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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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für die Vergänglichkeit allen menschlichen Tuns. Auf diese Weise waren schon die römischen Imperatoren bei ihrem Triumphzug in Rom begrüßt worden und später hatte die Kirche diesen Brauch übernommen. Damit wurde jeder neuer Papst an die antike Mahnung erinnert, wonach das menschliche Leben kurz sei und jeglicher Ruhm vergänglich.
    »Sic transit gloria mundi! 1 «
    Galeazzo verzog keine Miene, obwohl er diesen Brauch für lächerlich hielt. Für ihn war dieser Spruch das Eingeständnis der eigenen Ohnmacht und für die Machtlosen war es nicht mehr als ein dümmlicher Trost.
    Kaum hatte sich das letzte Stück Wolle in graue Ascheflocken verwandelt, die durch die Luft tanzten und in der Metallschale aufgefangen wurden, setzte Galeazzo seinen Gang durch das Mittelschiff fort.
    Plötzlich tauchten drei junge Männer vor ihm auf. Es waren Höflinge, gekleidet in den Farben der Sforza. Galeazzo erkannte sie sofort. Der in der Mitte war der Regierungssekretär Giovanni Andrea Lampugnani, er hinkte ein wenig. Dessen blutjunge, bildhübsche Frau hatte im letzten Sommer für einige Nächte das Bett mit ihm teilen dürfen.
    Die beiden anderen hießen Carlo Visconti und Girolamo Olgiati. Viscontis jüngere Schwester hatte er vergangenes Jahr nach einem wilden Zechgelage entjungfert. Sie hatte sich gewehrt und da hatte er sie zwingen müssen. Widerspenstige brauchten nun mal eine starke Hand. Als er ihrer überdrüssig geworden war, hatte er sie an einen verdienten Mann seines Hofes weitergereicht, immerhin mit einer üppigen Mitgift, und der hatte sie geheiratet. Und was Girolamo Olgiati betraf, so war dies ein politischer Tölpel, der für die römische Republik schwärmte und der nicht zu begreifen schien, dass er mit diesen einfältigen politischen Ansichten immer nur ein Lakai am Hofe bleiben würde – wenn er überhaupt das Glück hatte, dass ihn seine einfältigen Ansichten eines Tages nicht doch den Kopf kosteten. Denn Galeazzos Nachsicht mit Leuten wie ihm war schnell erschöpft.
    »Platz da! Macht unserem Herzog Platz!«, rief Lampugnani und fuchtelte mit den Armen in der Luft herum. Auch die beiden anderen Männer verlangten mit großtuerischem Gehabe und herrischen Rufen, dass die Menge auf beiden Seiten noch weiter zurückwich. Dabei war die Gasse breit genug!
    Ein verächtlicher Ausdruck legte sich um Galeazzos Mundwinkel, als er sah, wie unterwürfig, ja geradezu kriecherisch sich diese drei jungen Männer gebärdeten. Ihnen fehlte wahrlich jeder Stolz. Devote Speichellecker allesamt!
    In seine Verachtung mischte sich Ärger, als Lampugnani die Dreistigkeit besaß, sich ihm zuzuwenden, als wollte er ihn auf dem Weg zum Altar mit irgendeiner Lappalie belästigen. Und auch Visconti und Olgiati kamen ihm empörend nahe!
    Galeazzo wedelte ungeduldig mit der Hand, als würde er ein lästiges Insekt forttreiben, und wollte sie schon anblaffen, dass sie ihm gefälligst den Weg frei machten. Doch dazu kam er nicht mehr. In diesem Augenblick blitzten drei Dolche auf. Eine der Klingen zerfetzte den Stoff seines rechten Ärmels und der rasiermesserscharfe Stahl schnitt tief in seinen Unterarm. Ein scharfer Schmerz fuhr ihm bis hoch in die Schulter.
    Zaccaria Saggi reagierte schneller als die Leibgarde, die von dem Anschlag genauso überrumpelt wurde wie ihr Herr. Er versuchte, mit der einen Hand Lampugnani zur Seite zu stoßen und mit der anderen den Herzog nach hinten zu reißen, in den Schutz seiner Leibgarde.
    Doch da sprang der Attentäter auch schon vor und stach ein zweites Mal zu, diesmal jedoch mit aller Kraft. Er hieb dem Herzog die Klinge bis ans Heft in den Unterleib und rief mit gellender Stimme: »Bitter ist der Tod! Unsterblich ist nur der Ruhm! Stirb, Tyrann!«
    Mit einem Aufschrei des Entsetzens taumelte der Herzog gegen den Botschafter aus Mantua. Er krallte sich in dessen Gewand und versuchte verzweifelt, sich auf den Beinen zu halten. Doch da traf ihn schon der nächste Dolch, diesmal mitten in die Brust.
    »Ich bin des Todes«, röchelte er und er klang beinahe erstaunt darüber, dass er einem Attentat zum Opfer fiel.
    Wie in einem Blutrausch stachen die drei Meuchelmörder auf ihr Opfer ein. Ihre Dolche trafen den Herzog in Kehle, Kopf und Rücken. Galeazzo Maria Sforza sank, aus mehr als einem halben Dutzend Wunden blutend, zu Boden und das Leben in ihm war schon erloschen, als sein Kopf auf die kalten Steinplatten von San Stefano schlug.
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    1 Lateinisch: So vergeht der Ruhm der Welt! Bei den

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