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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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Feinde.«
    »Ich will Sie nicht in Gefahr bringen, Guru-ji.«
    »Ich verstehe. Und ich stimme dir zu. Aber diese Tage hier sind notwendig.« Er nagte an einem weiteren Karottenstück. »Hast du irgendeine Vorstellung, worin deine Initiation bestehen könnte, Ganesh? Was wir tun werden?«
    »Irgendeine Puja. Ein geheimes Mantra. Ein Ritual.«
    Er grinste wieder. »Ein Ritual mit einem Menschenopfer? Ein Baby, das auf dem Altar irgendeiner fürchterlichen Göttin getötet wird?«
    »Wenn es denn nötig ist ...«
    Er warf die Hände in die Luft. »Are, sei still, Ganesh. Nein, nichts dergleichen. Rituale sind sehr wirkungsvoll, aber du hast schon ein Ritual mit mir vollzogen. Du hast mich bei dem Opfer begleitet. Nein, was du jetzt brauchst, ist kein Ritual. Weißt du, worin deine Initiation besteht? Bitte schön: Diese letzten fünf Tage waren deine Initiation.«
    »Guru-ji?«
    »Du hast hier gesessen und mir von dir erzählt. Du hast mir alles von dir gegeben. Du hast mir Dinge erzählt, die du nie zuvor jemandem gestanden hast.«
    Er hatte recht. Ich hatte ihm von meiner Angst vor Pistolenkugeln erzählt, von meinem Verlangen nach Frauen, von dem Gold, mit dem ich meine Laufbahn begonnen hatte, von allem außer meiner Arbeit für Mr. Kumar. Das war ein anderes Ich, und dieses Ich konnte ich Guru-ji nicht geben.

    Am nächsten Tag verließ ich Singapur. Auf dem Weg zum Flughafen traf ich mich ein letztes Mal mit Guru-ji, nur für fünf Minuten. Auch er war im Begriff zu verreisen, diesmal nach Südafrika. Wir trafen uns in der Küche eines Konferenzzentrums, wo er vor einer Gruppe von Hindu-Historikern einen Vortrag hielt. Ich berührte seine Füße. »Ich fühle mich leicht, Guru-ji«, sagte ich. »Ich fühle mich, als wäre ein Vorhang aufgezogen worden. Oder ein Fenster geöffnet.«
    Er war stolz auf mich, strahlte eine ruhige, innere Freude aus. Allein mich zu sehen stimmte ihn froh. »Ich weiß«, sagte er. »Du bist wirklich ein Vira 662 . Nichts erfordert soviel Mut wie die Reise nach innen. Und du bist wahrhaft furchtlos gewesen. Jetzt bist du bereit, den nächsten Schritt zu tun.«
    Er hatte einen Plan, das merkte ich. Auch ich kannte ihn jetzt besser. Es war eine Folge des Darshan. Wir hatten jeder in den anderen hineingeschaut. »Den nächsten Schritt? Wohin, Guru-ji?«
    »Dieses Mädchen.«
    »Was für ein Mädchen?«
    »Schon vergessen? Das Mädchen, von dem du mir erzählt hast - du hast mir ihre Geburtsdetails geschickt.«
    »Ah, die Große.«
    »Die muslimische Jungfrau, genau. Laß sie kommen, Ganesh.«
    »Unsere Sterne passen also zusammen, Guru-ji?«
    »Du hast auf die Sterne eingewirkt, Ganesh. Du bist ein mutiger Mann. Hol dir das Mädchen. Jetzt werden wir die Welt wirklich in Bewegung setzen. Hol dir dieses Mädchen. Und von nun an darfst du nur noch Jungfrauen nehmen.«
    »Jungfrauen?«
    »Du bist ein Vira, und Jungfrauen werden dir die größte Kraft verleihen. Du wirst aus dem Wissen um ihre Reinheit immer neue Energie beziehen. Und Energie wirst du in den bevorstehenden Zeiten brauchen.«
    Dann mußte er zu seinen Historikern zurück. Wir verabschiedeten uns mit einer Umarmung im Essens- und Blumenduft. Ich fuhr nach Hause, in mein schwimmendes Schloß. Und ließ die große Jungfrau kommen.

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    Ermittlungen in Sachen Liebe

    A n einem Samstag rief K. R. Jayanth, der Taschendieb, Sartaj spätabends an. »Ich hab den Chokra mit dem roten T-Shirt«, sagte er. Der Junge war zwar nicht bei ihm, aber Jayanth wußte seinen vollen Namen und die Namen der anderen Jungen, mit denen er zusammenarbeitete, und er wußte auch, wo sie nachts schliefen. Er beschrieb des langen und breiten, wie scharf er nach einem roten T-Shirt Ausschau gehalten, wie er pausenlos aufgepaßt und sich noch über seine normale Arbeitszeit hinaus am Kino aufgehalten hatte. Und an diesem Samstagabend, nachdem der Andrang zur Spätvorstellung abgeebbt war, hatte er Rotes T-Shirt beim Parkplatz hin und her laufen und die Nachzügler anbetteln sehen. Jayanth war schlau genug gewesen, in einiger Entfernung stehenzubleiben. Als es auf dem Weg und dem Parkplatz still geworden war, hatte er Rotes T-Shirt herangewinkt. Flankiert von seinen beiden Yaars, war der Junge vorsichtig näher gekommen. Jayanth hatte darauf geachtet, sich im richtigen Winkel zu postieren, und kaum hatte Rotes T-Shirt den Mund aufgemacht, hatte Jayanth den schwarzen Zahn gesehen. Es war der richtige Chokra. Die drei waren ein abgebrühter kleiner Trupp,

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