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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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ein Filmstar werden, wenn ich wollte. Ich wußte, daß ich besser aussah, jugendlicher wirkte denn je, scharfe Gesichtszüge hatte. Aber wenn sie davon träumte, Arnold kennenzulernen ... Könnte ich jemals so muskulös sein wie er? Wenn ihr der Terminator in ihren Träumen erschien, sogar während sie an meiner Seite schlief, liebte sie mich dann wirklich? Ich sagte mir, daß der Terminator eine Phantasiegestalt war, daß ich mächtiger war als irgendein schäbiger amerikanischer Schauspieler. Ich sagte mir, du hast mehr Männer umgebracht als irgend so ein Pseudoheld. Auf ein Wort von dir werden Geld und Waffen über ganze Kontinente expediert. Wenn irgendwer die Bezeichnung Terminator verdient, dann du.
    Doch als sich Zoya am frühen Morgen regte und schläfrig an mich kuschelte, spürte ich, daß in meinem Innern immer noch dieser Parasit des Mißtrauens sein Unwesen trieb. Ich schaute auf den Arm, der Zoya hielt, meinen Arm, und konnte nur an eines denken, nämlich daran, wie dünn er doch im Vergleich zu Arnolds Armen war. Selbst der Hauptdarsteller des Films, den sie in Texas drehte, hatte mehr von einem Arnold als ich. Er war klein, doch er hatte eine breite, mit Anabolika aufgepumpte Brust und auftrainierte Arme. Ich konnte mir die besten Anabolika leisten, ein Fitneßstudio bauen und einen Coach einstellen, aber würde ich jemals dem Bild entsprechen, das Zoya in ihrem Kopf mit sich herumtrug, diesem Mann, den sie wirklich lieben konnte? Liebte sie mich, Zoya, die egoistische Giraffe?
    Es war eine lächerliche Frage, das war mir bewußt, und dennoch ging sie mir nicht aus dem Kopf. Wir frühstückten am Eßtisch im großen Zimmer der Suite, und wie immer war es erstaunlich, ihr beim Essen zuzusehen. Sie trank einen ganzen Krug Orangensaft und aß drei Omelettes. Ich beobachtete sie - sie war wieder schön, war wieder Zoya Mirza, der Filmstar. Sei glücklich, befahl ich mir. Sie ist bei dir. Und dann klingelte das Telefon. Nicht der Hotelapparat und auch nicht mein Handy, sondern das abhörsichere Satellitentelefon auf meinem Nachttisch. Ich eilte hin. Nur Arvind und Bunty hatten diese Nummer, und sie würden nur unter außergewöhnlichen Umständen anrufen.
    Es war Arvind. »Bhai?« sagte er. »Sie sollten zurückkommen.«
    »Warum?«
    »Das Kartoffelgeschäft«, sagte er. Der »Kartoffelhandel« war unser Tarnbegriff für den Waffenschmuggel, den wir für Guru-ji betrieben. Wir machten das nun schon seit Jahren, schafften Waffen und Munition an die Konkanküste und übergaben sie dort an seine Leute, die sie weitertransportierten. »Die sind uns auf die Schliche gekommen. Sie haben eine unserer Lieferungen abgefangen.«
    »Wer ist uns auf die Schliche gekommen?«
    »Die aus Delhi.« Das hieß Dinesh Kulkarni, auch als Mr. Joshi bekannt, und seine Organisation, somit also die indische Regierung.
    »Ich nehme das nächste Flugzeug«, sagte ich.
    »Bitte kommen Sie schnell, Bhai«, sagte er. »Die sind stinksauer.«
    Er bangte um meine Sicherheit, da ich in diesem fremden Land ungeschützt war, ohne Leibwächter in dieser vornehmen Hotelsuite saß. Deshalb drückte er sich auch so vorsichtig und kryptisch aus, trotz abhörsicherer Verbindung. »Verstehe«, sagte ich. »Keine Sorge, ich bin schon unterwegs.«
    Ich verabschiedete mich von Zoya und reiste ab.
    »Warum haben Sie das getan, Ganesh?« Es war Kulkarni, jetzt ganz der strenge Schulmeister. »Warum?«
    »Wir haben Samaan für unsere Leute gebraucht.«
    »Lügen Sie mich nicht an. Die Lieferung, die der Polizei ins Netz gegangen ist, umfaßt einhundertzweiundsechzig AK-56-Gewehre, vierzig Automatikpistolen und achtzehntausend Schuß Munition. Das ist nicht für den persönlichen Gebrauch gedacht. Da wird für einen Krieg aufgerüstet.«
    »Na ja, ein paar Waffen haben wir vielleicht verkauft. Es ist ein gutes Geschäft, und in allen anderen Bereichen fließen die Einnahmen nur spärlich. Die ganze Wirtschaft liegt am Boden. Wie Sie wohl wissen, Saab.«
    Er antwortete rasch und scharf: »Arbeiten Sie mit jemandem zusammen? Sind diese Waffen für jemand Bestimmten gedacht? Für irgendeine Gruppe, eine Partei?«
    »Nein, nein, Saab. Wir brauchen einfach das Geld, und dieser Markt gibt noch etwas her. Sie wissen doch, wie es derzeit bei uns im Land aussieht - jeder will sich gegen jeden absichern. Wir haben nur als Verteiler fungiert, für alle.«
    Ich schwitzte. Ich war wieder auf der Yacht, wir lagen vor Phuket, und ich wurde von allen Seiten bewacht und

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