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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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der große Wohltäter der Armen. Sie geben wie ein König. Ich muß jetzt aufhören, ich habe zu tun. Ich werde mich mit Ihrem Bunty in Verbindung setzen.«
    Und weg war sie. Sie war wahnsinnig und machte einen wahnsinnig. Aber sie war eine gute Geschäftsfrau - sie besorgte uns eine abgehalfterte Schauspielerin, die ab und zu im Fernsehen auftrat, eine gewisse Apsara. Diese Apsara war mal ein Vamp gewesen, hatte in ein paar Filmen mit Rajesh Khanna mitgespielt, als es mit seiner Karriere bergab ging und er auszusehen begann wie ein fetter Gurkha. Apsara hatte eins dieser Gesichter, an das man sich erinnerte, ohne einen Namen damit in Verbindung bringen zu können. »Dafür soll ich fünfzigtausend bezahlen?« beschwerte ich mich bei Jojo. Sie hatte alles mit Bunty geregelt, aber ich hatte sie angerufen, um noch mal wegen des Preises zu verhandeln. Es war zugegebenermaßen ein Vorwand. Ich wollte einfach mit ihr reden. Ich sagte: »Beschaffen Sie uns wenigstens einen echten Star von damals. Zeenat Aman 682 oder so jemanden.«
    »Das ist das Problem mit euch Männern, Gaitonde. Ihr bildet euch ein, daß jede berühmte Frau insgeheim käuflich ist. Von damals? Wie wär's mit Indira Gandhi?«
    »Wie bitte? Das sagen Sie zu mir? Sie wollen mit dieser Frau ein Geschäft machen, und dann behaupten Sie, ich habe ein Problem, weil ich Frauen für käuflich halte?«
    »Dieses ganze Geschäft findet nur statt, weil Männer sich etwas vorgaukeln. Die arme Apsara. Sie braucht das Geld.«
    Die arme Apsara entpuppte sich als Trinkerin, aber eine fröhliche. Wir arrangierten alles: Am folgenden Samstagnachmittag kam Advani ins Juhu Centaur, wo er einen unserer Jungs traf, der unter dem Namen Mehboob Khan eine Suite angemietet hatte. Advani nahm in der Suite einen Drink, mein Junge gab ihm einen braunen Umschlag mit fünf Lakh und ließ ihn dann allein. Eine Tür ging auf, und Apsara schwebte herein, in einer weißen Garara 213 , ganz à la Meena Kumari. Sie war füllig geworden, doch ihre Haut war immer noch hell und schimmernd, und Advani muß sich im Himmel gewähnt haben. Sie bat um einen Drink, und dann sang sie für ihn. Er beteuerte, ihr größter Fan zu sein. Sie spielte ihm Filmszenen vor, und er übernahm die Rolle von Rajesh Khanna in jener Szene aus Phulon ki Rani 490 , in der sie, der Vamp, sich vor dem Millionärs-Playboy in die Schußbahn wirft, weil sie ihn so sehr liebt. Advani kannte den Dialog komplett auswendig.
    Am nächsten Tag rief Jojo mich an. Ich konnte gar nicht mehr aufhören zu lachen. »Sie haben füreinander geschauspielert?« fragte ich. »Und dann? Hat er überhaupt was gemacht?«
    »Apsara hat gesagt, für einen so alten und mageren Burschen hätte er ganz schön viel Kraft. Ich glaube, sie mag ihn.«
    »Sie hat ihn für Rajesh Khanna gehalten, die besoffene Alte. Frauen sind einfach verrückt.«
    »Genauso verrückt wie Männer.«
    Nach und nach war das Telefonieren mit Jojo zur täglichen Gewohnheit geworden: Zuerst war ich es gewesen, der sie anrief, meist vormittags, im Anschluß an mein allmorgendliches Telefonat mit Bunty. Einmal rief ich sie dann nicht an, weil ich zu Gericht mußte, und als ich zurückkam, legte ich mich ein bißchen hin, bis das Klingeln des Telefons mich weckte.
    »Wo waren Sie, Gaitonde?« Es war Jojo. Wir plauderten. Und wir lachten. Nach Apsara machten wir noch mehrere Deals - Advani brauchte weitere Äpfelchen, und gewisse Anwälte, Polizisten und Richter ebenso. Doch das Geschäftliche machte nur einen Bruchteil unserer Gespräche aus. Wir unterhielten uns über Gott und die Welt.
    Dreizehn Monate verstrichen.
    Dreizehn Monate können einfach so verstreichen. Die Tage glitten ineinander. Ich wurde zum Gericht gefahren, ich kümmerte mich um meine Company. Manches änderte sich, manches blieb gleich. Wir sorgten dafür, daß die Anklage gegen Dipu und Meetu fallengelassen wurde. Date wurde ins Gefängnis von Nashik verlegt, wo er den Rest seiner Strafe absitzen sollte. Kataruka wurde entlassen. Bunty wurde festgenommen, kam in die Baracke. Die Besetzung der Kinderbaracke veränderte sich, und ich bekam eine neue Mumtaz. Bunty wurde entlassen. Unser Krieg gegen Suleiman Isa ging weiter. Die Regierung in Maharashtra wechselte, die Regierung in Delhi wechselte. Ich vermittelte und entschied bei Streitigkeiten im Gefängnis. In der Baracke mußte ich ein Komitee zur Regulierung des Fernsehens einsetzen, denn angesichts der von Mahabharata und Ramayana ausgefüllten

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