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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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aufgestellt sah, nicht einordnen konnte. Es handelte sich um einen gewissen Vilas Ranade, er war schon lange bei Rajesh Parab, niemand wußte genau, wie lang, doch dieser Mann tat nichts für Rajesh Parab. Er stand keinem Bereich vor, weder dem Schmuggel noch dem Hafta noch den Geschäften mit den Bauunternehmern, und manchmal sah man ihn wochen-, ja monatelang nicht in der Nähe von Rajesh Parabs Haus. Niemand wußte, wo er wohnte. Niemand konnte mir sagen, ob er verheiratet war, Kinder hatte, dem Glücksspiel zuneigte, nichts. Und doch marschierte er geradwegs in Rajesh Parabs Wohnung, wenn er denn auftauchte. Er mußte nicht Schlange stehen, und selbst wenn Rajesh Parab mitten im Gespräch mit einem MLA war, wurde er sofort vom Chef höchstpersönlich empfangen. Vilas Ranade war nie im Gefängnis gewesen und sein Name nur zweimal in der Presse erwähnt worden. Schließlich sagte ich zu Chhota Badriya: »Ich möchte wissen, wie dieser Mistkerl aussieht. Besorg mir ein Foto von ihm.«
    Unterdessen galt es, Waffen zu besorgen. Inländischen Waffen wollte ich mein Leben nicht anvertrauen, und Glocks konnte ich mir natürlich nicht leisten. Aber wir versteckten 9-mm-Munition und chinesische Star-Pistolen, die damals zehn-, zwölftausend kosteten, in meinem Haus, einem Dutzend Kholis in Gopalmath und im Gopalmath-Tempel, der damals nur aus einem kleinen Schrein und einem Raum für den Pujari 501 bestand. Sie dauerten Wochen und Monate, diese langsamen Vorbereitungen, und erforderten ein hohes Maß an strategischer Überlegung - wieviel Geld sollte in Waffen investiert werden, wieviel sollten die Jungs bekommen, wieviel sollte für Verbesserungen im Basti ausgegeben werden, damit die Leute zufrieden waren.
    Eines Abends berichtete mir Chhota Badriya, wir hätten erfolgreich eine Ladung Munition erhandelt und entgegengenommen. Ich saß gerade mit vier meiner Jungs in einer Bar namens Mahal, unten an der Link Road in Jogeshwari, es waren Mohan Surve, Pradeep Pednekar, Krishna Gaikwad und Qariz Shaikh, das weiß ich noch genau. Chhota Badriya betrat die Bar und kam direkt auf uns zu, wir saßen an unserem üblichen Tisch. Er grinste, als er sich auf die Bank quetschte.
    »Ein gutes Geschäft, Bhai«, sagte er. »Dreihundert Kanchas. Alle mit Garantie.« Das war unsere eigene Sprache, Kanchas und Gulels 249 für Kugeln und Pistolen. Die Cobra-Gang und all die anderen Companys sagten Daane 139 für Kugeln und Samaan für Pistolen, bei uns waren es Kanche und Gulels. Auch das förderte ich, es unterschied uns von den anderen, schweißte uns zusammen, um zu uns zu gehören, mußte man eine neue Sprache lernen, und dieses Lernen veränderte einen. Ich sah das bei den neuen Jungs, die hart daran arbeiteten, von reinen Taporis zu geachteten Bhais zu werden. Sie lernten unsere Sprache, lernten unseren Gang, sie gaben vor, etwas zu sein, und dann wurden sie es. Amerikanische Dollars nannten wir Choklete statt, wie alle anderen, Dalda; britische Pfund waren Lalten 365 statt Pital 492 ; Heroin und Brown Sugar waren Gulal 248 statt Atta; die Polizei nannten wir Iftekar 275 statt Nau-namber 447 , eine schiefgegangene Aktion war ghanta 220 , nicht fachchad, und ein Mädchen, das so unglaublich reif und rund und knackig war, daß es schmerzte, sie anzusehen, war kein Chabbis 103 , sondern ein Chhuri 118 .
    Wir bestellten Chhota Badriya ein Mango-Lassi, und Qariz Shaikh sprach weiter. Wir redeten gerade über den lang zurückliegenden Kampf zwischen Haji Mastan und Yusuf Patel; sie waren Partner gewesen, doch als Yusuf Patel durch seinen Schmuggel immer reicher wurde, hatte Haji Mastan beschlossen, ihn umzubringen, seinen Freund zu eliminieren. Eine rein geschäftliche Angelegenheit. Qariz Shaikh hatte diese Geschichten von seinem Vater gehört.
    »Haji Mastan hat Karim Lala mit dem Mord an Yusuf Patel beauftragt«, sagte er. »Aber Yusuf Patel hat den Schuß überlebt.«
    »Ich hab diesen Karim Lala mal gesehen«, sagte Mohan Surve. »In der Nähe der Grant Road Station. Vor zwei Jahren.«
    »Ach ja?« fragte ich. »Wie hat er denn ausgesehen?«
    »Ein Paschtune, ein Schrank von einem Kerl«, sagte Mohan Surve. »Mit riesigen Händen. Er hat sich zur Ruhe gesetzt. Wohnt irgendwo hier in der Gegend. Aber selbst in seinem jetzigen Alter hat er noch einen Gang wie ein Badshah 045 . Er muß ein wahrer Schrecken gewesen sein.«
    Ich versuchte mir Karim Lala mit seinem großspurigverwegenen Gang vorzustellen, mich an den Akzent des Paschtunen,

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