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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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über die wir nichts wissen. Zieh Erkundigungen ein.«
    »Mach ich, Bhai.«
    »Sei vorsichtig. Sie dürfen nichts merken. Laß dir ruhig Zeit. Hauptsache, du findest etwas heraus.«
    »Verstanden, Bhai.«
    Ich hielt meinen Mittagsschlaf. Kurz nachdem ich wieder aufgewacht war, brachten meine Jungs den Schrein und den Fernseher herein. Den Schrein mußten sie zu acht tragen. Er war aus Marmor und hatte ein spezielles Granitfundament, das dem Gewicht standhielt. Dazu gehörte eine anmutige Statue des flötespielenden Krishna mit einem goldenen Dhoti, das sich hinter ihm bauschte. Er stand auf den Fußballen, mit gekreuzten Beinen. Er tanzte. Die Jungs stellten unter dem fröhlichen Stimmengewirr der anderen Gefangenen Krishnas Schrein auf und plazierten Krishna hinein. Dann setzten wir uns alle zu unserer ersten Puja nieder. Meetu und Dipu sangen ein Bhajan. Date malte mir ein großes Tikka auf die Stirn, und Kataruka hatte eine Girlande für mich zur Hand. Ich nahm die Girlande und legte sie Krishna zu Füßen.
    Dann schalteteten wir den Fernseher ein. Ich saß auf dem Ehrenplatz direkt vor dem Gerät, das genau in der Mitte des Raums auf einem hohen Sockel stand. Die gesamte Baracke setzte sich in einem großen Halbrund hinter mich, meine Jungs in der ersten Reihe. Mit perfektem Timing begann gerade auf Zee TV der Film Deewar. Es wurde nicht herumdiskutiert, wir schauten ihn uns an. Jeder in der Baracke hatte den Film bereits gesehen, doch es war mucksmäuschenstill, außer als Amitabhs Bruder, der Inspektor, sagte: »Ich habe Ma bei mir«, diesen Satz sprach die ganze Baracke mit. Der Film dauerte über die Abendessenszeit hinaus, doch eine kurze Unterredung mit meinem neuen Freund Advani schaffte dieses Problem aus der Welt: Das Abendessen wurde ausnahmsweise, nur an diesem einen Tag, verschoben. An diesem Tag waren wir alle ein Herz und eine Seele.
    So widmete ich mich der Verbesserung der Haftbedingungen und der Leitung meiner Company. Die Gaandus vom zuständigen Gericht wiesen meinen Antrag auf Freilassung gegen Kaution immer wieder ab, und meine Anwälte stellten ihn immer wieder aufs neue. Ich mußte also weiter im Raj des TADA schmachten. Eines Morgens kam Date mit finsterer Miene zu mir.
    »Diese verdammten Landyas«, sagte er.
    »Was?«
    »Anscheinend beschweren sie sich über den Schrein und den Fernseher.«
    »Beschweren? Inwiefern?«
    »Es heißt, Sie würden den Hindu-Don spielen, einen großen Schrein aufstellen und der Baracke einen Fernseher schenken, nur um jeden Morgen Bhajans laufen zu lassen.«
    »Als sie sich gestern abend die Wiederholung von Deewar angeguckt haben, habe ich keine Beschwerden gehört.«
    »Doch, ein paar haben sich beklagt. Sie mögen den Film und Amitabh auch. Aber sie behaupten, daß die Geschichte eigentlich von Haji Mastan handelt, der im Film aber zu Vijay werden mußte, weil ein Film über einen muslimischen Don in der Filmindustrie nicht möglich ist.«
    »Es ist also die Schuld des Produzenten, daß er sich um das Geld sorgen muß, das er in die Stars investiert? Bezahlen ihn diese Dreckskerle denn aus ihrer eigenen Tasche, wenn der Film die Kosten nicht einspielt?«
    »So sind die Moslems eben, Bhai. Undankbare Arschlöcher. Wenn Sie etwas für die Hindus tun, denken die Landyas immer, es wäre gegen sie gerichtet.«
    Ich war verärgert, doch zugleich überlegte ich. Man kann das Denken von Menschen nicht ändern, indem man sie verprügelt, und hier ging es um eine Glaubensfrage. Und auch nach den Bombenexplosionen und den Krawallen hatte ich noch Moslems unter meinen Jungs, schließlich war ich ein weltlicher Don. Date schimpfte leise vor sich hin. »Bring in Erfahrung, was sie brauchen«, sagte ich. »Vielleicht brauchen sie ein paar Exemplare des Koran oder so was. Wir sollten etwas für sie tun.«
    »Ich sag Ihnen doch, Bhai, die werden sich nicht ändern. Die meckern und meckern und meckern.«
    »Tu es einfach.«
    Er ging, die Schultern angespannt und den Kopf gesenkt wie ein Bulle. Um halb zehn rief Bunty mit weiterem Ärger an. Er war wütend auf Jojo.
    »Bhai«, sagte er, »dieser elenden Jojo gehört ein ordentlicher Denkzettel verpaßt.«
    »Was hat sie denn getan?«
    »Sie macht mir schon seit Wochen Ärger. Sie will kein Mädchen zu Advani ins Gefängnis schicken. Und sie läßt auch nicht über Preise mit sich verhandeln. Aber es ist ihre ganze Einstellung, Bhai. Sie führt sich auf wie der große Boß, sie hat vor niemandem Angst. ›Wenn Sie nicht mit

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