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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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Sardar-ji«, entgegnete Gaitonde. »Den würde ich nicht mal zum Autowaschen einstellen. Aber als Polizist würde er sich gut machen.«
    »Allmählich reicht's mir, Gaitonde«, sagte Sartaj. Katekar stand angespannt da und schaute Sartaj finster an. Er wünschte, Sartaj würde Gaitonde verfluchen, ihm den Mund stopfen, ihm sagen, was für ein Bhenchod er sei und daß man ihn aufknüpfen und ihm einen Lathi in seinen dreckigen Gaand schieben würde. Doch Sartaj schien es absolut sinnlos - wenn auch für den Moment befriedigend -, einen Verrückten in einem uneinnehmbaren Kubus zu beschimpfen.
    Gaitonde lachte bitter. »Sind Sie beleidigt, Saab? Sollte ich mehr Respekt zeigen? Sollte ich von den staunenswerten Großtaten der Polizei sprechen, unserer edlen Beschützer, die im Dienst ihr Leben hingeben, ohne an ihren Vorteil zu denken?«
    »Gaitonde?«
    »Was ist?«
    »Ich komme gleich wieder. Ich muß etwas Kaltes trinken.«
    »Aber natürlich. Heiß draußen.« Es klang jovial, gutmütig.
    »Für Sie auch etwas? Ein Thums Up 631 ?«
    »Ich habe hier einen Kühlschrank, Chikniya. Daß Sie so hellhäutig sind und wie ein Filmstar aussehen, heißt noch lange nicht, daß Sie besonders schlau sind. Na los, holen Sie sich was.«
    »Ja. Ich komme gleich wieder.«
    »Was sollten Sie sonst auch tun, Sardar-ji? Gehen Sie, gehen Sie.«
    Sartaj ging die Straße hinunter, und Katekar schloß sich ihm an. Der rissige schwarze Asphalt war aufgeweicht und flimmerte in der Hitze. Die Straße hatte sich geleert. Schüsse und Explosionen waren ausgeblieben, und den Schaulustigen war langweilig geworden, außerdem war Mittagszeit, und sie hatten Hunger bekommen. Zwischen Bhagwan Tailors und Trimurti Music fanden Sartaj und Katekar ein Lokal, das sich ganz ungeniert Best Cafe nannte, mit Tischen unter einem Neem-Baum 453 und ratternden Bodenventilatoren. Sartaj sog gierig an einer Cola, und Katekar trank einen nur leicht gesüßten, frischen Limonensaft mit Soda. Er wollte abnehmen. Von ihrem Platz aus konnten sie Gaitondes weißen Bunker sehen. Warum war Gaitonde wieder in der Stadt? Wer war der Informant, der ihn an Sartaj verraten hatte? Doch das waren Fragen für später. Erst müssen wir den Mann haben, dachte Sartaj, dann zerbrechen wir uns den Kopf über das Wie, Wann und Warum. Er nahm noch einen Schluck.
    »Jagen wir ihn in die Luft«, sagte Katekar.
    »Womit? Außerdem geht er dabei garantiert drauf.«
    Katekar grinste. »Ja, Sir. Na und?«
    »Und was würden die Jungs vom Geheimdienst dazu sagen?«
    »Entschuldigung, Sahib, aber die Jungs vom Geheimdienst, das sind fast alles nichtsnutzige Bhadwas. Warum haben die nichts davon gewußt, daß Gaitonde das Ding hier baut?«
    »Das war wohl ein bißchen zu geheim für sie.« Sartaj lehnte sich zurück und reckte sich. »Meinen Sie, wir können irgendwo einen Bulldozer auftreiben?«

    Sartaj ließ einen Metallstuhl an den Eingang des Bunkers bringen, setzte sich und tupfte sich mit einem kalten nassen Handtuch das Gesicht. Er wurde schläfrig. Die Videokamera stand still.
    »He, Gaitonde!« rief Sartaj. »Sind Sie da?«
    Die Kamera schwenkte mit einem leisen Summen blind hin und her, dann fand sie Sartaj.
    »Ja«, sagte Gaitonde. »Haben Sie Ihren Durst gelöscht? Soll ich Ihnen was zu essen bringen lassen?«
    Diesen großspurigen Ton mußte Gaitonde Filmschauspielern abgelauscht haben, dachte Sartaj - Prithviraj Kapoor 498 im Hausrock, großherzig gegen die Armen. »Nein, danke. Wollen Sie sich nicht selbst etwas bestellen?«
    »Ich mag nichts essen.«
    »Sie sitzen lieber mit knurrendem Magen da?« Sartaj versuchte abzuschätzen, ob die Chance bestand, Gaitonde auszuhungern, aber dann fiel ihm Gandhi-ji ein, der wochenlang nur von Wasser und Saft gelebt hatte. Der Bulldozer würde in einer, maximal anderthalb Stunden da sein.
    »Ich habe jede Menge Lebensmittel hier«, sagte Gaitonde, »das reicht für Monate. Und es ist nicht das erste Mal, daß ich Hunger habe. Größeren Hunger, als Sie sich vorstellen können.«
    »Hören Sie, es ist einfach zu heiß hier draußen. Kommen Sie raus, dann können Sie mir auf dem Revier in Ruhe erzählen, wie groß Ihr Hunger schon mal war.«
    »Ich kann nicht rauskommen.«
    »Ich passe auf Sie auf, Gaitonde. Ich weiß, daß alle möglichen Leute Sie umbringen wollen. Aber es besteht keine Gefahr, das garantiere ich Ihnen. Es wird hier keine Schießerei geben. Sie kommen jetzt raus, und in sechs Minuten sind wir auf dem Revier. Dort sind Sie

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