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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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diesem Punkt sehr strikt gewesen.
    Drei Jungen betraten die Dhaba, gefolgt von Jayanth. Sie gingen an Kamble vorbei, und Sartaj nickte Jayanth zu. »Setzt euch«, sagte er.
    Die Chokras setzten sich dicht nebeneinander ihm gegenüber, der Kleinste als letzter. Er griff nach einem Löffel und begann ihn zu drehen, wieder und wieder. Jayanth schob sich neben Sartaj in die Nische und stellte ihm die Jungen von links nach rechts vor: Ramu, Tej, Jatin. Das ist Singh-saab, von dem ich euch erzählt habe.«
    »Worum geht's?« fragte Ramu, der Alteste und offensichtlich der Anführer. Er trug ein schwarzes T-Shirt mit silbernen Sternen darauf, nicht das rote, in dem Jayanth ihn gesehen hatte. Er war so mager wie die beiden anderen, seine Haut war von der gleichen Schmutzschicht überzogen, seine Haare wie ihre steif von Staub, aber er wirkte souverän und blickte Sartaj aus seinen schwarzen Augen gerade an. Er hatte keine Angst, er war nur mißtrauisch. Sartaj hätte ihn ohne weiteres als Kurier angeheuert.
    »Eine Cola?« fragte Sartaj. »Was zu essen?« Ramu schüttelte den Kopf. Die beiden anderen taten es ihm schweigend nach, aber Sartaj spürte ihren Hunger wie Hitzeflimmern über der Tischplatte. Er hob die Hand. »He!« rief er. »Vier Cola und drei mal Chicken biryani. Schnell.«
    Ramu gefiel diese Verzögerung nicht, aber Reißaus nehmen wollte er dennoch nicht. Er schwieg weiter, und wieder taten es ihm Tej und Jatin gleich. Sie waren zwölf, dreizehn Jahre alt, rauhe Burschen voller frühreifer Klugheit. Tej hatte eine Narbe, die über seinen Hals bis in die Haare hinauflief. Kaum standen die Teller vor ihnen, machten sie sich über die Reis- und Hühnerfleischberge her. Jatin, der Kleinste, aß genauso schnell wie die anderen, drehte aber zugleich sein Wasserglas, das ihn zu faszinieren schien, zwischen den Bissen schnell im Kreis, ohne auch nur ein einziges Mal aufzuschauen. Über ihre Köpfe hinweg tippte Kamble auf seine Uhr. Er mußte zu seiner Hochzeit.
    Ramu drehte sich um. »Wer ist das?« Er hatte Sartajs Blick aufgefangen. Als er sich wieder Sartaj zuwandte, sah dieser den schwarzen Zahn. Beachtlich, daß Kamala Pandey diesen Schönheitsfehler bemerkt hatte, obwohl sie Ramu nur wenige Sekunden gesehen hatte. Ja, Kamala war ein schlaues Mädchen, immerhin hatte sie vor der Nase ihres Mannes eine Affäre laufen. Ramu hielt einen Hähnchenschlegel in der Hand und wirkte sehr nervös.
    »Ein Freund von mir«, sagte Sartaj.
    »Warum sitzt er nicht bei uns am Tisch?«
    »Dem gefällt es da besser. Hör zu, Ramu. Weißt du, wer ich bin?«
    Ramu legte den Schlegel weg.
    »Saab hat dich was gefragt«, sagte Jayanth. Er hatte seine Cola ausgetrunken und tupfte sich mit einem sauberen weißen Taschentuch die Mundwinkel. »Ob du weißt, wer Saab ist.«
    Ramu und Tej vergaßen ihr Essen und sahen Sartaj aus großen Augen prüfend an. Ramu schaute erneut über die Schulter zurück. Kamble saß jetzt hinter ihm, den Arm auf der Rückwand der Nische.
    »Bhenchod«, sagte Ramu zu Jayanth mit einer Stimme voller Härte und Bitterkeit. »Du hast uns zur Polizei gebracht, du altes Arschloch. Aber wir sprechen uns noch, Bhenchod, und dann kannst du was erleben!«
    »Eßt weiter«, sagte Sartaj. »Niemand will euch was tun.«
    Ramu wollte die Flucht ergreifen, aber Kamble legte ihm die Hand auf die Schulter und drückte sie sanft. »Hört auf Saab«, sagte er. »Eßt.«
    Tej und Jatin warteten auf Anweisungen ihres Anführers. Ramu nahm die Ellbogen vom Tisch und lehnte sich mit zusammengebissenen Zähnen zurück. Ein störrischer Junge. Sartaj mochte ihn.
    »Okay«, sagte er. »Wie wär's mit einem Deal?« Er legte einen Fünfzig-Rupien-Schein auf den Tisch und strich ihn glatt. »Der gehört dir, wenn du mir zuhörst. Ich bin nicht daran interessiert, dir Ärger zu machen. Ich bring dich nicht ins Jugendgefängnis. Ich will nur ein paar Informationen von dir. Ich werde dich zu nichts zwingen. Ich geb dir jetzt das Geld, und du hörst mir einfach zu. Klar?«
    Sartaj schob die fünfzig Rupien über den Tisch. Ramu verharrte noch eine Weile in kalter Feindseligkeit, dann nahm er den Schein. Er inspizierte ihn, hielt ihn gegen das Licht, drehte ihn um. Kamble grinste breit. Schließlich steckte Ramu das Geld ein. »Reden Sie«, sagte er.
    Sartaj stieß leicht gegen Ramus Teller. »Immer mit der Ruhe, entspann dich erst mal. Ich hab keinen Grund, dich zu schikanieren. Los, dein Hähnchen wird kalt.« Ramu nickte, und die beiden

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