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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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dem Hoteleingang erreichten, und rollten gemächlich weiter, sie gingen direkt vor uns vorbei. Ich ließ sie noch zwei Schritte machen, dann stieß ich mit der Linken die Autotür weit auf und griff nach der Pistole auf meinem Schoß. Wir stiegen alle auf einmal aus. Chhota Badriya feuerte den ersten Schuß ab, dann folgte ein anhaltendes ohrenbetäubendes Krachen. Sie kamen nicht einmal dazu, sich umzudrehen. Meine Hand war unsicher, und ich glaube nicht, daß ich auch nur mit einem einzigen Schuß traf. Aber ich erinnere mich, daß am Kopf eines der Männer jählings eine Blume aus Blut aufblühte, die er noch gesehen haben muß, bevor er tot zu Boden stürzte. Es ging alles leicht und schnell. Chhota Badriya stieg wieder ein.
    »Nehmt das Geld«, sagte ich.
    Zwei Minuten später befanden wir uns wohlbehalten auf der S.V Road. In der Einkaufstüte waren drei Lakhs und ein unangebrochenes Anti-Schuppen-Shampoo von Halo.
    »Das ist für mich, Bhai«, sagte Chhota Badriya.
    »Da«, sagte ich und warf ihm das Shampoo in den Schoß. »Hast du Schuppen?«
    »Nein«, sagte er. »Und jetzt werde ich auch keine kriegen. Ich beuge vor. Verstehen Sie?«
    Ich mußte lachen. »Du bist schon ein verrückter Chutiya.«
    »Ich sollte mir die Haare wachsen lassen«, sagte er. »Ich glaube, mir stehen lange Haare.«
    »Ja, ja, du wirst aussehen wie bhenchod Tarzan höchstpersönlich.« Es gelang mir, auf dem Rückweg nach Gopalmath ein Schläfchen zu halten, und als wir zu Hause ankamen, erfuhr ich, daß wir mit der anderen Mission - einem Hinterhalt für ein paar Cobra-Jungs, die sich oft in einem Carrom-Club 099 in der Nähe des Bahnhofs von Andheri aufhielten - zwei weitere Schlagmänner ins Aus befördert hatten. Wir lagen also vorn, aber das Spiel war noch nicht vorbei, es hatte kaum begonnen. In der Serie, die folgte, behielten wir immer einen kleinen Vorsprung, allerdings nur einen hauchdünnen. Am Ende des Monats hatten sie zwölf Spieler verloren und wir elf. Für sie war das ein geringfügiger Verlust, wir hingegen waren fast auf die Hälfte geschrumpft, in Gopalmath fast von der Bildfläche verschwunden. Samant, der Inspektor, lachte mich mehr als einmal am Telefon aus. »Gaitonde«, sagte er. »Am besten hauen Sie ab und verstecken sich irgendwo, sonst machen sie Sie fertig.«
    Am Morgen nach unserem dreizehnten Toten erschienen drei meiner Jungs nicht mehr. Ich wußte, daß sie nicht umgebracht worden waren, sondern angesichts eines praktisch verlorenen Spiels das Feld verlassen hatten. Mir leuchtete das durchaus ein. Wir waren Brüder, das schon, und durch die Kämpfe, die wir zusammen durchgestanden hatten, eng verbunden, aber wenn die Niederlage gewiß ist, wenn man sich versteckt, erschöpft und ohne Hoffnung, und der starke Feind kommt, um einem die Oberschenkel zu brechen, dann verlassen einen manche Männer eben einfach. Es war nur eine Niederlage unter vielen, und ich nahm sie hin und baute auf die, die bei mir geblieben waren. Wir machten weiter, hielten das Alltagsgeschäft in Gang, waren immer zu zweit oder zu dritt unterwegs, beruhigt durch das harte Metall, das wir unter dem Hemd trugen, unsere Waffen, die wir wie besessen reinigten, ölten und liebkosten. Einmal sah ich Sunny die Pistole an die Stirn heben und ein Gebet flüstern, bevor er zur Tür hinausging, ich mußte lachen und fragte ihn, ob er auch Diyas anzündete und jeden Morgen vor seiner Pistole eine Puja 500 abhielt, woraufhin er schüchtern zurücklächelte. Es stimmte ja: Wir hatten den Segen der Götter dringend nötig, und wenn ich geglaubt hätte, daß es helfen würde, hätte ich mich ohne Zögern vor meiner mit Girlanden geschmückten Tokarev zu Boden geworfen.
    Den richtigen Weg wies mir schließlich eine Frau. Ich ging mit Kanta Bai und den Jungs zum Siddhi Vinayak, und wir standen in der langen Schlange, die sich die Stufen des Tempels hinaufzog. Für mich war das alles purer Unsinn, all das Beten und Klagen, aber die Jungs waren gläubig und wollten hin, und da es gut für die Moral war, ging ich mit. Auch Kanta Bai war bei all ihrer Vulgarität und ihrem ungeheuren Zynismus eine große Ganesha-Anhängerin. Sie hielt eine kleine Schale in der Hand und hatte ihr Pallu sehr sittsam über den Kopf gezogen. Vor und hinter uns in der Schlange standen meine Jungs, Schulter an Schulter. Ich hatte den schweren süßen Tempelgeruch nach Rosenwasser und Räucherstäbchen in der Nase und fühlte mich sicher. Kanta Bai sagte: »Ich weiß, worum

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