Der Pate von Florenz
befürchte!«
»Seid versichert, dass ich Eure Sorge um mein Befinden wie auch Eure klugen Ratschläge zu schätzen weiß«, antwortete der Condottiere kalt.
»Dann dürften der Heilige Vater und der Graf ja eine Sorge weniger haben«, gab Lorenzo Giustini nicht weniger eisig zurück. »Also dann, gehabt Euch wohl!«
Und du, schleimiger Handlanger, fahr zur Hölle!, schickte der Herzog ihm in Gedanken wütend hinterher. Und nimm deinen Herrn, diesen besseren Ladenschwengel und Schmarotzer auf dem Stuhl Petri, der den offenen Kampf scheut wie ein feiges Weib, am besten gleich mit!
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1 Eine Art Bürgermeister, jedoch ohne gesetzgeberische Vollmacht. Er hatte repräsentative und richterliche Aufgaben. Da er kein Florentiner sein durfte, kam dem Podestà die Rolle eines neutralen Oberwächters und Richters bei städtischen und zivilen Streitigkeiten zu. Gewöhnlich brachte ein Podestà auch seine eigenen Diener und Notare mit.
2 Lateinisch, frei übersetzt: Es ist besser, die Wahrheit zu sagen und zu verlieren, als durch Lügen zu gewinnen.
3 Lateinisch, frei übersetzt: Durch Tugenden erlangst du das Himmelreich.
3
D ie Beerdigung von Emilio Bellisario fand an einem frühlingshaft milden, sonnigen Märztag statt, als wollte ihm der Himmel auf seinem letzten Gang auf Erden ein freundlicher Begleiter sein.
Ihm war ein gnädiger Tod vergönnt gewesen, war er doch im Schlaf gestorben. Marcello hatte es von seinem Vater erfahren, der die Nachricht vom Ableben des Goldschmiedes von einem Gang in die Stadt mitgebracht hatte. Er war auf der Piazza della Signoria einem früheren Nachbarn aus ihrem einstigen Viertel begegnet, der ihm davon berichtet hatte.
Alessio maulte, als ihr Vater bestimmte, dass sie alle an der Totenfeier und Beerdigung teilnehmen würden. »Muss das denn wirklich sein? Es ist doch schon eine Ewigkeit her, dass wir Nachbarn von diesem Goldschmied gewesen sind!«
»Dieser Goldschmied hat einen Namen und der lautet Emilio Bellisario!«, antwortete der Vater mit scharfem Ton. »Gemeinsam werden wir ihm die letzte Ehre erweisen, so wie es der Anstand gebietet.«
Marcello musste Silvio benachrichtigen, dass auch er gefälligst zur Messe und zur Beisetzung zu erscheinen habe.
»Soll mir nur recht sein. Bin um jede Stunde froh, die ich von der verfluchten Ziegelei wegkomme«, sagte er, grinste dann und fügte hämisch hinzu: »Bei der Gelegenheit können wir das angekratzte Goldstück Fiora gleich mal fragen, auf wessen Freudenspender sie sich zur Schwangerschaft geritten hat.«
Viel hätte nicht gefehlt und Marcello hätte ihm das abstoßende Grinsen aus dem Gesicht geschlagen. Doch er begnügte sich mit einer wütenden Antwort. »Lass diese ekelhaften Reden, Silvio! Und reiß dich bloß zusammen, sonst kannst du hier vermutlich ewig versauern!«
»Einen Dreck werde ich!«, knurrte Silvio. »Mir reicht es allmählich, dass Vater mich wie einen Aussätzigen behandelt. Ich werde bald mein eigenes Geschäft eröffnen und dann kannst du ganz allein den Ziegelkönig spielen!«
Marcello machte sich gar nicht erst die Mühe, Silvio danach zu fragen, welcher Art denn dieses Geschäft sein sollte und mit welchem Geld er das zu finanzieren gedachte. Auf dessen großspuriges Gerede ging er schon lange nicht mehr ein. Deshalb schüttelte er nur den Kopf. »Soll mir recht sein, und je eher du das tust, desto besser, du Prahlhans«, erwiderte er und ließ ihn stehen.
Die Totenmesse fand in San Michele Berteide statt. Alle Nachbarn der Familie Bellisario waren gekommen und gaben dem Toten das letzte Geleit. Doch an Fioras Seite, deren hochschwangeren Leib auch der weiteste Umhang nicht mehr verbergen konnte, stand nur ihre Tante Piccarda. Ihr Gesicht war eine bleiche, versteinerte Maske des Kummers. Fioras Schwester Costanza stand ganz hinten in der Menge. Sie war allein gekommen und hatte es nicht gewagt, sich nach vorn zu ihrer Schwester und ihrer Tante zu begeben.
Ob sie wohl weiß, dass ihr Mann ihren Vater auf dem Gewissen hat und dass auch sie selbst einen Gutteil Schuld an dessen Tod trägt?, fragte sich Marcello, während die Trauergemeinde zum Friedhof ging. Was mochte jetzt nur in ihr vorgehen?
Das Nachgrübeln über Costanza lenkte ihn von seinen eigenen Gefühlen ab. Der Schmerz, Fiora nicht in den Arm nehmen und ihr Trost spenden zu können, hatte ihn schon in der Kirche aufgewühlt. Doch nun hielt er es kaum noch aus. Was er für längst überwunden gehalten hatte, kehrte mit voller Wucht
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