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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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es aufgemacht und mir das Päckchen gegeben.«
    »Hast du irgendwas gesagt?«
    »Ja, ›Geben Sie mir das Päckchen‹. Die Männer hatten sie auf dem Handy angerufen, und sie hat schon auf mich gewartet.«
    »Und dann hast du den Männern das Päckchen gebracht?«
    »Ja. Der eine hat noch mit seinem Handy telefoniert, und dann sind sie weg. Bas, das war's.«
    »Hast du sie noch mal wiedergesehen?«
    »Nein.«
    »Wie haben sie ausgesehen?«
    »Ganz normal.«
    »Deine Information ist das Geld nicht wert, Ramu. Los, versuch's noch mal.«
    »Mehr gibt's nicht. Sie hatten Hemd und Hose an. Bas, was soll ich noch sagen?«
    »Was Brauchbares, Ramu, was Brauchbares. Wie groß waren sie?«
    »Nicht so groß wie Sie. Eher wie der.« Ramu zeigte mit dem Daumen auf Jayanth.
    Mehr wußte Ramu nicht. »Tej, ist dir irgendwas aufgefallen?« fragte Sartaj.
    Tej zuckte die Schultern. »Nein, die waren so, wie Ramu gesagt hat.«
    »Sag trotzdem: Was hast du gesehen?«
    Doch Tejs Befragung ergab dasselbe vage Bild zweier normaler Männer in normaler Kleidung. Jatin, der Kleinste, hatte bisher geschwiegen. Mit gesenktem Blick drehte er sein Glas.
    »Jatin, erzähl du auch mal. Wie haben die Männer ausgesehen?«
    »Die hatten beide schwarze Jeans an«, sagte Jatin. Kamble beugte sich blinzelnd über die Rückwand der Nische, um Jatin besser sehen zu können. Und Jatin fuhr unbeirrbar fort: »Der eine war ein halber Glatzkopf. Der mit dem Handy.« Jatin tippte sich an die Stirn. Er redete, ohne aufzuschauen, mit ruhiger, leiser Stimme. »Jeans« sprach er »Dschinns« aus, aber er war sich sehr sicher, was die beiden Männer betraf.
    »Sehr gut«, sagte Sartaj. »Und dieser Glatzkopf, was für ein Hemd hatte der an?«
    »Ein weißes T-Shirt. Und der andere, der hatte ein langärmeliges blaues Hemd an.«
    Jatin hatte knochige Schultern und ein unterernährtes kleines Mausgesicht. Er neigte beim Sprechen den Kopf zu Sartajs Brusttasche hin, und Sartaj fing seinen unsteten Blick auf. Jatin sah seinem Gegenüber nicht in die Augen, und deswegen bemerkte man ihn kaum. Sartaj nahm eine Papierserviette und begann sie zu falten, immer noch kleiner, den Blick darauf gesenkt. »Okay, Jatin«, sagte er. »Was hast du noch bemerkt?«
    Jatin wurde ängstlich. Er wandte den Kopf ab und drehte die Arme ineinander. Doch Ramu mit seinen Scheinen in der Tasche zeigte sich großmütig. »He, Jatin«, sagte er. »Wenn du noch was weißt, dann sag's. Das geht schon in Ordnung.« Und an Sartaj gewandt, fügte er mit einem kurzen Kreisen des Zeigefingers an der Schläfe hinzu: »So ist der immer. Aber er vergißt nichts.«
    Sartaj löste die Serviette und faltete sie von neuem. »Hatten die Männer ein Auto, Jatin? Wie sind sie gekommen?«
    »Das haben wir nicht gesehen«, antwortete Ramu an seiner Stelle. »Aber wie Leute, die ein Auto haben, sahen die nicht aus. Vielleicht sind sie mit dem Bus gekommen.«
    Kamble warf Sartaj einen Blick zu und schüttelte den Kopf. Jayanth schaute jetzt skeptisch drein, nicht mehr ganz so enthusiastisch, was die Möglichkeiten erfolgreicher Aufklärung betraf. Sartaj spürte die Enttäuschung ebenfalls: Vielleicht war aus den Jungen nicht mehr herauszuholen. Vielleicht war das Ganze eine Sackgasse. »Haben sie irgendwas dabeigehabt, Jatin?« fragte er. »Ein Buch, eine Zeitung?«
    Ramu schüttelte geduldig den Kopf. »Ich sag ja, dem sein Gehirn ist besoffen.« Mit schräggelegtem Kopf ahmte er Jatins Haltung übertrieben nach. Tej kicherte. Jatin saß ganz still da.
    »Na, gut«, sagte Sartaj. »Möchtest du ein Faluda, Jatin?«
    Kamble hob die Hand. »Ich geh dann«, sagte er. »Okay, Boß?«
    »Ja. Wir sehen uns morgen auf dem Revier.« Sartaj winkte einen Kellner heran. »Drei Royal Faludas für uns, schnell.«
    Jatin faßte über den Tisch und nahm eine Papierserviette. Kamble schob sich aus seiner Nische heraus, ging zur Tür und drückte dabei die Tasten seines Handys. Jatin faltete die Serviette.
    »Piep-piiiep-piiiep-piep«, sagte er. Die Serviette war jetzt ein Dreieck.
    »Was?« fragte Sartaj.
    »Piep-piiiep-piiiep-piep- piep .« Jatin stellte das Dreieck aufrecht hin. Es blieb stehen.
    Ramu faßte hinter Tej vorbei und gab Jatin einen Klaps auf den Hinterkopf. »Er ist mein Bruder, aber er ist ein Yeda.«
    Jatin begann die nächste Serviette zu falten. »Piep-piiiep-piiiep-piep- piep -pap.«
    Sartaj beobachtete Jatins Finger. Das erste Dreieck stand wunderbarerweise noch immer. »Kamble!« rief Sartaj so laut,

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