Der Pate von Bombay
abgeschirmt, doch ich wußte, daß die Lage äußerst ernst war. Wir hatten ein Problem. Und Kulkarni ließ mich sehr genau spüren, wie groß unser Problem war. Ich wünschte mir, K. D. Yadav wäre nicht in den Ruhestand gegangen, sondern würde nach wie vor meine Tätigkeit für seine Organisation betreuen. Er war ein pragmatischer Mensch, er verstand die Erfordernisse unserer Arbeit. Dieser verdammte Kulkarni redete mit mir, als wäre ich ein kleiner Junge, den er mit Diebesgut erwischt hatte.
»Über Ihre anderen Projekte und Geschäfte haben wir hinweggesehen«, sagte er. »Aber diese Geschichte ... Ich weiß nicht, ob wir darüber auch hinwegsehen können. Innerhalb der Organisation sehen sich jetzt diejenigen, die gegen eine Zusammenarbeit mit Ihnen waren, auf ganzer Linie bestätigt.« Er war offenkundig selbst höchst verärgert. »Wie viele solcher Lieferungen hat es gegeben?«
Er würde mir nicht glauben, wenn ich ihm sagte, es habe nur diese eine gegeben, also erzählte ich ihm von einer weiteren, allerdings deutlich kleineren Lieferung. Ich erklärte, daß es bei diesen beiden bleiben würde. Ich versuchte ihm seinen Ärger auszureden und versicherte ihn meiner Loyalität. Ich erinnerte ihn an all die Operationen, die ich für seine Organisation durchgeführt, an all die konkreten und verläßlichen Informationen, die ich geliefert hatte. Ich verwies dezent auf unsere vielen Gespräche und meine langjährige Zusammenarbeit mit Mr. Kumar. Er blieb finster und unnachgiebig und bohrte weiter, um mehr über unseren Waffenhandel zu erfahren. Ich wehrte ihn ab, sagte nur das Allernötigste und legte schließlich gequält und verängstigt auf.
Arvind war aus Singapur gekommen und ging an Deck auf und ab. Er telefonierte gerade mit Bombay und versuchte mit Hilfe unserer Verbindungsmänner innerhalb des Polizeiapparats zu verfolgen, wie der Fall dort gehandhabt wurde. Ich wartete. Es war eine mondlose Nacht, und aus dem Augenwinkel sah ich die sanft wogende silberschwarze See. Irgend jemand beobachtete mich. Ganz bestimmt. Sie waren da draußen. Vielleicht belauschten sie Arvinds Telefonat. Das Gerät war angeblich abhörsicher, aber jeder Schutz konnte geknackt werden. Das hatte ich von Mr. Kumar gelernt.
Arvind schaltete sein Handy aus. »Nichts Neues, Bhai«, sagte er. »Morgen um zehn gibt es eine Pressekonferenz, vielleicht kommt dabei etwas heraus.«
Wir wußten immer noch nicht, wie die Polizei unsere Lieferungen gefunden hatte. Und wir wußten nicht, wie sie ausgerechnet uns damit in Verbindung gebracht hatten. Sie mußten einen Hinweis bekommen haben. Wer hatte ihn ihnen gegeben? Suleiman Isa und seine Jungs? Oder hatte die Polizei selbst Informanten in den höheren Rängen unserer Company? Durchaus möglich. Wir würden Nachforschungen anstellen müssen. Aber zunächst hatte ich eine unmittelbare, drängendere Sorge. Ich mußte unseren Kunden warnen. Ich mußte zu Guru-ji.
Guru-ji sagte mir ein weiteres Mal meine Zukunft voraus, und diesmal rettete er mir das Leben. Ich traf mich in München mit ihm, wo er einen fünftägigen Workshop und ein Yagna abhielt. Ich flog allein dorthin. Arvind und Bunty versuchten erst, mich davon abzuhalten, und dann, mir ein halbes Bataillon Scharfschützen mitzuschicken. Ich entgegnete, daß mein neues Gesicht mich schon schützen werde. Was ich ihnen praktisch demonstrierte: Ich ging vor ihren Augen an einigen Jungs vorbei, die seit Jahren für mich arbeiteten, und keiner erkannte mich. Solange ich mich unauffällig verhielt, würde mein Aussehen mich schützen.
Guru-jis Sicherheit hatte für mich natürlich oberste Priorität, ich wollte auf keinen Fall seinen Ruf schädigen. Unserer üblichen Kommunikationsmethode traute ich nicht mehr. Ich wußte nicht, ob die Technologie, die wir verwendeten, den Sicherheitsanforderungen noch genügte. Unsere Experten waren dabei, neue Geräte, neue Software, neue Methoden für uns aufzutun. Aber ich mußte unbedingt bald mit Guru-ji reden. Deshalb nahm ich das Risiko auf mich, allein in ein fremdes Land zu reisen. Ich ging die Sache genauso an wie damals in Bombay. Ich nahm in München an seinem Yagna teil und wartete danach auf eine Audienz. Nur war er diesmal darüber informiert, daß ich kam.
Ich traf um fünf Uhr nachmittags in München ein und fuhr sofort zu der Halle, in der Guru-ji seinen Workshop abhielt. Das Yagna war eine Miniaturausgabe des in Bombay abgehaltenen Rituals, und während die Flammen loderten und
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