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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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schwer über seine Schultern herab. Und gleich darauf war Morgen, und das Schrillen des Telefons drang an sein Ohr. Er tastete nach dem Hörer.
    »Sartaj Singh?« Eine herrische Männerstimme.
    »Ja?«
    »Wollen Sie Ganesh Gaitonde?«

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    Belagerung in Kailashpada

    » H ier kommen Sie nie rein«, tönte Gaitondes Stimme aus dem Lautsprecher, nachdem sie drei Stunden lang die Tür bearbeitet hatten. Zuerst hatten sie es mit einem Flachmeißel versucht, aber was aus der Entfernung wie braunes Holz ausgesehen hatte, entpuppte sich als lackiertes Metall, und obwohl es unter dem Meißel weiß wurde und wie eine Tempelglocke schrillte, gab das Schloß nicht nach. Dann hatten sie mit Werkzeug, das sie sich von Straßenarbeitern geliehen hatten, den Türsturz attackiert, doch auch als die Arbeiter selbst ihre Vorschlaghämmer schwangen, fachkundig und schwer atmend, ließ der Beton die Hiebe einfach abprallen, und der Sony-Lautsprecher neben der Tür lachte sie aus. »Ihr lebt hinterm Mond«, knisterte Gaitondes Stimme.
    »Wenn ich nicht reinkomme, kommen Sie auch nicht raus«, sagte Sartaj.
    »Wie bitte? Ich kann Sie nicht hören.«
    Sartaj ging die Stufen zur Tür hinauf. Das Gebäude war ein exakter Kubus, weiß mit grünen Fenstern, auf einem großen Grundstück in Kailashpada am erst teilweise erschlossenen Nordrand von Zone 13. Hierher, wo schweres Gerät in den sumpfigen Boden griff und Mumbai langsam weiter ins Umland vorschob, war Sartaj gekommen, um den großen Ganesh Gaitonde zu verhaften - Ganesh Gaitonde, Gangster, Boß der G-Company, mit allen Wassern gewaschener Überlebenskünstler.
    »Wie lange wollen Sie da drin bleiben?« fragte Sartaj, den Hals zur Sprechanlage hochgereckt. Das tiefe, runde Videoauge der Kamera über dem Eingang schwenkte hin und her und kam schließlich auf ihm zur Ruhe.
    »Sie sehen müde aus, Sartaj«, sagte Gaitonde.
    »Ich bin müde.«
    »Es ist sehr heiß heute.« Es klang mitfühlend. »Ich weiß nicht, wie ihr Sardars das unter eurem Turban aushaltet.«
    Zwei Sikh-Kommissare arbeiteten bei der Polizei, aber Sartaj war der einzige Sikh-Inspektor in der ganzen Stadt und daher daran gewöhnt, daß man ihn an Turban und Bart erkannte. Er war auch für den Schnitt seiner Hosen bekannt, die er in einer exklusiven Boutique in Bandra schneidern ließ, und für sein Profil, das die Zeitschrift Modern Woman einmal in ihrer Rubrik »Bombays bestaussehende Junggesellen« gezeigt hatte. Katekar dagegen hatte einen Bauch, der wie ein Koffer auf seinem Gürtel lagerte, ein quadratisches Gesicht und ungeheuer dicke Hände. Er kam um die Hausecke und blieb breitbeinig stehen, die Hände in den Hosentaschen. Er schüttelte den Kopf.
    »Wo wollen Sie hin, Sartaj?« fragte Gaitonde.
    »Ich hab was zu erledigen.« Sartaj und Katekar bogen um die Ecke, wo unter einem Ventilator eine Leiter an der Hauswand lehnte.
    »Das ist kein Ventilator«, sagte Katekar. »Der sieht nur so aus. Dahinter ist Beton. Mit den Fenstern ist es das gleiche. Was ist das für ein Haus, Sir?«
    »Ich weiß es nicht.« Es hatte etwas zutiefst Befriedigendes, daß ein plötzlich in Kailashpada emporgewachsener, uneinnehmbarer Kubus mit einer schwenkbaren schwarzen Videokamera über dem Eingang selbst Katekar aus der Fassung brachte, der in Bombay geboren war und einen überheblichen, Buleshwar-typischen Zynismus pflegte. »Ich weiß es nicht. Und Gaitonde hört sich ganz seltsam an. Traurig fast.«
    »Was ich so gehört habe, genießt er das Leben. Gutes Essen, jede Menge Frauen.«
    »Heute ist er traurig.«
    »Aber was macht er in Kailashpada?«
    Sartaj zuckte die Schultern. Der Gaitonde, von dem sie in Polizeiberichten und in der Presse gelesen hatten, amüsierte sich mit juwelenbehängten Starlets, griff Politikern finanziell unter die Arme, kaufte und verkaufte sie. Seine Tageseinnahmen aus Bombays diversen kriminellen Dhandas 164 , so erzählte man sich, waren höher als die Jahresumsätze mancher Aktiengesellschaften, und sein Name wurde dazu benutzt, Widerspenstige zur Räson zu bringen. Gaitonde-bhai 072 will es so, hieß es dann, und der Aufmüpfige kam zur Vernunft, alle Wege wurden geebnet, und es herrschte wieder Frieden. Doch Gaitonde hatte viele Jahre im Exil gelebt - Gerüchten zufolge auf einer vergoldeten Yacht vor der indonesischen Küste -, weit weg und doch nur einen Anruf entfernt. Genausogut hätte er sich nebenan aufhalten können oder, wie sich nun erstaunlicherweise herausstellte, im staubigen

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