Der Pate von Bombay
Sie.«
Sartaj nahm beides. »Machen Sie sich keine Sorgen«, sagte er zu Kamala und wischte sich das Gesicht ab. »Wir bleiben am Ball.« Kamala versuchte beruhigt dreinzuschauen, aber hinter dem schönen Glanz ihrer Wangen verbargen sich Zweifel. Sartaj zögerte und fügte dann hinzu: »Zum Teil haben unsere Fortschritte tatsächlich mit Rachel zu tun. Wie gesagt: Machen Sie sich keine Sorgen.«
Kamala straffte sich, nickte und lächelte. Auch Umesh schien erfreut. Vielleicht liebte er Kamala wirklich, auf seine Weise, dachte Sartaj. Ein Schönling, aber sympathisch. »Okay«, sagte Kamala. »Danke.«
Umesh flüsterte ihr etwas ins Ohr, als Sartaj ging. Zärtlichkeiten vielleicht oder Erinnerungen an ihre gemeinsame Zeit. Nein, bestimmt sprach er von der zweifelhaften Kompetenz des Ermittlers, den sie angeheuert hatte. Als Sartaj das Bein über sein Motorrad schwang, erhaschte er einen Blick auf sein Spiegelbild in der Glastür des Cafés. Es war eine elegante Bewegung, aber der Mann, der sie vollführte, war nicht in Form und trug ein hoffnungslos unmodernes kariertes Hemd zu seinen Bluejeans. Der Turban war noch straff und akkurat, das Gesicht darunter aber mit den Jahren erschlafft. Die Kriminalbeamten in Umeshs ausländischen Filmen sahen zweifellos besser aus, waren besser gekleidet, waren überhaupt besser. Soviel stand fest.
Auf der Fahrt Richtung Norden, am Flughafen Santa Cruz vorbei, dachte Sartaj an andere Dinge. Im Grunde war er Kamalas Angestellter. Zwar wurde er vom indischen Staat bezahlt, nach den bescheidenen Tarifen des öffentlichen Dienstes, Tatsache war aber, daß sein Einkommen teilweise von Kamala Pandey stammte, einer wohlhabenden Bürgerin. Ihre Zahlungen in den braunen Umschlägen machten ihn einmal mehr zu ihrem Untergebenen, und doch hatte er aufbegehrt und erklärt, er sei nicht ihr Arbeiter, ihr Tagelöhner, ihr Kuli. Zu seiner Linken hob ein helles Flügzeug ab, und er schaute zu, wie es an ihm vorbei in den blauen Himmel stieg. Der Verkehr floß jetzt schneller, und für einen Augenblick hatte er die Illusion, mit dem Flugzeug Schritt halten zu können. Dann war es weg. Er hatte geglaubt, er habe es nicht mehr nötig, mit Leuten wie Umesh und Kamala zu konkurrieren, er sei fortgestolpert von dem Sirenengesang von Erfolg und Sieg, aber offensichtlich war sein Stolz noch lebendig. Er konnte noch wütend werden, wenn er daran erinnert wurde, was er nun einmal war: ein Staatsdiener, ein Diener, nicht mehr und nicht weniger. Verdammter Sardar, dachte er. Verdammter Polizist.
Kamble genoß es an diesem Nachmittag, Polizist zu sein. Er hatte einen Einbruch aufgeklärt - der Wachmann des Gebäudes und zwei Freunde von ihm waren die Täter -, und er hatte mit einem Fall von Unterschlagung Geld gemacht, auf Kosten des Angeklagten. Sartaj fand ihn im Verhörraum, wo er einen Bericht schrieb.
»Kommen Sie rein, Saab, kommen Sie rein«, sagte er. »Bitte, setzen Sie sich.« Während er schrieb, trank er mit der anderen Hand laut schlürfend seinen Chaas und erzählte Sartaj ausführlich von seinen Triumphen. Nachdem er seinen Bericht beendet und abgeheftet hatte, gingen sie hinaus und schlenderten hinter dem Gebäude an der Mauer entlang und um den Tempel herum. Unter einem jungen Baum mit tief herabhängenden Zweigen blieben sie stehen.
»Die Telefonnummer, die der Glatzkopf angerufen hat, läuft auf den Namen -«, begann Kamble. »Oder nein, raten Sie - Sie werden's nicht glauben.«
Kamble hatte Beziehungen zu dem Mobilfunkanbieter. Er hatte viel Aufhebens darum gemacht, wie schwierig es sein würde, an Informationen zu gelangen, da es sich ja um inoffizielle Ermittlungen handle, und daß er mehr Geld brauche, um die Sache voranzubringen. Jetzt war er hochzufrieden mit sich, mit der schnellen Reaktion seiner Gewährsleute und ihrer Zuverlässigkeit. »Gehen wir wieder rein«, sagte Sartaj. »Es ist zu heiß hier draußen.«
Die Bäume, die Parulkar gepflanzt hatte, spendeten kaum Schatten. Sie waren zwar gewachsen, aber sie hatten ihr Laub abgeworfen und sahen überhaupt ziemlich kläglich aus. Ein Sonnenstreifen lag auf Kambles Schultern, er schwitzte. »Im Ernst, Boß, da kommen Sie nie drauf«, sagte er. Er zog feierlich ein Bündel Endlospapier aus der Tasche, noch mit den Lochstreifen, und schüttelte die Blätter auseinander. »Lesen Sie.«
Sartaj zuckte die Schultern. »Minister Bipin Bhonsle?«
Kamble beugte sich vor und stieß ein hartes Lachen aus. »Ja, der würde am
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