
    Vielleicht aber träumte ich alles nur.
     
     
     
    Meine Gedanken prallten gegeneinander und
machten so einen Höllenlärm, daß ich irgendwann aufwachte. Ich versuchte mich
hochzurappeln. Ein stechender Schmerz durchzuckte mich von den Haar- bis zu den
Zehenspitzen. Ich fiel wieder der Länge nach hin, die Nase im Mutterboden und
den Kopf voller Glockengeläut.
    Ungefähr im Jahre 2000 gelang es mir, mich
mühsam hinzuknien. Da ich aber noch etwas weich im Rückgrat war, stützte ich
mich mit beiden Händen ab. Irgendwie schaffte ich es dann, mich hinzustellen
und gegen einen Baum zu lehnen. Auf meinen Schultern lastete die majestätische
Kraft aller Bäume rundherum. Ich feuerte mich mit einem gedämpften «Hepp!» an.
Kein Echo. Die Stille mit den tausend Geräuschen der Nacht hüllte mich ein wie
ein Handschuh. Er paßte mir gut.
    Ich durchsuchte meine Taschen. Keine Waffe mehr,
und auch kein Geld mehr in meiner Brieftasche. Also, wirklich! Eine milde
Nacht! Dieser verdammte Robert! ... Wieso Robert? Wenn ich nicht geträumt
hatte, dann war er nicht allein gewesen. Ich mußte es herauskriegen, später...
    Ich hatte meinen Baum verlassen, wie Georges
Brassens singt, und ging zwischen Baumstämmen hindurch... Der Stamm der Armen...
Stamm der Menschheit... le tronc, der Stamm... Jacques Dutronc, noch ein
Sänger... Verdammt, mir ging es gar nicht gut... Macht nichts, Nestor! Schimpf
nur, aber geh weiter! Fontainebleau, die Grande Armée, der Kaiser... Die
Bilder verblaßten. Schwankend kämpfte ich mich vorwärts. Das abschüssige
Gelände war mir eine große Hilfe. Niedrige Zweige oder hohe Büsche — unmöglich,
das zu unterscheiden — kitzelten mein Gesicht. Ich stolperte über eine
Baumwurzel, rutschte in eine Radspur... und stieß gegen einen Wagen, ohne
besonders überrascht zu sein — nach dem, was ich erlebt hatte! — und ohne zu
wissen, wie ich dorthin gelangt war.
    Das Fahrzeug war so massig, daß man es selbst in
der Dunkelheit des Waldes nicht übersehen konnte. Sah aus wie ein Oldtimer. Die
Scheinwerfer waren ausgeschaltet und der Motor kalt. Ich öffnete die Wagentür.
Das Innenlicht blendete meine schmerzenden Augen. Im Wagen saß niemand. Ich
rutschte auf den Fahrersitz und untersuchte das Handschuhfach. Es enthielt
allen möglichen Kram, darunter einen Schraubenschlüssel — einen «Engländer» — ,
den ich in meine zitternden Hände nahm, eine halbvolle Flasche Schnaps und
einen Briefumschlag, adressiert an einen gewissen Ballu, oder an jemand, der in
der Rue Ballu wohnte. Ich hatte weder einen klaren Kopf noch konnte ich
geradeaus sehen. Na ja, auch das würde ich später rauskriegen... Ich steckte
den Umschlag ein, legte die Flasche zurück ins Handschuhfach und stieg aus, den
Engländer in der Hand. Geräuschlos schloß ich die Wagentür, und als ich mir
gerade Gedanken über die Gestaltung meiner unmittelbaren Zukunft machte, hörte
ich einen Knall, der im Wald widerhallte.
    Ein Gewehrschuß!
     
     
     
    Ein Teil meiner Lebensgeister kehrte wieder. Ich
verharrte noch ein paar Sekunden bewegungslos und erwartete die Antwort auf den
Schuß. Sie kam nicht. Ich tastete mich vorwärts, wobei ich versuchte, den Weg,
den ich gekommen war, wieder zurückzugehen. So ungefähr Richtung Villa Mogador.
    Plötzliche Geräusche und Stimmen im Wald
veranlaßten mich stehenzubleiben. Auch mit dem Schraubenschlüssel in der Hand
fühlte ich mich den beiden Kerlen, die näher kamen, nicht gewachsen. Ich schlug
mich seitwärts ins dickste Dickicht. Vom Schein ihrer Taschenlampe geleitet,
gingen die beiden an mir vorbei, zum Greifen nahe. Zwei Schatten — mehr konnte
ich nicht erkennen — schnauzten sich gegenseitig an. Einer schimpfte:
    «Verdammt, der Flic! Wo ist der Flic?»
    Ich konnte nur das Ende der Antwort verstehen:
    «...soll sich mit seinem Chef rumschlagen!»
    «Gefällt mir gar nicht», knurrte der erste.
    «Frag mich, was dir überhaupt gefällt! Bist
nicht mal imstande...»
    Den Rest konnte ich nicht verstehen. Die

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