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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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erledigte ich meine Arbeit. Um zwei, zu ihrer bevorzugten Zeit, brachte ich ihr etwas zum Mittagessen. Es war konkanische Küche, die sie liebte, feurigscharfer Fisch mit viel Kokumbutter. Sie pickte in ihrem Essen herum, und ich sah ihr zu. Irgendwie war es schwierig, mit ihr zu reden. Wir hatten schon früher zusammen zu Mittag gegessen, ich auf der Yacht und sie bei sich zu Hause. Damals hatten wir einander in die Ohren geschmatzt und geschlürft und dabei endlos geplaudert. Jojo hatte das unsere Ghasel-Sitzungen 221 genannt - sie hatte mir immer den neusten Tratsch über ihre Freunde erzählt, und ich hatte sie mit den jüngsten Dummheiten meiner Jungs zum Lachen gebracht. Es gab keinen Grund, warum dieses entspannte Scherzen, dieses Gelächter nicht wieder möglich sein sollte. Ich hatte neue Eskapaden meiner Jungs auf Lager, wollte ihr von einer Idee für eine Fernsehserie berichten. Doch das Schweigen saß zwischen uns wie ein großer schwarzer Hund. Ich war Ganesh Gaitonde, ich hatte vor nichts Angst, also wischte ich das Unbehagen weg. »Jojo«, sagte ich, »wollen wir uns heute abend einen Film anschauen? Ich kann uns Vorabversionen von den allerneusten Streifen besorgen.«
    Sie schob ihren Teller in die Mitte des Tischs. »Wie du willst.«
    »Nein«, sagte ich. »Wie du willst - ich will wissen, was du gern willst.«
    »Ist mir egal. Ich richte mich nach dir.«
    »Aber du wirst doch eine Meinung haben.«
    »Ich hab dir doch gesagt, es ist mir egal.«
    Sie hatte die Füße wieder auf den Stuhl hochgezogen, und ihr Haar fiel ihr wie ein Vorhang vors Gesicht. Ich drehte ihren Stuhl zu mir, doch ich konnte nur ihre Jeans und ihre einander umkrampfenden Hände sehen. »Are, Baba«, sagte ich sanft. »Es ist dir nicht egal. Es hat noch nie einen Film gegeben, den du nicht schon vor der Veröffentlichung toll oder furchtbar fandest.«
    Sie schnauzte mich an. »Maderchod, Gaitonde, ich hab dir doch gesagt, es ist mir scheißegal.« Ihre Wangen waren dunkelrot angelaufen. »Schau dir an, was du willst, Chutiya!«
    So redete keiner mit mir. Mich schrie man nicht an. Wieder hätte ich sie am liebsten geschlagen.
    Statt dessen stand ich auf, ging hinaus und sagte dabei, ohne sie anzusehen: »Ich ruhe mich ein bißchen aus.«
    Ich legte mich aufs Bett, den Arm überm Gesicht. Nebenan hörte ich Jojo durchs Zimmer gehen. Dann ein Klicken, Plastik an Plastik. Rief sie jemanden an? Wen? Meine Feinde? Oder die Polizei? Würde sie ihnen sagen, wo ich war, damit sie hier herauskam? Nein, das würde sie nicht tun. Das konnte sie nicht tun. Bei aller Aufregung, aller Nervosität, die bebend durch ihren Körper lief, das würde sie mir nicht antun. Sie war Jojo, und ich war Ganesh Gaitonde. Wir waren zusammen, wir brauchten einander. Sie ging hin und her. Was machte sie? Holz scharrte über Beton. Verschob sie einen Tisch? Warum? Jetzt war sie still. Wo war sie? Ein dünnes metallenes Quietschen. Ah, sie stieg die Treppe hinauf. Sie wollte raus. Sie würde es versuchen. Na, egal. Ich hatte die stählerne Falltür abgeschlossen. Sie ließ sich nur über eine neunstellige Tastenkombination öffnen oder - bei Stromausfall - indem man eine Klappe öffnete und zwei Räder gleichzeitig drehte. Wahrscheinlich zog sie gerade an dem Griff unten an der Falltür. Sollte sie nur.
    »Gaitonde.« Sie stand in der Tür. »Gaitonde, willst du Frauen?«
    »Was?«
    Sie trat aus dem Schatten. »Ich habe zwei neue hübsche Küken. Direkt aus Delhi.« Ihr Gesicht und ihre Schultern glänzten vor Schweiß. »Die sind besser als alles, was du je hattest, das schwör ich dir. Dagegen wird dir Zoya wie eine drittklassige Randi vorkommen, die hinter dem Bahnhof von Andheri anschaffen geht.«
    »Ich will keine Küken.«
    »Aber Gaitonde, die kommen sogar hier runter und wohnen bei dir. Beide. Überleg dir das mal. Die eine ist sechzehn, die andere siebzehn, und du kannst sie beide haben. Sie werden gern hier unten sein. Wirklich. Sie werden bei dir bleiben, solange du willst.«
    »Ich will sie nicht.«
    »Der Sechzehnjährigen werde ich die Haare golden färben lassen. Sie sieht aus wie ein ausländisches Model, Gaitonde, sie hat Haut wie Sahne.«
    »Nein.«
    Wenn sie versuchte, einen zu irgend etwas zu überreden, senkte sie den Kopf, so daß ihr Haar ihn umschmiegte wie ein dunkler Helm, und schaute durch ihre Wimpern zu einem auf. »Ich will nicht hier sein.«
    »Versuch es doch einfach mal bis morgen früh ...«
    »Gaitonde, ich sage es dir jetzt:

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