Der Pate von Bombay
nickte eifrig. »Ja. Ja, gut.«
Umesh lehnte sich zurück. »Probieren Sie den Cappuccino, Sir«, sagte er. »Der ist wirklich gut.«
Sartaj nahm einen Schluck. Ein voller, kräftiger Geschmack, so wie der fremdländische Name. Er sah sich in dem Café um, betrachtete die pastellfarben glänzenden Wände mit den Bildern europäischer Straßen. Harish bediente an der Theke eine Gruppe Achtzehnjähriger. An den Tischen ganz vorn saßen Studenten, prächtig herausgeputzt mit ihren klobigen Schuhen und dem kunstvoll zerzausten Haar. In solche Lokale sind wir als Studenten nicht gegangen, dachte Sartaj. Megha und er hatten sich in iranischen Restaurants aneinandergekuschelt, abgestandenen Chai getrunken und die Blicke kahlköpfiger Geschäftsleute erduldet.
»Zucker?« fragte Umesh.
»Der ist süß genug«, antwortete Sartaj. Ein kleines grünes Auto stand neben Umeshs Tasse, an einem Schlüsselanhänger befestigt. »Was ist das für einer?«
»Ein Ferrari.«
Sartaj drehte den Wagen mit der Fingerspitze herum und schob ihn auf dem Tisch hin und her. Es war ein perfektes Modell mit Lenkrad und kleinen Buchstaben und Zahlen an den Seiten. »Hatten Sie letztes Mal nicht einen anderen?«
»Ja. Einen Porsche.«
Sartaj nickte. »Dann gefällt Ihnen der Ferrari jetzt besser?«
Umesh hob mit einer Miene ungläubiger Verblüffung die Hände. »Are, Inspektor-saab, ein Mann kann sich doch nicht nur auf einem Gaddi 203 ausruhen. Ein Mann braucht mehr.« Die Ironie war so offenkundig wie die Anspielung. Doch er war sich seiner Rolle als ungezogener Junge vollauf bewußt, und man konnte ihm einfach nicht böse sein. Kamala verdrehte die Augen, aber auch ihr merkte man die Belustigung an.
»Also besitzen Sie diese Autos?« fragte Sartaj. Eine gemeine Frage, aber er mußte sie einfach stellen. Er kam sich alt vor gegen Umesh. Es hatte einmal einen Sartaj gegeben, der viele tolle Frauen und viele tolle Autos gewollt hatte und überzeugt gewesen war, sie stünden ihm auch zu.
»Ja, also«, begann Umesh, »äh ...«
Kamala klopfte ihm auf die Schulter. »Sei still«, sagte sie. Und dann zu Sartaj: »In seinen Träumen besitzt er sie. Er kauft sich jeden Monat sechs Autozeitschriften, und in seiner Wohnung hängen Autoposter an der Wand.«
»Das ist eben mein Hobby«, sagte Umesh ergeben. »Es gibt so tolle Kisten.« Leidenschaft schwang in seiner Stimme mit, die gedämpfte Glut des Fanatikers. »Das stimmt übrigens gar nicht, was du da sagst. Ich hab keine Poster mehr an der Wand. Da ist jetzt ein Projektionsschirm.«
»Ach ja«, lachte Kamala. »Das neue Heimkino.«
»Sie haben ein Kino in der Wohnung?« fragte Sartaj. »Mit Projektor und allem Drum und Dran?«
»Kein Filmprojektor«, antwortete Umesh mit einem nachsichtigen Lächeln angesichts Sartajs technischer Ahnungslosigkeit. »Ein Beamer, der an einen hochwertigen DVD-Player angeschlossen ist. Die Bildwand hat eine Diagonale von über vier Metern.« Umesh breitete die Arme aus. »Das Bild ist besser als in den meisten Kinos hier. Ich hab auch einen neuen Sanyo-Verstärker und Bose-Lautsprecher. Wenn man die Lautstärke aufdreht, spürt man es hier.« Er klopfte sich auf die Brust, und seine Augen wurden feucht vor Begeisterung. »Sie müssen mal kommen und sich einen Film anschauen.«
»Da langweilt er Sie nur mit irgendeinem amerikanischen Rennfahrerfilm«, sagte Kamala. »Wo stundenlang nur Autos rumrasen.«
»Nein, nein.« Umesh tat ihren Einwand mit einer männlich knappen Handbewegung ab. »Wir können uns auch einen Krimi anschauen. Ich hab Ihnen ja gesagt, ich seh gern Krimis.«
Sartaj versuchte noch immer, sich eine über drei Meter breite Bildwand und einen Beamer in einer Bombayer Wohnung vorzustellen. »Haben Sie einen eigenen Raum für Ihr Heimkino?« fragte er.
»Nein, Yaar, das ist in meinem Schlafzimmer. Der Beamer ist nur so groß, der braucht nicht viel Platz.« Er zeigte es mit den Händen. »Sehen Sie sich's einfach mal an.«
»Vielleicht, irgendwann mal.« Sartaj stand auf. »Zuviel Arbeit im Moment. Was kostet so was, DVD-Player, Beamer, Stereoanlage und so weiter?«
»Gar nicht mal so viel. Das kommt natürlich alles aus dem Ausland, man muß also schon einiges rechnen. Aber weniger, als man denken würde.« Er tippte sich mit den Fingerspitzen ins Gesicht.
»Was ist?« fragte Sartaj.
»Sie haben Schaum am Schnurrbart, mein Freund«, sagte Umesh liebenswürdig. Er hielt ihm eine Papierserviette und den braunen Umschlag hin. »Nehmen
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