Der Pate von Florenz
recht unsanft der Stadt verwiesen worden war.
Das hatte einen abgefeimten Betrüger wie Giustini jedoch nicht beirren können. Und so hatte er sich schon bald darauf Empfehlungsschreiben von einigen Kardinälen für den ehrenvollen und gewinnbringenden Posten des podestà 1 von Florenz erkauft. Lorenzo de’ Medici hatte sich jedoch über ein Jahr lang hartnäckig gegen dessen Ernennung gesperrt, sodass Giustini seinen Plan schließlich aufgegeben hatte. Danach war er in die Dienste von Graf Riario getreten.
Federico da Montefeltro empfing Giustini in seinem Palazzo über den Dächern von Urbino. Humpelnd und mit einer Miene, der man trotz aller Selbstbeherrschung ansah, dass er große Schmerzen hatte, führte Montefeltro seinen Gast durch eine Geheimtür, die in die Wandtäfelung seines Schlafgemachs eingelassen war, in sein Studiolo.
Giustinis Blick fiel sofort auf die lateinische Inschrift, die als kunstvolle Intarsienarbeit über der Tür prangte: MELIUS TE VINCI VERA DICENTEM QUAM VINCERE MENTIENTEM 2 . Auf der gegenüberliegenden Wand entdeckte er ein zweites hochtrabendes Motto: VIRTUTIBUS ITUR AD ASTRA 3 .
Giustini verkniff sich eine passende Bemerkung. Als ob es dem Condottiere jemals an der Wahrheit gelegen hätte, wenn es um Sieg oder Niederlage gegangen war, geschweige denn an anderen Tugenden. Der Bursche würde auch in Zukunft keine bedeutende Rolle in Italien spielen, wenn er nicht endlich zu seiner alten Form als entschlossener und siegreicher Condottiere zurückfand!
Doch nichts davon kam ihm über die Lippen, stattdessen erging er sich in einem zuckersüßen Gesäusel, das um die herzensguten Genesungswünsche und Grüße des Heiligen Vaters und des Grafen kreiste.
Doch noch bevor Giustini seinen blumigen Sermon beenden konnte, wurde der Condottiere des seichten Geschwafels überdrüssig und fiel ihm ins Wort. »Es reicht! Noch mehr Freundlichkeiten von dieser Sorte sind zu schwer verdaulich. Honig soll man immer nur in kleinen Dosen zu sich nehmen, sonst wird einem leicht übel, wie Ihr wissen solltet!«, sagte er sarkastisch. »Und jetzt lasst hören, was Euch wirklich nach Urbino bringt!«
Der Abgesandte neigte untertänig den Kopf. »Ganz wie Eure Durchlaucht wünschen.« Er räusperte sich wichtigtuerisch. »Nun, da Ihr sogleich zu den Angelegenheiten kommen wollt, die es zu besprechen gibt, erlaubt mir die Frage, ob Eure Genesung inzwischen gute Fortschritte gemacht hat?«
Montefeltro wusste ganz genau, worauf die Frage abzielte. Ob er endlich wieder einsatzbereit war und lange genug in einem Sattel sitzen konnte, um einen Feldzug zu kommandieren.
»Ich bin zufrieden«, knurrte er, wollte er doch nicht mehr preisgeben.
»Dann darf ich für meine Auftraggeber hoffen, dass diese Zufriedenheit es Euch möglich macht, den in Euch gesetzten Erwartungen gerecht zu werden.«
»Ich bin stets den Erwartungen gerecht geworden!«, gab Montefeltro barsch zurück. »Und jetzt kommt endlich zur Sache!«
Lorenzo Giustini lächelte schmierig. »Gewiss, gewiss. Dann wird es Seine Heiligkeit und den Grafen entzücken, dass wir für Euch keinen Ersatz finden müssen und darauf bauen können, dass Ihr mit Euren Truppen zur Stelle seid.«
»Wo soll ich zur Stelle sein?«, bellte der Condottiere.
»Wie Ihr wisst, hat der Heilige Vater im Dezember den jungen Raffaele Sansoni Riario zum Kardinal ernannt.«
Montefeltros Mundwinkel zuckten. »Ein hohes Amt für ein gerade siebzehnjähriges Jüngelchen, dem noch die Eierschalen hinter den Ohren kleben«, sagte er ironisch. »Ob der Heilige Geist ihm das wirklich eingeflüstert hat? Vielleicht hat sich der Heilige Vater ja auch böse verhört …«
»Seine Heiligkeit säße wohl kaum auf dem Stuhl Petri, wenn der Heilige Geist ihn nicht stets zum Besten der heiligen Mutter Kirche lenken würde«, antwortete Giustini mit öliger Geschmeidigkeit.
Montefeltro winkte ab. »Lassen wir das. Beten wir lieber, dass der Heilige Geist auch uns zur rechten Zeit hilft zu erkennen, welche Männer zu großen Taten bestimmt sind.«
»Das habt Ihr trefflich formuliert!«, lobte Giustini. »Und wie Ihr auch gleich sehen werdet, hat Gott mit der Ernennung von Raffaele Sansoni Riario uns genau das Werkzeug in die Hand gegeben, das uns gefehlt hat, um die Dinge in Florenz endlich zu einem gefälligen Abschluss zu bringen.«
»Auf diese göttliche Offenbarung bin ich schon sehr gespannt«, sagte Montefeltro skeptisch.
»Man hat den jungen Kardinal dazu bewegen können,
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