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Der Pate von Bombay

Titel: Der Pate von Bombay Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vikram Chandra
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aufhörte, doch ich erkannte klar, was es bewirkte, und förderte es. Ein Mann von der G-Company verliert nie den Kopf, erklärte ich ihnen, er bleibt kalt. Selbst im Schlaf bleibt er wach. Nehmt euch Frauen, sagte ich, das ist die richtige Unterhaltung für einen Mann, eine Zerstreuung, die eines harten Burschen würdig ist, nehmt fünf, nehmt zehn. Aber sich Gift in die Kehle zu kippen, sich dumm und langsam zu saufen, das ist ein idiotisches Spiel, etwas für Maderchods. Überlaßt das der Cobra-Gang.
    Ich wußte, daß sich ein Krieg anbahnte. Er war unvermeidlich. Es hatte ein paar kleinere Zusammenstöße zwischen meinen und ihren Jungs gegeben, böse Blicke im Vorbeigehen, Gedrängel und Geschubse im Vorraum eines Kinos, geflüsterte Beleidigungen. Aber noch herrschte Frieden. Ich saß nachts auf dem Dach, wendete die Zukunft im Kopf hin und her, probierte Möglichkeiten durch. Welchen Weg ich auch einschlug, früher oder später würde er zu Krieg und Gemetzel führen. Sie waren stark, wir waren schwach. Den Frieden würden wir nur bewahren können, wenn sie stark und wir schwach blieben, wenn wir nahmen, was sie uns übrigließen, mit einer Verbeugung zur Seite traten, wenn sie des Weges kamen, und uns alles von ihnen gefallen ließen, heute, morgen und übermorgen. Diese Art von ungleichgewichtiger Ruhe wäre möglich gewesen - wenn da nicht ich gewesen wäre. Ich war nicht dafür geschaffen, schwach zu sein. Die G-Company war ich, und ich prüfte mich, schonungslos und ohne Illusionen, und erkannte, daß ich nicht würde schwach bleiben können. Ich war stärker als bei meiner Geburt, stärker als bei meiner Ankunft in dieser Stadt, und ich würde immer stärker werden. Es würde unweigerlich zum Krieg kommen. Akzeptieren wir also, dachte ich, daß ein Kampf bevorsteht, und bereiten wir uns darauf vor. Und wenn es soweit ist, werden wir ohne Haß und ohne Zorn kämpfen. Wir werden die Oberhand gewinnen.
    »Trag mir Namen zusammen, Gesichter«, sagte ich zu Chhota Badriya. »Ich will wissen, wer sie sind.« Und so gaben wir Geld aus, leisteten kleinen Leuten kleine Hilfen, und es dauerte nicht lang, bis wir unser eigenes Netz von Khabaris hatten, einige davon im Herzen des Gebietes der Cobra-Gang. Es gab einen Paanvaala, der seinen Laden in Nabbargali 439 hatte, gleich dort, wo Rajesh Parab in der obersten Etage eines dreistöckigen Hauses wohnte. Und dieser Paanvaala beobachtete nun den ganzen Tag das Kommen und Gehen der Cobra-Leute. Wenn er abends nach Hause ging, gesellte sich einer unserer Jungs für zehn Minuten zu ihm, und so erfuhren wir täglich, wer bei der Konkurrenz ein und aus ging. Wir bezahlten den Paanvaala, aber er tat es nicht nur wegen des Geldes. Sechs Jahre zuvor war Rajesh Parab eines späten Winterabends betrunken in einem nagelneuen Toyota angefahren gekommen, hatte Paan verlangt und dem Paanvaala dann erklärt, sein Maghai Paan liege einem wie ein Backstein auf der Zunge, er solle nach UP zurückgehen und sein Handwerk noch einmal neu erlernen. Am folgenden Nachmittag war Rajesh Parab wieder vorbeigekommen, nüchtern und lächelnd, und hatte sich wie immer sein Paan geben lassen. Mochte er auch vergessen haben, was er abends zuvor gesagt hatte, als er hoch auf seinem japanischen Roß saß, eine Beleidigung kann lang im Gedächtnis haftenbleiben, sich eingraben wie ein stecknadelgroßer Wurm, der immer dicker und länger wird, bis er sich um die Eingeweide gewickelt hat und drückt und drückt. Der Paanvaala jedenfalls erinnerte sich lebhaft und half uns, und andere taten es auch.
    Die Nummer zwei waren bei Rajesh Parab vier Männer zugleich, die für verschiedene Bereiche seiner Geschäfte zuständig waren; ich kannte ihre Namen und wußte, wo sie wohnten. Ich führte ein schwarzes Tagebuch, in dem ich Seite um Seite mit Namen und Informationen zur jeweiligen Person und ihrer Geschichte füllte, ich erstellte Listen mit Rajesh Parabs Geschäftspartnern, seinen Finanziers, den mit ihm kooperierenden Bauunternehmern. Ich studierte dieses schwarze Tagebuch, bis meine Jungs sich ein Lächeln nicht mehr verkneifen konnten. »Bhai liest wieder seine Gita 234 «, flüsterten sie einander zu. Mir machte das nichts aus. Ich suchte nach einem Zugang, einer Schwachstelle, auf die ich meine Attacke richten konnte, um die Cobra-Gang aufzubrechen und stückweise zu vernichten. Es gab einen Namen auf der Liste, den ich nicht verstand, einen Namen, den ich in die Formation, die ich gegen mich

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