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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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schließlich schon lange bei uns.«
    Er blieb die nächsten zwei Tage bei ihnen und übte Druck auf die Ärzte aus, damit sie unsere Freunde kurierten. Unterdessen rief ich Inspektor Samant in Bombay an und lieferte ihm zwei von Suleiman Isas Controllern ans Messer. Er brachte sie noch in derselben Nacht um, einen nach dem anderen. Die Dreckskerle in Dubai hatten zwar den Mord an Arvind nicht für sich reklamiert, aber sie sollten wissen, daß wir nicht schliefen, daß wir sehr wohl in der Lage waren, in einer Sprache zu antworten, die sie verstanden. Die Erschießungen verschafften mir eine gewisse Befriedigung, vor allem deshalb, weil Samant mir Fotos aus dem Leichenschauhaus mailte, auf denen die von Kugeln zerschmetterten Köpfe dieser Bhenchods zu sehen waren. Doch der Trost währte nicht lange, und der stete dumpfe Trommelschlag der Angst hielt an.
    »Soll ich dir ein Mädchen schicken?« fragte Jojo am Sonntagabend. »Ich habe ein oder zwei neue, die dir Spaß machen könnten.«
    »Are, damit bin ich fertig.«
    »Das glaube ich dir nicht, Gaitonde. Das glaubst du doch selbst nicht. Du willst nie wieder ein Mädchen vögeln? Bis an dein Lebensende?«
    »Vielleicht ja, vielleicht nein. Aber es ist mir nicht mehr wichtig. Das habe ich alles hinter mir.«
    Sie gab ein quietschendes Ächzen von sich, wie ein vor Schmerzen winselnder Welpe. Ich dachte, vielleicht sei auch sie plötzlich krank geworden. Dann brach sie in hysterisches Gelächter aus. Ich hielt das Handy ein Stück von meinem Ohr weg und sagte: »Jojo, Maderchod, hör mir zu.« Doch sie war jenseits von Gut und Böse, also legte ich das Handy hin und wartete ab. Ich ließ eine Minute verstreichen, zwei, dann nahm ich es wieder in die Hand. Sie kicherte jetzt nur noch, doch kaum sagte ich ihren Namen, platzte sie wieder los. »Durchgeknallte Chutiya«, sagte ich und beendete das Telefonat. In diesem Moment hätte ich sie am liebsten an der Kehle gepackt und dieses dreckige Geräusch erstickt, sie geschüttelt, bis sie rot anlief und verstummte. Ich tigerte durch meine Kabine, ging an Deck, ging wieder hinunter. Kutiya. Ich erlaubte ihr einen zu formlosen, zu vertraulichen Umgang mit mir. Vielleicht mußte ich ihr eine Lektion erteilen. Ich hatte ihr von Anfang an zuviel durchgehen lassen.
    Als mir dieser Gedanke eben durch den Kopf ging, rief sie an. »Saali«, begann ich.
    »Tut mir leid, tut mir leid«, sagte sie. »Wirklich, Gaitonde, du mußt mir verzeihen. Es war einfach eine totale Überraschung. Ausgerechnet du. Wo du doch soviel Spaß an Frauen hast. Es ist schwer vorstellbar, daß gerade du so etwas sagst.«
    »Gaandu, du hast doch bloß Angst, mich als Kunden zu verlieren. Du willst, daß ich für eine zweite Zoya bezahle, sie aufbaue, damit du deinen Anteil einstreichen kannst.«
    »Ich versuche dich nur zu beruhigen, Gaitonde. Du warst noch nie so. Dabei hast du mir mal gesagt, daß man ruhig und kalt sein muß, wenn man eine Company leitet. Du bist alles andere als ruhig.«
    Sie hatte recht. Ich war nicht ruhig. Ich war aufgewühlt, ängstlich, ärgerlich. »Ein Mädchen würde da jetzt auch nicht helfen«, sagte ich. »Versuch's mit was anderem.«
    »Wie wär's mit ein paar Briefen?«
    Wir hatten uns schon lange nicht mehr mit ihren Bewerbungsschreiben belustigt. »Ja«, sagte ich. »Das ist eine gute Idee. Lies mir einen vor.«
    Sie hatte ein paar auf ihrem Schreibtisch bereitliegen. Die Briefe gingen weiterhin bei ihr ein, in einem verhaltenen, aber stetigen Fluß, der anschwoll, wenn der »Face of the Year«- und der »International Man«-Wettbewerb im Fernsehen übertragen wurden. »Okay. Willst du einen aus dem Dorf Golgar, Postamt Fofural, Distrikt Dhar, Madhya Pradesh hören? Oder lieber einen aus Kuchaman City, Distrikt Nagaur, Rajasthan?«
    »Fofural? Nein, das glaube ich nicht.«
    »Vielleicht heißt es auch Fofunal. Seine englische Schrift ist ziemlich unleserlich. Die Adresse hat er nämlich in englischer Schrift geschrieben. Soll ich den vorlesen?«
    Man schrieb also englisch im Dorf Golgar, Postamt Fofumaderchod-irgendwas. Mir wirbelte der Kopf bei diesem Gedanken. »Nein, laß den Bhadve in Golgar. Aus Rajasthan hören wir nur selten. Der Rajasthani soll sprechen.«
    »Gut. Er heißt Shailendra Kumar. Er schreibt ...« Sie wurde langsamer, während sie sich durch das Hindi durcharbeitete. »Er hat einen von diesen Sprüchen oben drüber stehen: ›Om evam saraswatiye namah‹ 460 . Mit Schnörkeln drunter.«
    »Unser

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