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Der Pate von Florenz

Der Pate von Florenz

Titel: Der Pate von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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Signoria einberufenen Versammlungen des Volkes auf dieselbe Weise dafür sorgen, dass nur diejenigen auf den Versammlungsplatz zum parlamento vorgelassen wurden, von denen sie sicher sein konnten, dass sie den zur Verabschiedung ausgerufenen Sondervollmachten vorbehaltlos zustimmen würden. Ein auch in Florenz beliebtes Mittel, den Ausgang von angeblichen Volksentscheiden schon von vornherein gesichert zu wissen.
    Sich mit diesen Bocche vertraut zu machen und gleichzeitig einen Plan zu entwickeln, beim Umsturz diese Zugänge zu ihren Gunsten zu nutzen, war eine der wichtigen Aufgaben, die er, Montesecco, bei seinem Besuch zu erledigen hatte. Später würde er genaue Skizzen anfertigen und überlegen, wie stark die erste Truppe sein musste, die die wichtigen Plätze gleich nach dem Mord an den Medici abriegeln und halten sollten, bis Söldnertruppen einmarschieren und auch noch den letzten Widerstand niederschlagen konnten – vorausgesetzt, es gab überhaupt noch Aufruhr, wenn die Kunde durch die Stadt ging, dass Lorenzo und Giuliano de’ Medici nicht mehr lebten.
    Nach einem kurzen Gebet im Dom, dessen gewaltiges Innere mit der unfassbar großen Kuppel ihm den Atem verschlug, suchte er sich seinen Weg zurück in die Via Larga, um den Medici sein Eintreffen als Abgesandter des Grafen Riario zu melden und um ein möglichst baldiges Treffen mit Lorenzo zu bitten.
    Zu Monteseccos Erleichterung hielt sich dieser nicht auf einem seiner vielen Landgüter auf, sondern weilte in der Stadt und erklärte sich auch sogleich bereit, ihn zu einem ersten Gespräch zu empfangen.
    Montesecco wusste von anderen, dass der Palazzo der Medici im Innern ein architektonisches Juwel war und einen schier unermesslichen Reichtum zur Schau stellte, der in Italien nicht seinesgleichen kannte und der das eigentliche Machtzentrum der Republik war. Aber auf das, was er nun mit eigenen Augen sah, war er nicht vorbereitet. Er hatte Mühe, sich nicht durch allzu dümmliches Staunen anmerken zu lassen, wie überwältigt er war von der Größe und der Pracht des Palastes und von all der Kunst, während der Majordomus 1 ihn durch den Portikus in den von Säulen gesäumten Innenhof mit seinem plätschernden Zierbrunnen und von dort aus die Treppe nach oben ins erste Obergeschoss führte.
    Worauf man ihn jedoch noch viel weniger vorbereitet hatte, war die entwaffnende Herzlichkeit, mit der Lorenzo ihn in seinem Haus willkommen hieß. Auch sorgte er umgehend dafür, dass man ihm einen herrlich kalten Trebbiano zur Erfrischung brachte.
    Montesecco hatte damit gerechnet, einem finsteren, machthungrigen Mann mit abstoßend platter Nase und hoher, krächzender Stimme gegenüberzutreten. Aber nichts dergleichen war der Fall. Im Nu war er der Ausstrahlung dieses ungekrönten Fürsten von Florenz erlegen.
    »Es freut mich von Herzen, dass Graf Riario Euch geschickt hat und die leidigen Unstimmigkeiten zwischen uns aus der Welt schaffen möchte, die auch mich schon seit Langem betrüben«, sagte Lorenzo, nachdem er das Beglaubigungsschreiben aufmerksam gelesen hatte.
    »Das ist fürwahr der innigste Wunsch des Grafen, Magnifizenz!«, beteuerte Montesecco. »Er hat mir mit Nachdruck ans Herz gelegt, Euch sein großes Bedauern über die Missverständnisse zum Ausdruck zu bringen, die zu der unseligen Verstimmung zwischen Euch und ihm geführt haben. Er trug mir auf, Euch zu versichern, dass er nichts mehr wünsche, als wieder einen ihm wohlgesinnten Vater in Euch zu haben.«
    Lorenzo lächelte. »Das ist auch mein innigster Wunsch, richtet ihm das aus. Und ich bin überzeugt, dass wir bei den strittigen Dingen, die zu klären sind, zu einer für uns beide zufriedenstellenden Einigung gelangen werden, wo doch auf beiden Seiten so viel guter Wille herrscht.«
    Montesecco kam aus dem Staunen nicht heraus. Und das sollte der Lorenzo de’ Medici sein, dessen Hass auf Graf Riario und den Heiligen Vater keine Grenzen kannte?
    Er brachte ihr Gespräch nun auf den offiziellen Grund seines Besuches, den Riario auch in seinem Beglaubigungsschreiben kurz angesprochen hatte, nämlich auf das einträgliche Gut bei Faenza in der Romagna, auf das sowohl Lorenzo als auch Riario Anspruch erhob.
    Mit freundlicher Miene hörte der Medici zu, während Montesecco ihm die Argumente seines Auftraggebers in aller Ausführlichkeit darlegte. Und zu seiner Verblüffung unternahm Lorenzo im Anschluss daran nicht einmal den Versuch, diese Argumente zu entkräften, vielmehr nickte er mit

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