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Der parfümierte Todeshauch

Der parfümierte Todeshauch

Titel: Der parfümierte Todeshauch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Léo Malet
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mit Monsieur Durocher zu gehen.
     
     
     
    Monsieur Durocher war immer noch genauso massig,
Vater Buard dagegen noch hagerer. Das Heftpflaster auf seinem Hinterkopf rückte
seinen ausrasierten Geizhals ins rechte Licht.
    Als ich ins Allerheiligste trat, stürzte Buard
auf mich zu und drückte mir herzlich die Hand.
    «Mein lieber Freund!» rief er. «Ich weiß gar
nicht, wie ich mich bei Ihnen entschuldigen soll. Alles ist meine Schuld... Ich...
Ich...»
    Ich antwortete ihm, während ich bereits Monsieur
Durocher die Hand gab, daß es schon in Ordnung sei, daß ich selbst die Schuld
an dem Geschehenen trage, da ich mich in die Höhle des Löwen begeben hätte usw.
    «Es tut uns sehr leid», säuselte der Chef der Métropolitaine. «Aber setzen Sie sich doch, bitte.»
    Er ging mit gutem Beispiel, dem ich folgte,
voran. Buard blieb stehen.
    «Sie müssen wissen», fuhr Durocher fort, «daß
die Täter ihrer gerechten Strafe zugeführt werden. Die Polizei hat mir
diesbezüglich zugesichert, daß sie alle nötigen Schritte unternehmen werde. Sie
arbeitet im... verborgenen, wie Sie sicherlich bereits wissen...»
    «Ja. Gestern waren gleich zwei Kommissare bei
mir in der Klinik. Sie haben mir erklärt, daß es unter den gegebenen Umständen
wünschenswert sei —» (ich benutzte absichtlich ihren Jargon — , «kein Aufsehen
zu erregen.»
    «Genau. Wir waren sicher, daß Sie das verstehen
würden. Übrigens, wieviel haben die Schläger Ihnen abgenommen?»
    Ich nannte eine Phantasiesumme. Als
Schadensersatz, Wiedergutmachung, Reparationszahlung und Abfindung (vor allen
Dingen das!) stellte er sogleich einen Scheck für mich aus. Zu diesem Zweck
schob er die Zeitungen zur Seite, die seinen Schreibtisch überhäuften. Ich
entdeckte den Espion parisien, das weitreichende Erpressungsblatt des
schlitzohrigen Journalisten Saint-Genest. Für ihn hatte Durocher bestimmt
ebenfalls einen Scheck ausgestellt. Wenn er so weitermachte, würde er sich noch
einen Schreibkrampf zuziehen. Ich sah ihn den Füllfederhalter schwingen. Na ja,
«schwingen» ist übertrieben. Das war nicht mehr der entschlossene, tatkräftige
Mann; den ich bei unserer ersten Begegnung in ihm zu erkennen geglaubt hatte.
Irgend etwas mußte in der Zwischenzeit bei ihm schiefgelaufen sein. Ich stellte
mir das Gesicht vor, das er machen würde, wenn ich ihm das eine oder andere
erzählen würde!
    Die Havannas wurden verteilt, und dann
versuchten wir, eine fast weltmännische Unterhaltung in Gang zu bringen. Es
ging nämlich darum, das Gesicht zu wahren und mich glauben zu machen, daß man
mich nicht nur deshalb herbestellt hatte, um mich mit zusätzlichen und, nach
Meinung des Bankchefs, sicherlich überzeugenderen Argumenten als denen der
Flics ruhig zu stellen. So plauderten wir nett und vertrauensvoll daher. Ich
erfuhr — unter dem Siegel der Verschwiegenheit und neben anderen, unwichtigen
Kleinigkeiten — , daß Janine ihren Entführern nicht entwischt war, sondern daß
man Lösegeld gezahlt hatte. (Die Bestätigung dessen, was Faroux glaubte.)
«Unter den gegebenen Umständen» sei das die bei weitem beste Lösung gewesen.
Janine war nicht mißhandelt worden und erholte sich zur Zeit bei Freunden auf
dem Lande.
    Durocher und Buard quatschten mir abwechselnd die
Ohren voll. Während Durocher auf seinem breiten Sessel thronte, ging Buard
nervös im Zimmer auf und ab. Sei es, daß dieses Verhalten seinem Chef auf die
Nerven ging, sei es aus irgendeinem anderen Grund, jedenfalls fing ich einen
wenig liebenswürdigen Blick auf, den er seinem Untergebenen zuwarf. Es mußte
eine merkwürdige Aussprache zwischen den beiden «wirtschaftlich Schwachen»
stattgefunden haben. Unglücklich derjenige, den der rufschädigende Skandal
ereilt...
    Allem Anschein nach war Buard übel dran. Erstaunt
sah ich, daß er sich, wahrscheinlich von dem Umherwandern ermüdet, nicht in
einen Sessel fallenließ, sondern auf eine Sessellehne setzte, auf halbem
Hintern, wie ein selbstsicherer junger Mann, in einer leicht desinteressierten
Pose, die ziemlich lächerlich wirkte, grotesk. Erschien nicht mehr zu wissen,
wo er sich befand. Sein linkes Bein tippte mit der Fußspitze auf den Teppich,
das rechte baumelte in der Luft. Seine Hose bedeckte nur wenig Haut und
Knochen. Alles hing schlaff und lasch herunter. Ungefähr so wie in der Nacht,
als eben diese dürren Beine reglos unter dem umgekippten Bett hervorgeragt
hatten.
    Sein Chef bedachte ihn mit einem weiteren
mißbilligenden

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