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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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waren. Jedenfalls hatten sie garantiert eine Haramkhori 262 hinter sich, wie Kamble es genannt hätte.
    »Hallo«, sagte er.
    Er zog einen Stuhl heran und nahm Platz, nickte und schwieg. Kamala rutschte ein wenig hin und her und sagte dann mit Kleinmädchenstimme: »Ich hab Umesh gesagt, er soll auch kommen. Ich dachte, er kann uns helfen.«
    Sartaj sprach leise und in neutralem Ton. »Wenn der Fall vertraulich behandelt werden soll, dann behandeln Sie ihn auch vertraulich.«
    Umesh beugte sich lächelnd vor. »Inspektor-saab«, sagte er, »Sie haben völlig recht. Aber Kamala steht ganz allein mit der Sache da. Sie braucht Unterstützung, und ich bin der einzige, mit dem sie darüber reden kann. Eine Frau braucht Hilfe, verstehen Sie?«
    Er war wirklich äußerst charmant, auf eine vertraulich-jungenhafte Art. Die Haare fielen ihm in die Stirn, und er hatte ein bezauberndes, jugendliches Lächeln. Das alles konnte Sartaj nicht leugnen. »Ja«, sagte er, »aber ...«
    »Einen Kaffee, Saab?« fragte Umesh. »Nehmen Sie einen, der ist sehr gut hier.«
    »Nein, ich bin in Eile.«
    »Probieren Sie den Cappuccino.« Umesh streckte den Finger in die Luft und rief dem Jungen hinter der Theke zu: »Einen Cappuccino, Harish.«
    Sartaj ließ ihn gewähren. Er hatte nur eine vage Vorstellung davon, was ein Cappuccino war, und er wollte keinen, aber er hatte keine Lust, sich mit dem charmanten Umesh zu streiten. »Wir machen Fortschritte in dem Fall«, sagte er zu Kamala. »Es hat einen Durchbruch gegeben. Jetzt müssen wir sehen, was dabei herauskommt.«
    »Was für einen Durchbruch?« fragte Kamala aufgeregt.
    »Einzelheiten kann ich Ihnen nicht sagen, Madam, die Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen.«
    »Bitte, sagen Sie's mir!«
    Sartaj schüttelte den Kopf. »Ich gebe Ihnen Bescheid, sobald wir Konkreteres wissen. Bisher ist es nur ein Kontakt.«
    »Hat es was mit Rachel zu tun?«
    »Möglicherweise.«
    »Sie können es Kamala ruhig sagen«, schaltete sich Umesh ein. »Unter den gegebenen Umständen.«
    »Unter welchen Umständen?«
    Umesh zuckte die Schultern. Er deutete mit dem Kopf auf eine von Kamalas Einkaufstüten. Ein brauner Umschlag sah zwischen den verschwenderischen Seidenpapierhüllen der Boutiquen hervor.
    »Ah, die Umstände.« Sartaj faßte über den Tisch und zog den Umschlag mit spitzen Fingern heraus. Das unverkennbare Rechteck eines Banknotenbündels zeichnete sich unter dem Papier ab. Sartaj ließ den Umschlag wieder in seine weichen Polster fallen und erhob sich.
    »Wo wollen Sie hin?« fragte Kamala.
    »Lassen Sie sich eins gesagt sein.« Sartaj sah Umesh an. »Ich bin nicht Ihr Angestellter, und Sie sind nicht mein Chef. Ich bin Ihnen gegenüber nicht verantwortlich. Behalten Sie Ihr Geld.« Und dann auf englisch: »Good luck.«
    »Warten Sie!« rief Kamala in Panik.
    »Are, Yaar«, sagte Umesh, »ich wollte Sie nicht beleidigen.« Er war aufgestanden. »Sorry, tut mir leid.« Er legte Sartaj die Hand auf den Arm und nahm sie schnell wieder fort.
    Sartaj hatte seine furchteinflößende Miene aufgesetzt und Kamala damit Angst eingejagt. Seinen kalten Polizistenblick, die unverhohlene Gewaltbereitschaft darin kannte sie noch nicht. Einen Moment lang bedauerte er, die schöne Kamala erschreckt zu haben, aber Umesh war angesichts seiner Feindseligkeit ganz klein geworden, und Sartaj genoß seine Benommenheit. Plötzlich stand jemand neben ihm. »Ihr Cappuccino«, sagte der Junge von der Theke strahlend; er schien die Spannung am Tisch nicht zu bemerken. Sartaj betrachtete den Schaum in der Tasse, und als er aufsah, war Umeshs Charme wieder da.
    »Inspektor-saab«, sagte der Pilot, »es tut mir leid, wirklich. Ich bin ein Idiot. Ich bin ein solcher Idiot. Das darf nicht auf Kamalas Kosten gehen.«
    Harish, der Cappuccino-Junge, verfolgte das Drama mit großen Augen. Sartaj kam sich selbst wie ein Idiot vor. Am Morgen hatte ihn Mohits Wut erschreckt, seine Befürchtungen, was Mohits Zukunft anbelangte, hatten ihm Angst gemacht. Dann hatte ihn Iffat-bibi beunruhigt. Und jetzt ließ er das alles an Kamala aus. Umesh ließ traurig und reuevoll den Kopf hängen und verriet damit eine Verletzlichkeit, die Sartaj bisher nicht an ihm bemerkt hatte. Sartaj schüttelte den Kopf und nahm Harish die Tasse ab. »Okay«, sagte er, setzte sich wieder und wartete, bis Harish außer Hörweite war. »Also, wie gesagt«, wandte er sich an Kamala, »wenn wir etwas Konkretes wissen, gebe ich Ihnen Bescheid.«
    Kamala

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