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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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ist eine Farce, die mir überhaupt nicht gefällt. Wir sind uns nie persönlich begegnet, aber wir haben den ganzen Nachmittag miteinander geredet. Seien wir Gentlemen. Das hier muß doch nicht sein. Kommen Sie einfach raus, und wir fahren zum Revier.«
    »Das werde ich nicht tun«, sagte Gaitonde.
    »Hören Sie auf. Hören Sie auf, den Filmi-Bösewicht zu spielen, das haben Sie nicht nötig. Das hier ist kein Spiel für kleine Jungs.«
    »Es ist ein Spiel, mein Freund«, gab Gaitonde zurück. »Es ist nur ein Spiel, ein Lila 374 .«
    Sartaj wandte sich von der Tür ab. Er lechzte nach einer Tasse Tee. »Okay. Wie ist Ihr Name?« fragte er den Fahrer des Bulldozers, der an der riesigen Raupenkette lehnte.
    »Bashir Ali.«
    »Sie wissen, was zu tun ist?«
    Bashir Ali drehte seine blaue Mütze in den Händen.
    »Die Verantwortung übernehme ich, Bashir Ali. Ich erteile Ihnen hiermit einen Auftrag in meiner Eigenschaft als Polizei-Inspektor. Sie brauchen sich also keine Sorgen zu machen. Wir brechen die Tür auf.«
    Bashir Ali räusperte sich. »Aber da ist Gaitonde drin, Inspektor-saab«, sagte er zögernd.
    Sartaj faßte ihn am Ellbogen und führte ihn zum Eingang.
    »Gaitonde?«
    »Ja, Sardar-ji?«
    »Hier ist Bashir Ali, der Fahrer des Bulldozers. Er traut sich nicht, uns zu helfen. Er hat Angst vor Ihnen.«
    »Bashir Ali«, sagte Gaitonde. Er sprach wie ein Kaiser, im vollen Bewußtsein seiner Großmut.
    Bashir Ali hielt den Blick auf die Tür gerichtet, doch dann zeigte Sartaj auf die Videokamera, und Ali sah blinzelnd zu ihr auf. »Ja, Gaitonde-bhai?« sagte er.
    »Keine Sorge. Ich werde Ihnen nicht verzeihen.« Bashir Ali erbleichte. »Weil es nichts zu verzeihen gibt. Wir sitzen beide in der Falle, ich hier drin, Sie da draußen. Tun Sie, was man Ihnen sagt, bringen Sie's hinter sich, und gehen Sie nach Hause zu Ihren Kindern. Ihnen wird nichts passieren. Jetzt nicht und auch später nicht. Ich gebe Ihnen mein Wort.« Eine Pause trat ein. »Ganesh Gaitondes Wort.«
    Bis Bashir Ali wieder auf seinen Bulldozer geklettert war, schien er begriffen zu haben, daß er der Star der Szene war. Schwungvoll setzte er seine Mütze auf, den Schild nach hinten. Der Motor grunzte und fiel dann in ein gleichmäßiges Dröhnen. Sartaj beugte sich nahe zu dem Lautsprecher. Sein Kopf pochte vor Hitze und Schmerz, vom Nacken bis zur linken Schläfe.
    »Gaitonde?«
    »Sprechen Sie, Sardar-ji, ich höre.«
    »Machen Sie doch einfach die Tür auf.«
    »Sie wollen, daß ich einfach die Tür aufmache? Ich weiß, Sardar-ji, ich weiß.«
    »Was wissen Sie?«
    »Ich weiß, was Sie wollen. Sie wollen, daß ich einfach die Tür aufmache. Dann wollen Sie mich festnehmen und aufs Revier bringen. Sie wollen als Held in der Zeitung stehen. Sie wollen eine Beförderung. Zwei Beförderungen. Und insgeheim wollen Sie sogar noch mehr. Sie wollen reich werden. Sie wollen ein indischer Nationalheld werden. Sie wollen, daß Ihnen der Präsident am Tag der Republik einen Orden verleiht. Sie wollen, daß der Orden in seiner ganzen Farbenpracht im Fernsehen gezeigt wird. Sie wollen mit Filmstars gesehen werden.«
    »Gaitonde ...«
    »Aber wissen Sie, das alles habe ich gehabt. Und ich werde Sie besiegen. Auch noch in diesem letzten Spiel werde ich Sie besiegen.«
    »Und wie? Haben Sie ein paar von Ihren Leuten da drin?«
    »Nein. Keinen einzigen. Ich hab doch gesagt, ich bin allein.«
    »Gibt es einen Tunnel? Und darin versteckt einen Hubschrauber?«
    Gaitonde lachte leise. »Nein, nein.«
    »Was dann? Haben Sie ein Arsenal Bofors-Gewehre?«
    »Nein. Aber ich werde Sie besiegen.«
    Der Bulldozer flimmerte auf der schwarzen Straße, flankiert von grimmig blickenden Polizisten. Ihre Alternativen schwanden zusehends, alles führte sie unausweichlich zu der Stahltür hin. Sie waren entschlossen und zugleich hilflos und voller Angst.
    »Gaitonde«, sagte Sartaj und rieb sich die Augen. »Letzte Chance. Kommen Sie, Yaar. Das ist doch wirklich dumm.«
    »Ich kann nicht. Tut mir leid.«
    »Gut. Dann bleiben Sie von der Tür weg, wenn wir reinkommen. Und nehmen Sie die Hände hoch.«
    »Keine Sorge, ich bin nicht in Gefahr.«
    Sartaj straffte sich, wandte sich von der Tür ab und kontrollierte seinen Revolver. Er drehte die Trommel - die gelben Patronen saßen dick und rund im Metall. Die Hitze drang durch die Sohlen in seine Füße.
    Plötzlich erwachte der Lautsprecher wieder zum Leben. »Sie haben mich Yaar genannt, Sartaj, also werde ich Ihnen etwas sagen. Ob

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